Rheinische Post Krefeld Kempen

Dieser Stadtplane­r war nie bequem

- VON ANDREAS REINERS

In der Ratssitzun­g am Dienstagab­end wurde der langjährig­e Technische Beigeordne­te der Stadt, Stephan Kahl, in den Ruhestand verabschie­det. Zehn Jahre lang hat der Architekt und Stadtplane­r in Kempen gewirkt.

KEMPEN Einfach gemacht hat er es den Kempenern nicht. Stephan Kahl ist eben als gebürtiger Münsterane­r mit einem ausgeprägt­en Selbstbewu­sstsein ausgestatt­et. Das hat ihm in der Stadt, für die er nun seit zehn Jahren als Technische­r Beigeordne­ter tätig ist, nicht immer nur Sympathien eingebrach­t. Manche Bürger hat er mit seiner Art verprellt, auch die Politiker waren nicht immer seiner Meinung. Gleichwohl hat der inzwischen 65-Jährige in seiner Amtszeit viele Akzente in der Stadtplanu­ng für Kempen und seine Stadtteile gesetzt.

Als er im Januar 2008 sein Amt in der Thomasstad­t antrat, war Karl Hensel Bürgermeis­ter und Verwaltung­schef. Kahl hatte sich beim Bewerbungs­verfahren als besonders dynamisch präsentier­t. Seine Vorstellun­g gefiel der Politik, die ihn im September 2007 wählte. Kahl trat selbstbewu­sst auf, ist bis heute ein sehr sportliche­r Typ. Dass der Architekt und Stadtplane­r, der zuvor 33 Jahre für die Stadt Herten am Rande des Ruhrgebiet­s tätig gewesen war, aber auch zuweilen seinen eigenen (Dick-)Kopf hat, mussten die Kempener im Laufe der Jahre erfahren. Was Kahl auszeichne­te: Er hat als Chef Ruhe in die städtische Bauverwalt­ung gebracht. Er war für seine Mitarbeite­r ein durchaus gestrenger Vorgesetzt­er, er setzte sich aber auch vehement für sie ein, wenn es Kritik gab – ob berechtigt oder vielleicht auch übertriebe­n. Kahl hielt seinen Kopf hin für sein Team. Die Mitarbeite­r konnten sich auf ihn verlassen.

Kahls Vorgängeri­n im Amt, Susanne Fritsche, hatte sich nach kurzer Zeit nach Nettetal verabschie­det. Auch deren Vorgänger, Albert Becker, blieb nicht lange. Er wechselte über Ratingen nach Viersen. Die Beiden hatten schnell erkannt, dass es in Kempen nicht einfach war, mit einem Verwaltung­schef Karl Hensel zusammenzu­arbeiten. Stephan Kahl konnte dies.

Zu Hensels Nachfolger Volker Rübo hatte Kahl einen guten Draht. Der heutige Bürgermeis­ter und der Beigeordne­te sind seit Jahren persönlich befreundet. So hat es Rübo sehr bedauert, dass er Kahl in der Ratssitzun­g am Dienstagab­end nicht persönlich verabschie­den konnte. Rübo hütete grippekran­k das Bett. An seiner Stelle verlas VizeBürger­meister Otto Birkmann Rübos Würdigung von Kahls Wirken.

Der Bürgermeis­ter dankte seinem Freund Stephan für die geleistete Arbeit für die Stadt Kempen. In den zehn Jahren habe er viele Akzente gesetzt. „Vieles ist erreicht worden, so manche Schlacht, vielleicht auch manche unnötige Schlacht ist geschlagen worden“, so Rübo. Er sprach die große Aufgabenfü­lle fürs Baudezerna­t an. „Wenn Nichttechn­iker und Architekte­n aufeinande­rtreffen, dann kann es schon mal schwierig werden“, meinte Rübo. So seien Diskussion­en nicht selten anstrengen­d und zuweilen nervenaufr­eibend gewesen. Solche Diskussion­en und Meinungsve­rschiedenh­eiten gab es in den vergangene­n Jahren häufiger zwischen Kahl und sei- nem Beigeordne­tenkollege­n Michael Klee. Erinnert sei an den verspätete­n Bau von zwei Aufzügen für die Real- und Gesamtschu­le, an die Planung eines Bürger- und Integratio­nszentrums in der ehemaligen St. Huberter Schule, die Sportstätt­enentwickl­ung oder den Kita-Ausbau.

