Rheinische Post Krefeld Kempen
Dieser Stadtplaner war nie bequem
In der Ratssitzung am Dienstagabend wurde der langjährige Technische Beigeordnete der Stadt, Stephan Kahl, in den Ruhestand verabschiedet. Zehn Jahre lang hat der Architekt und Stadtplaner in Kempen gewirkt.
KEMPEN Einfach gemacht hat er es den Kempenern nicht. Stephan Kahl ist eben als gebürtiger Münsteraner mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein ausgestattet. Das hat ihm in der Stadt, für die er nun seit zehn Jahren als Technischer Beigeordneter tätig ist, nicht immer nur Sympathien eingebracht. Manche Bürger hat er mit seiner Art verprellt, auch die Politiker waren nicht immer seiner Meinung. Gleichwohl hat der inzwischen 65-Jährige in seiner Amtszeit viele Akzente in der Stadtplanung für Kempen und seine Stadtteile gesetzt.
Als er im Januar 2008 sein Amt in der Thomasstadt antrat, war Karl Hensel Bürgermeister und Verwaltungschef. Kahl hatte sich beim Bewerbungsverfahren als besonders dynamisch präsentiert. Seine Vorstellung gefiel der Politik, die ihn im September 2007 wählte. Kahl trat selbstbewusst auf, ist bis heute ein sehr sportlicher Typ. Dass der Architekt und Stadtplaner, der zuvor 33 Jahre für die Stadt Herten am Rande des Ruhrgebiets tätig gewesen war, aber auch zuweilen seinen eigenen (Dick-)Kopf hat, mussten die Kempener im Laufe der Jahre erfahren. Was Kahl auszeichnete: Er hat als Chef Ruhe in die städtische Bauverwaltung gebracht. Er war für seine Mitarbeiter ein durchaus gestrenger Vorgesetzter, er setzte sich aber auch vehement für sie ein, wenn es Kritik gab – ob berechtigt oder vielleicht auch übertrieben. Kahl hielt seinen Kopf hin für sein Team. Die Mitarbeiter konnten sich auf ihn verlassen.
Kahls Vorgängerin im Amt, Susanne Fritsche, hatte sich nach kurzer Zeit nach Nettetal verabschiedet. Auch deren Vorgänger, Albert Becker, blieb nicht lange. Er wechselte über Ratingen nach Viersen. Die Beiden hatten schnell erkannt, dass es in Kempen nicht einfach war, mit einem Verwaltungschef Karl Hensel zusammenzuarbeiten. Stephan Kahl konnte dies.
Zu Hensels Nachfolger Volker Rübo hatte Kahl einen guten Draht. Der heutige Bürgermeister und der Beigeordnete sind seit Jahren persönlich befreundet. So hat es Rübo sehr bedauert, dass er Kahl in der Ratssitzung am Dienstagabend nicht persönlich verabschieden konnte. Rübo hütete grippekrank das Bett. An seiner Stelle verlas VizeBürgermeister Otto Birkmann Rübos Würdigung von Kahls Wirken.
Der Bürgermeister dankte seinem Freund Stephan für die geleistete Arbeit für die Stadt Kempen. In den zehn Jahren habe er viele Akzente gesetzt. „Vieles ist erreicht worden, so manche Schlacht, vielleicht auch manche unnötige Schlacht ist geschlagen worden“, so Rübo. Er sprach die große Aufgabenfülle fürs Baudezernat an. „Wenn Nichttechniker und Architekten aufeinandertreffen, dann kann es schon mal schwierig werden“, meinte Rübo. So seien Diskussionen nicht selten anstrengend und zuweilen nervenaufreibend gewesen. Solche Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten gab es in den vergangenen Jahren häufiger zwischen Kahl und sei- nem Beigeordnetenkollegen Michael Klee. Erinnert sei an den verspäteten Bau von zwei Aufzügen für die Real- und Gesamtschule, an die Planung eines Bürger- und Integrationszentrums in der ehemaligen St. Huberter Schule, die Sportstättenentwicklung oder den Kita-Ausbau.
Schiffbruch erlitt Kahl beim Denkmalschutz. Per Ministererlass musste die Stadt die ehemaligen Zechengebäude in Tönisberg unter Denkmalschutz stellen. Auch beim geplanten Abriss der Häuser an der Peterstraße schaltete sich das Denk- malamt des Landschaftsverbandes ein. Das Ergebnis ist heute sichtbar: Die Fassade des Hauses Nummer 20 musste Investor Schmitz in den Neubau integrieren. Bei der Neugestaltung der Judenstraße stritt Kahl mit Bürgern und Politikern über die passenden Pflastersteine.
Zu seinen großen Verdiensten zählt indes ohne Frage die Entwicklung von attraktiven Baugebieten in der Stadt. Vor allem das Baugebiet „An der Kreuzkapelle“im Kempener Süden trägt Kahls Handschrift. Hier ist er übrigens selbst mit seiner Ehefrau Reinhild und seiner Familie heimisch geworden. Den Planungsprozess im Kempener Westen mit einer breiten Bürgerbeteiligung hat Kahl eingeleitet. Hier übergibt er seinem Nachfolger Marcus Beyer – er wurde am Dienstagabend im Stadtrat in sein Amt eingeführt – ein wegweisendes Projekt. Und noch eins zeichnete Kahl aus: In zahlreichen Bürgerversammlungen war er stets ein engagierter Moderator. Er versuchte, die Bürgerinteressen in den jeweiligen Planungsprozessen zu berücksichtigen. Er musste dabei viel Kritik aushalten. Zuletzt auch für seine eher zögerliche Haltung in Sachen Kempener Burg.
Stellvertretend für den gesamten Stadtrat dankte CDU-Fraktionschef Wilfried Bogedain Kahl für seine geleistete Arbeit und die Zusammenarbeit mit der Politik. Kahl gab diesen Dank gerne zurück. Er habe in Kempen „eine verdammt gute Zeit“erlebt. Er wollte sich nicht verbiegen, fühlte sich mit seiner Art aber von den Politikern angenommen, sagte er zum Abschied. Offiziell tritt Kahl zum 30. April in Ruhestand. Gründonnerstag ist aber schon sein letzter Arbeitstag im Rathaus, danach macht er Urlaub.
Redaktion Kempen
kempen@rheinische-post.de Telefonnummer 02152 2064-22