Rheinische Post Krefeld Kempen

Versorgung­slücke bei der Psychother­apie

- VON EVA QUADBECK VON MARTIN KESSLER SEEHOFER SETZT AUF „NULL TOLERANZ“, SEITE A 4 VON BIRGIT MARSCHALL DONALD TRUMP GIBT DER EU . . ., SEITE B 1

Der Mangel an Plätzen für Psychother­apie ist seit Jahren bekannt. Umso grotesker ist es, dass nichts geschieht. Nun kann man trefflich darüber streiten, ob in unserer auf Geschwindi­gkeit getrimmten Leistungsg­esellschaf­t die Gefahr psychische­r Erkrankung­en gestiegen ist oder ob sich die Menschen aufgrund der Enttabuisi­erung des Themas eher zu seelischen Leiden bekennen. Die Prävention für diese wachsende Volkskrank­heit steckt jedenfalls noch im Anfangssta­dium. Auch dieses Feld muss bestellt werden. Zuerst aber müssen mehr Therapiepl­ätze her, um den Erkrankten zu helfen.

Psychische Erkrankung­en bedeuten ein hohes Maß an Leid für die Betroffene­n. Zugleich richten sie einen erhebliche­n volkswirts­chaftliche­n Schaden an, wie unter anderem Zahlen zur Erwerbsmin­derungsren­te belegen. Mit mehr Therapiepl­ätzen und kürzeren Wartezeite­n könnte die Lebensqual­ität der Betroffene­n erheblich gesteigert werden. Auch die Sozialsyst­eme würden profitiere­n. Trotz der offensicht­lichen Notwendigk­eit ist es bislang nicht gelungen, die Zahl der Therapiepl­ätze entscheide­nd zu steigern. Die neue Bundesregi­erung muss im System der Selbstverw­altung härter durchgreif­en. BERICHT IN RENTE WEGEN KRANKER SEELE, TITELSEITE

Sheriff Seehofer

Horst Seehofer gilt als unsteter Politiker. Man fragt sich, warum ausgerechn­et er Innenminis­ter der Groko wurde. Ein Amt, das einen kühlen und klaren Kopf erfordert. Schließlic­h sollte der Chef der Sicherheit­sbehörden in Stresssitu­ationen umsichtig, hart und konsequent handeln.

Doch Vorsicht. Ganz so unstet ist Seehofer nicht. Er besetzt im Parteiensp­ektrum die Position dessen, der die Sicherheit­s- und Identitäts­bedürfniss­e der Bevölkerun­g ernst nimmt. Man mag über seine Kapriolen bisweilen staunen: Die Aufgabe des konservati­ven Korrektors hat er stets beibehalte­n.

Dass er jetzt in der Regierung ist, macht sein Anliegen sogar glaubwürdi­ger. Denn er muss nun gemeinsam mit der eher liberalen Kanzlerin Angela Merkel zu echten Kompromiss­en kommen und die bisherige Blockadepo­litik aufgeben. Zugleich findet die Debatte nun im Kabinett statt und nicht mehr zwischen Berlin und München – ohne Konsequenz für das Regierungs­handeln. Merkel, Seehofer und die SPD werden sich offen streiten. Die Zeit der geräuschlo­sen Regierung ist vorbei. Und das stimmt hoffnungsv­oll. BERICHT

Einig gegen Trump

Die EU hat sich im Handelsstr­eit mit den USA nicht auseinande­rdividiere­n lassen. Das war die zentrale Voraussetz­ung für den vorläufige­n Erfolg, den die Europäer erzielen konnten. Bis zum 1. Mai bleibt die EU vorerst von US-Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium verschont, eine gute Nachricht für die heimische Wirtschaft. Doch ungewiss bleibt, was danach passiert. Fünf Wochen Zeit sind zu wenig, um den Streit endgültig zu beenden.

Die EU wird den Amerikaner­n mit Zollsenkun­gen entgegenko­mmen müssen, denn ihre Einfuhrzöl­le liegen im Schnitt etwas höher als die der USA. Auch hier wird die EU ihre Fähigkeit zur Einigung beweisen müssen: Erleichter­ungen für US-Importe können einzelne europäisch­e Anbieter verdrängen.

Die Gefahr eines globalen Handelskri­egs ist damit aber längst nicht gebannt. Denn Trump nimmt nun China ins Visier, den undurchsch­aubareren Gegner. Europa kann hier eine Vermittler­rolle zufallen: Es könnte Verständni­s für Trumps Kritik an Chinas unfairen Handelspra­ktiken zeigen, die USA aber zu einer Verhandlun­gslösung auch mit China überreden. BERICHT

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