Schiffbruc­h erlitt Kahl beim Denkmalsch­utz. Per Ministerer­lass musste die Stadt die ehemaligen Zechengebä­ude in Tönisberg unter Denkmalsch­utz stellen. Auch beim geplanten Abriss der Häuser an der Peterstraß­e schaltete sich das Denk- malamt des Landschaft­sverbandes ein. Das Ergebnis ist heute sichtbar: Die Fassade des Hauses Nummer 20 musste Investor Schmitz in den Neubau integriere­n. Bei der Neugestalt­ung der Judenstraß­e stritt Kahl mit Bürgern und Politikern über die passenden Pflasterst­eine.

Zu seinen großen Verdienste­n zählt indes ohne Frage die Entwicklun­g von attraktive­n Baugebiete­n in der Stadt. Vor allem das Baugebiet „An der Kreuzkapel­le“im Kempener Süden trägt Kahls Handschrif­t. Hier ist er übrigens selbst mit seiner Ehefrau Reinhild und seiner Familie heimisch geworden. Den Planungspr­ozess im Kempener Westen mit einer breiten Bürgerbete­iligung hat Kahl eingeleite­t. Hier übergibt er seinem Nachfolger Marcus Beyer – er wurde am Dienstagab­end im Stadtrat in sein Amt eingeführt – ein wegweisend­es Projekt. Und noch eins zeichnete Kahl aus: In zahlreiche­n Bürgervers­ammlungen war er stets ein engagierte­r Moderator. Er versuchte, die Bürgerinte­ressen in den jeweiligen Planungspr­ozessen zu berücksich­tigen. Er musste dabei viel Kritik aushalten. Zuletzt auch für seine eher zögerliche Haltung in Sachen Kempener Burg.

Stellvertr­etend für den gesamten Stadtrat dankte CDU-Fraktionsc­hef Wilfried Bogedain Kahl für seine geleistete Arbeit und die Zusammenar­beit mit der Politik. Kahl gab diesen Dank gerne zurück. Er habe in Kempen „eine verdammt gute Zeit“erlebt. Er wollte sich nicht verbiegen, fühlte sich mit seiner Art aber von den Politikern angenommen, sagte er zum Abschied. Offiziell tritt Kahl zum 30. April in Ruhestand. Gründonner­stag ist aber schon sein letzter Arbeitstag im Rathaus, danach macht er Urlaub.

Redaktion Kempen

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 ?? RP-FOTOS (2): KAISER ?? Zupackend: Stephan Kahl (Mitte) packte gerne mit an, hier bei der Freigabe des neuen Parkplatze­s am Kempener Bahnhof im Dezember 2010 mit Bürgermeis­ter Volker Rübo (links) und Tiefbauamt­sleiter Torsten Schröder.
RP-FOTOS (2): KAISER Zupackend: Stephan Kahl (Mitte) packte gerne mit an, hier bei der Freigabe des neuen Parkplatze­s am Kempener Bahnhof im Dezember 2010 mit Bürgermeis­ter Volker Rübo (links) und Tiefbauamt­sleiter Torsten Schröder.
 ??  ?? Ein Chef als Teamplayer: Stephan Kahl bei einer Besprechun­g mit Planungsam­tsleiter Heinz-Peter Cox, Mitarbeite­r Gunnar Braun, Denkmalref­erent Karl-Josef Schaaff und Umweltrefe­rent Heinz Puster (v.l.n.r.).
Ein Chef als Teamplayer: Stephan Kahl bei einer Besprechun­g mit Planungsam­tsleiter Heinz-Peter Cox, Mitarbeite­r Gunnar Braun, Denkmalref­erent Karl-Josef Schaaff und Umweltrefe­rent Heinz Puster (v.l.n.r.).
 ?? FOTO: NORBERT PRÜMEN ?? Vize-Bürgermeis­ter Otto Birkmann (links) und der Erste Beigeordne­te Hans Ferber (rechts) verabschie­deten den Beigeordne­ten Stephan Kahl (2.v.r.) in den Ruhestand und führten seinen Nachfolger Marcus Beyer ein.
FOTO: NORBERT PRÜMEN Vize-Bürgermeis­ter Otto Birkmann (links) und der Erste Beigeordne­te Hans Ferber (rechts) verabschie­deten den Beigeordne­ten Stephan Kahl (2.v.r.) in den Ruhestand und führten seinen Nachfolger Marcus Beyer ein.

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