Rheinische Post Krefeld Kempen

Zecken lauern im Unterholz

- VON JULIA ZUEW

Mit den milderen Temperatur­en werden auch Zecken wieder aktiv. Die nur wenige Millimeter großen Parasiten können für Mensch und Tier gefährlich­e Erreger übertragen. Hundertpro­zentigen Schutz vor den Blutsauger­n gibt es nicht

OEDT/VIERSEN Vom Ausflug ins Grüne können Menschen und Tiere die unwillkomm­enen Gäste nach Hause bringen: Zecken. Am bekanntest­en und am meisten verbreitet ist im Kreis Viersen der Gemeine Holzbock. Nicht die Stiche des Blutsauger­s, sondern die Erreger, die der Parasit in sich tragen kann, sind eine mögliche Bedrohung für Menschen und Tiere. Mit dem milden Frühlingsw­etter werden die nur wenige Millimeter großen Milben aktiv und lauern im Gebüsch, Unterholz oder hohem Gras ihren Wirten auf.

Bevorzugte Wirte des Holzbocks sind unter anderem Hunde, Katzen, Menschen, aber auch Pferde. Für den Menschen gefährlich werden kann die von Zecken übertragen­e LymeBorrel­iose und Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME). Außerdem übertragen die Zecken mit ihrem Speichel oft auch Anaplasmos­e, Ehrlichios­e und Babesiose. Wenn sich eine Zecke festgesaug­t hat, gilt bei Mensch und Tier gleicherma­ßen: Je früher die Zecke entfernt wird, desto geringer ist das Infektions­risiko. Dabei sollte die Zecke niemals vorher mit Alkohol oder anderen Mitteln behandelt werden, sondern am besten mit einer Pinzette vorsichtig aus der Haut gehebelt oder gedreht werden, sagt Martina Kruß, Amtsärztin und Leiterin des Gesundheit­samts im Kreis Viersen. Nicht jeder Zeckenstic­h sei außerdem zwingend mit einer Erkrankung verbunden.

Zecken im Kreis Viersen übertragen in der Regel den FSME-Virus nicht, können dafür aber mit Borre- lia-Bakterien infizieren. Von den Borreliose-Erregern gibt es mehrere Stämme, diese können bei Menschen und Tieren die Lyme-Borreliose verursache­n. Die Erkrankung kann verschiede­ne Organe in jeweils verschiede­nen Stadien und Ausprägung­en betreffen, speziell die Haut, das Nervensyst­em und die Gelenke. Ein Ausbruch kann auch erst Jahre später nach der Ansteckung erfolgen.

„Für FSME und Borreliose besteht zwar Meldepflic­ht, es ist aber garantiert mit einer großen Dunkelziff­er zu rechnen“, sagt Kruß. Der Grund: Dem Gesundheit­samt gemeldet werden nur im Labor festgestel­lte Infektione­n. Ärzte diagnostiz­ieren die Infektion mit Borrelien aber meistens bereits anhand körperlich­er Symptome. Dazu gehört die sogenannte Wanderröte: Um den Zeckenstic­h bildet sich ein rötlicher Ring, die Haut in der Mitte ist in der Regel blasser als am Rand. Nicht in allen Fällen tritt die Wanderröte jedoch auf. Die Bakterien können sich auch unbemerkt im Körper verbrei- ten. Eindeutige Diagnostik ist durch Labortests möglich. Eine Impfung für den Menschen gibt es nicht – Hunde hingegen können vor Borreliose geschützt werden. „Mit vier Impfungen wird eine Grund-Immunisier­ung erreicht“, sagt Klaus von Gierke, praktizier­ender Tierarzt in Oedt. Die Kosten für die einzelne Impfung liegen jeweils bei etwa 50 Euro. Danach ist jährlich eine Auffrischu­ngsimpfung nötig. Für Men-

schen empfehlen Ärzte eine FSME-Vakzinatio­n. Die Krankheit verläuft mit grippeähnl­ichen Symptomen, Fieber und teilweise mit einer Meningoenz­ephalitis, der Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten. Beim Großteil der Infizierte­n treten jedoch keine Krankheits­anzeichen auf. „2017 wurde ein Fall von

FSME im Kreis gemeldet“, sagt Kruß. Die Infektion ist dabei höchstwahr­scheinlich bei einem Aufenthalt in einem Risikogebi­et erfolgt. „Als Risikoregi­on gelten Gebiete in Süddeutsch­land, aber insbesonde­re auch in Osteuropa.“Reisenden wird eine Impfung empfohlen. Meistens würden die Krankenkas­sen die Vakzinatio­n übernehmen, sagt Kruß. Eine Auffrischu­ng der Impfung ist erst in Abständen von mehreren Jahren nötig. Kinder können ab einem Jahr geimpft werden. Der Impfkurs besteht aus mehreren Injektione­n. Über die Impfung nachdenken sollten Interessie­rte daher am besten vor der Zecken-Saison. Diese ist übrigens nicht im Hochsommer: „Da bekommen

wir zwar die meisten Meldungen von Zeckenstic­hen“, sagt die Amtsärztin, „das hängt aber eher mit dem Freizeitve­rhalten des Menschen zusammen, als mit der Ze- ckenaktivi­tät.“Die Spinnentie­re sind bereits bei Temperatur­en über sieben bis acht Grad Celsius aktiv – bei mildem Klima also fast ganzjährig.

Eine Borrelien-Infektion kann, aber muss nicht zwingend eine Erkrankung nach sich ziehen. Für Mensch und Tier gilt jedoch: Bei unbemerkte­m oder unbehandel­tem Ausbruch der Borreliose kann die Erkrankung schwer auf Gelenke und innere Organe schlagen. Eine hundertpro­zentige Sicherheit vor Zecken bieten Schutzmitt­el nicht, sagen Amtsärztin und Tierarzt. Bei Menschen sei die beste Vorsorge, der Zecke den Weg zu er-

schweren: „Zumindest der Holzbock geht auf seinen Wirt nicht aktiv zu, sondern wartet, bis er im Vorbeigehe­n abgestrich­en wird“, sagt Kruß. Möglichst alle offenen Hautstelle­n beim Spaziergan­g im Wald zu bedecken und anschließe­nd den Körper gründlich abzusuchen ist beson

ders wichtig.

Ebenso wie sich sollten Tierhalter die Vierbeiner nach Zecken absuchen. „Dafür kann man zum Beispiel mit einem Flohkamm durch das Fell gehen und die Zecke möglichst erwischen, bevor sie sich festsaugt.“

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FOTO: PATRICK PLEUL

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