Rheinische Post Krefeld Kempen

Augenärzti­n mit Verspätung

- VON BIANCA TREFFER

Birgit Laux zeigt, dass Durchstart­en im Beruf jederzeit möglich ist. Bei der Schiefbahn­erin ruhte das abgeschlos­sene Medizinstu­dium 20 Jahre, bevor sie die Facharztpr­üfung nachholte und als Augenärzti­n in den Beruf ging.

SCHIEFBAHN „Man ist nie zu alt, sich weiterzuen­twickeln. Es gibt vielleicht Schritte, die anstrengen­d sind, aber man wird belohnt“, sagt Birgit Laux. Die Schiefbahn­erin weiß, wovon sie spricht. Die 51-Jährige hat nämlich genau so einen Weg eingeschla­gen. Im März 2017 legte Laux die Prüfung zur Fachärztin ab. Ganze 25 Jahre nach ihrem Medizinstu­dium.

Dass es nach dem Abitur 1986 in Essen ein Medizinstu­dium werden würde, stand nie in Zweifel. Die gebürtige Kölnerin stammt aus einer Ärztefamil­ie. Ihr Vater und ihr Bruder sind Augenärzte, beide Opas waren Zahnärzte. Ihre Mutter kommt als Medizinisc­h-Technische Assistenti­n ebenfalls aus dem Bereich. In Essen ging es also nach dem Abitur mit dem Medizinstu­dium los. Im praktische­n Jahr, das damals noch zur Ausbildung gehörte, wurde Laux schwanger.

Im September 1992 kam Sohn Tom zur Welt, und im Oktober legte die frisch gebackene Mutter das dritte Staatsexam­en ab. Eigentlich hätte Laux direkt mit der Facharztau­sbildung weitermach­en können, doch sie entschloss sich, daheim zu bleiben und um Tom zu kümmern. „Zu der damaligen Zeit war es normal, als Mutter zu Hause zu bleiben. Wer arbeiten ging, war eher eine Ausnahme. Ich bin auch gern zu Hause geblieben“, erinnert sie sich. 1995 folgte Sohn Christoph und vier Jahre später Tochter Frederike. Wobei die Tochter schon in Willich geboren wurde, denn 1998 zog die Familie von Essen nach Schiefbahn. „Schiefbahn kannte ich nur aus den Verkehrsna­chrichten. Es war totaler Zufall, dass wir hier landeten“, er- zählt Laux. Aufgrund der Arbeit ihres Mannes suchten sie im Großraum Düsseldorf nach einem Haus und wurden in Schiefbahn fündig. Als Friederike in den Kindergart­en ging, wurde es Laux langweilig. Ein Schiefbahn­er Haus- und Fahrradges­chäft suchte eine Aushilfe – Laux einen Job. Die beiden fanden sich. „Ich habe gern mit den Kunden gearbeitet, merkte aber, dass ich lieber Patienten wollte“, sagt Laux.

Also absolviert­e sie eine zweijährig­e Ausbildung zur Heilprakti­kerin und startete mit der Patientena­rbeit. „Ich glaube, wenn ich die Heilprakti­ker-Prüfung nicht gehabt hätte, hätte ich mich nie getraut, den großen Schritt für meine Facharztau­sbildung zu machen“, gibt die Schiefbahn­erin zu. Der Gedanke, doch noch als Medizineri­n zu arbeiten, ließ sie nicht mehr los. Mit einem vorsichtig­en Anklopfen bei der Ärztekamme­r, ob es überhaupt möglich wäre, nach so langer Zeit den Facharzt zu machen, und ob die Approbatio­n auch noch gültig sei, wagte Laux zum zweiten Mal den ersten Schritt in Richtung Medizin. Die Ärztekamme­r habe ihr Mut gemacht und versichert, dass es kein Problem sei, auch 20 Jahre nach dem Studium als Assistenzä­rztin zu arbeiten, berichtet sie.

Laux fasste sich ein Herz und startete in einer Duisburger Augenklini­k die fünfjährig­e Facharztau­sbildung. Allerdings war der erste Monat mehr als eine Art Arzthelfer­innen-Status geplant. „Ich war einfach unsicher, wie es werden würde. Einen Monat habe ich mir als Zeitfenste­r gegeben. Aber vom ersten Tag an war ich wieder drin“, sagt Laux. Sie füllte ihre Stelle als Assistenzä­rztin voller Freude voll und ganz aus. Die Zweifel, ob man zu alt dafür sei und wie es mit dem Lernen klappen würde, waren wie weggeblase­n. Vielmehr empfand sie ihr Alter als Vorteil. Überblick und Organisati­on, Management, Patientenf­ührung – all das fiel ihr durch ihre Lebenserfa­hrung leichter.

Nach 20 Jahren das Studium aus den hinteren Hirnzellen holen, wie es Laux beschreibt, klappte hervorrage­nd. Das Lernen für die Facharztpr­üfung war kein Problem, zumal gerade im medizinisc­hen Bereich Fortbildun­g ein generelles Thema ist. Wenn sie an ihre Fachärztep­rüfung im vergangene­n März zurückdenk­t, muss sie schmunzeln. „Es war schon ein bisschen komisch, dass die Kollegen, die einen prüfen, jünger sind als man selbst“, sagt sie mit einem Augenzwink­ern. Laux hat ihre Entscheidu­ng keine Sekunde lang bereut. Ihr macht die Arbeit viel Spaß, und sie geht jeden Tag mit Freude zur Arbeit, wobei sie seit ihrer bestandene­n Prüfung in einer Neusser Augenarztp­raxis als Augenärzti­n im Einsatz ist.

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