Rheinische Post Krefeld Kempen
Kinder, Kinder!
BERLIN Der Ruf, besonders kinderfreundlich zu sein, eilt Deutschland nicht voraus. Eltern klagen über lange Wartezeiten für einen Krippenplatz, leere Versprechungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und viel zu teuren Wohnraum. Andere stöhnen wiederum über die sogenannten Helikopter-Eltern, die überfürsorglichen Mütter und Väter, die ihre Kinder keine Sekunde aus den Augen lassen, das Beste für sie – und aus ihnen – herausholen wollen und damit verkrampft und anstrengend auf ihre Umgebung wirken. Die Geburtenrate Deutschlands befindet sich immer noch im europäischen Mittelfeld. Vor allem Frankreich, Schweden und Dänemark liegen deutlich vorn. Doch Deutschland holt jetzt auf. 2016 kamen nach Angaben des Statistischen Bundesamts 792.131 Kinder zur Welt – 54.556 Babys oder sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Ein Plus zum fünften Mal in Folge. Durchschnittlich bekam jede Frau 1,59 Kinder – der höchste Wert seit 1973. In den 80er Jahren erreichte die Geburtenziffer einen vorläufigen Tiefstwert von 1,28 Kindern pro Frau. Warum steigen die Geburtenzahlen? Das Statistische Bundesamt führt die Entwicklung unter anderem darauf zurück, dass Frauen mit deutschem Pass im Alter zwischen 30 und 37 Jahren seit geraumer Zeit häufiger Kinder bekommen, darunter etliche Akademikerinnen. In einer Lebensphase, in der viele von ihnen mitten im Beruf stehen. Frauen haben in diesem Alter häufig ihre Ausbildung oder ihr Studium abgeschlossen und seit Längerem einen Arbeitsplatz, die Familienplanung ist finanziell besser abgesichert und die familienpolitischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen haben sich durch mehr Kinderbetreuungsangebote, das Elterngeld und das Elterngeld Plus verbessert. Viele Arbeitgeber wollen nicht mehr auf das Potenzial von Frauen verzichten. Laut Bundesfamilienministerium würden Kinder heute positiver wahrgenommen. Die Familie sei ein hoher Wert geworden. Es gebe zunehmend Väter, die Elternzeit nehmen und die Akzeptanz in der Gesellschaft dafür sei hoch. Vor zehn Jahren blieben noch 29 Prozent der Frauen mit Anfang 40 kinderlos, heute noch 25 Prozent. Hat sich die Zuwanderung nach Deutschland auf die Geburtenrate ausgewirkt? Ja, die Migration hat einen deutlichen Einfluss auf den Geburtenanstieg in Deutschland. Die Mütter von knapp 185 000 Kindern, also fast einem Viertel aller Neugeborenen, haben eine andere Staatsangehörigkeit. So bekamen etwa Türkinnen 21.800 und Syrerinnen 18.500 Kinder. In 11.800 Fällen hatte die Mutter eines Neugeborenen einen polnischen Pass. Welche regionalen Unterschiede gibt es? Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist die Geburtenrate traditionell am höchsten. 2016 waren es 173.274 Babys, gefolgt von Bayern mit 125.686 und BadenWürttemberg mit 107.470 Kindern. Auffallend ist das Gefälle zwischen Ost und West. Während in den westdeutschen Flächenländern und in den Stadtstaaten die Zahl der Geburten durchschnittlich um acht Prozent stieg, waren es in den ostdeutschen Flächenländern nur vier Prozent. In MecklenburgVorpommern wurden 13.444, in Sachsen-Anhalt und Thüringen jeweils rund 18.000, in Brandenburg knapp 21.000 Kinder geboren. Am höchsten war die Zahl in Sachsen mit 37.940 – ähnlich in Rheinland-Pfalz. Aber einschließlich Berlin mit rund 41.000 Neugeborenen kamen im gesamten Osten nicht so viele Kinder wie in NRW zur Welt. Wie ist die Entwicklung in den Großstädten? Nach einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung haben Frauen im Alter von 46 bis 49 Jahren bundesweit die wenigsten Kinder in Düsseldorf, Köln, Passau, Würzburg, München, Kiel und Gera geboren - im Schnitt ein bis 1,2 Kinder. Frauen im gleichen Alter bekamen in den Landkreisen Cloppenburg, Vechta, Günzburg, Mühldorf am Inn, Freudenstadt,