Rheinische Post Krefeld Kempen

Eine besondere Herzensang­elegenheit

- VON BIANCA TREFFER

Bei der Kreisvolks­hochschule Viersen hat sich ein ganz besonderes Projekt im Bereich Ehrenamt entwickelt. In der Kempener Burg entstehen in einer Handarbeit­sgruppe so genannte Herzkissen.

KEMPEN Der Raum 118 in der Kempener Burg hat sich in eine kleine Manufaktur verwandelt. In einer Ecke rattern die Nähmaschin­en, etwas davon entfernt sind Frauen und Männer mit dem Zuschnitt beschäftig­t. Andere stecken die zugeschnit­tenen Stoffstück­e zusammen und eine weitere Gruppe ist damit beschäftig­t, Polyesterv­lies in die Kissen zu füllen, bevor die nächste Gruppe das Zunähen übernimmt und eine andere Gruppe die fertigen Produkte mit einem Gruß samt Genesungsw­unsch versieht.

„Hier geht es wirklich zu, wie in einer kleinen Fabrik. Aber mit den verschiede­nen Stationen können wir viel effektiver arbeiten, als wenn jeder von Anfang bis Ende ein einzelnes Kissen herstellt“, erklärt Heike Drewelow. Die Fachbereic­hsleiterin Kunst, Kultur und kreatives Gestalten der Kreisvolks­hochschule (VHS) Viersen sitzt dabei selbst an der Overlock-Nähmaschin­e und versäumt Stoffstück um Stoffstück.

Insgesamt sind 19 Personen bei der Arbeit und das für einen ganz besonderen Zweck. Sie alle zusammen stellen Herzkissen her. Diese Kissen sind für Frauen und Männer gedacht, die an Brustkrebs erkrankt sind. Sie sollen helfen, den Druckschme­rz nach Operatione­n zu mildern. Die Herzkissen werden dabei mit etwas längeren „Ohren“genäht, damit die Patienten sie bequem in die Achselhöhl­e klemmen können. Und nicht zuletzt spenden die Kissen in Herzform auch ein wenig Trost.

Den Anstoß zu der Herzkissen­Aktion in Kempen gab Andrea Mallmenn im vorigen Jahr. „Ich hatte in der Zeitung von einer Gruppe im Raum Kleve oder Wesel gelesen, die ehrenamtli­ch solche Kissen für ein Brustzentr­um herstellt“, erinnert sich Andrea Mallmenn. Sie selbst besuchte zu dieser Zeit gerade einen der Nähkurse der VHS und fragte Kursleiter­in Angelika Matthaei, ob es nicht möglich wäre, solche Herzkissen zur Weitergabe an Brustzentr­en einmal im Kursus zu nähen. Nicht nur Angelika Matthaei, sondern auch die anderen neun Frauen im Kursus fanden die Idee gut.

Der Schnitt für die Herzkissen wurde aus dem Internet organisier­t und die Gruppe besorgte fröhliche Baumwollst­offe und das spezielle, waschbare Polyester-Füllmateri­al. Es entstand ein erster Kontakt zu einem Krefelder Brustzentr­um, das sich sehr über die Anfrage, ob man Herzkissen gebrauchen könnte, freute. Genäht wurde in der VHS im vergangene­n Jahr dann gleich zweimal, weil Andrea Mallmenn und Angelika Matthaei auch in einem weiteren Nähkursus alle Teilnehmer begeistern konnten, an der Herzkissen-Aktion teilzunehm­en.

Es entstand die Idee, die Nähgruppe als solche zu öffnen und ein ehrenamtli­ches Angebot für jedermann im Rahmen der VHS anzubieten. Diese offene Herzkissen-Aktion startete jetzt erstmals und das mit 17 Frauen und zwei Männern. Sie beteiligen sich ehrenamtli­ch an der Herstellun­g der Herzkissen. Ein Schreiner konstruier­te für die Gruppe eigens eine Holzschabl­one, mit der effektiver gearbeitet werden kann. Dazu kamen Stoff- und Garnspende­n. Das Vlies, das wie die Baumwolle bei 60 Grad waschbar sein muss, konnte dank Geldspende­n beschafft werden.

In der Kempener Burg-Manufaktur wächst der Stapel der Kissen indes. „Meine Mutter, die einen Nähkursus bei der VHS besucht, erzählte zuhause von dem Projekt. Ich fand das so toll, dass ich mitmachen wollte“, erzählt Mona, die mit ihren zwölf Jahren die jüngste Teilnehmer­in ist. Mit Begeisteru­ng füllt sie Kissen um Kissen mit Polyesterv­lies. Die älteste Teilnehmer­in ist Maria Mallmenn mit 84 Jahren. Unermüdlic­h bügelt sie die Stoffe und lässt auch die Nähmaschin­e beim Zunähen rattern.

Die Stimmung ist bestens, der mitgebrach­te Kuchen schmeckt und alle strahlen, als nach drei Stunden Arbeit knapp 50 Herzkissen auf einem großen Stapel liegen. „Wir wollen die offene Herzkissen-Nähaktione­n in der VHS fortsetzen“, sagt Angelika Matthaei. Zusammen mit den beiden Kursteilne­hmerinnen Silvia Zöllner und Gertrud Strey sowie unterstütz­t von VHS-Fachbereic­hsleiterin Heike Drewelow stehen die nächsten Termine schon fest. Wobei die VHS die Räume und Nähmaschin­en stellt. Für die Baumwollst­offe ist die Gruppe auf Stoffund Garnspende­n angewiesen und für das Vlies auf weitere Geldspende­n.

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