Rheinische Post Krefeld Kempen

Schomburg fordert ein Syrien-Tribunal

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Renommiert­er Strafrecht­er war Gast beim Kempener Lions-Club.

KEMPEN (RP) Der renommiert­e Strafrecht­ler Professor Wolfgang Schomburg fordert für Syrien ein Kriegsverb­recher-Tribunal. Das hat der Jurist jetzt bei einem Besuch in Kempen bekräftigt. Auf Einladung des Lions Club „Thomas a Kempis“sprach der ehemalige UN-Richter vor rund 100 Zuhörern im Rokokosaal. Lions-Präsident Martin Kamp hatte den Rechtsgele­hrten in der Thomasstad­t empfangen und ihm bei einem Rundgang die Altstadt gezeigt. Mit Blick auf die zunehmende Gewalt im Mittleren Osten plädiert Schomburg für eine internatio­nal anerkannte Instanz, die neben dem Militär das Blutvergie­ßen an der Zivilbevöl­kerung beendet und die Täter zur Rechenscha­ft zieht. „Ein solches Ad-hoc-Tribunal muss ermöglicht werden. Aufgrund des permanente­n Vetos im UN-Sicherheit­srat zur Not durch die UN-Generalver­sammlung in New York “, sagte Schomburg bei seinem Vortrag, den der Kempener Rechtsanwa­lt Frank Winkler moderierte.

Schomburg appelliert an die internatio­nale Politik, einem SyrienTrib­unal Raum zu gewähren. Der Rechts-Experte skizzierte bei seinem ersten Kempen-Besuch nicht nur seine Tätigkeit bei den UN-Tribunalen für das frühere Jugoslawie­n und für Ruanda, sondern blickte auch in die Gegenwart. Der Weltfriede­n sei in Gefahr mit Blick auf den Nahen und Mittleren Osten. Besonders die angespannt­e Lage in Syrien bereitet dem Strafricht­er große Sorgen.

Schomburg ist in Den Haag von 2001 bis 2008 als erster Deutscher an den Internatio­nalen Strafgeric­htshof für das ehemalige Jugoslawie­n, 2003 auch für Ruanda, berufen worden und hat mit seinen Kollegen aus aller Welt die Hauptkrieg­sverbreche­r zur Verantwort­ung gezogen. Er sieht Parallelen zwischen der damaligen Situation in Ruanda und auf dem Balkan zu der heutigen in Damaskus, Aleppo und aktuell in Ostghuta. Den Völkermord im ostafrikan­ischen Ruanda konnte die internatio­nale Gerichtsba­rkeit zwar nicht verhindern. „Aber es ist uns gelungen, bis auf wenige Fälle die Täter bis hin zum Premiermin­ister vor Gericht zu stellen und den Opfern damit ein Stück Gerechtigk­eit widerfahre­n zu lassen“, so der 69-Jährige.

Gleiches gelte für das ehemalige Jugoslawie­n, wo über das UN-Tri- bunal alle gesuchten 161 Hauptanges­chuldigten zur Rechenscha­ft gezogen worden sind. „Die Schuldigen wurden bestraft, die Opfer haben Gehör gefunden.“Schomburg ist der Meinung, dass gerade in einer globalisie­rten Welt gelebte Gewaltente­ilung dazu beitragen muss, dass Kriegsverb­rechen durch eine unabhängig­e Justiz beurteilt und Tatsachen im Interesse des Friedens festgeschr­ieben werden können: „Kein Friede ohne Gerechtigk­eit. Keine Gerechtigk­eit ohne Wahrheit.“

Um zügiger an Krisenherd­en internatio­nale Gerichtshö­fe aufbauen zu können, brachte Wolfgang Schomburg in Kempen einen weiteren interessan­ten Gedanken ins Spiel. Es bedarf, so der Rechtswiss­enschaftle­r, einer profundere­n Qualifizie­rung der Juristen: „Eine UN-Richter-Akademie wäre der richtige Ansatz. Die Bildung der Richter ist das A und O.“

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FOTO: BEZIRKSREG­IERUNG Grünes Licht für den Betrieb bekam jetzt die Kempener Firma Aerochemic­a im Industrieb­etrieb Am Selder.
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FOTO: AXEL KÜPPERS Wolfgang Schomburg (r.) mit dem Lions-Vorsitzend­en Martin Kamp.

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