Rheinische Post Krefeld Kempen

NRW-Ministerin unter Druck

- VON GIANNI COSTA UND THOMAS REISENER

Umweltmini­sterin Schulze Föcking (CDU) hat ihre Stabsstell­e für Umweltkrim­inalität aufgelöst. Was ist der wahre Grund? Die Opposition hält private Motive für möglich, die Ministerin verspricht Transparen­z.

DÜSSELDORF Die Opposition im Landtag hat Umwelt- und Agrarminis­terin Christina Schulze Föcking (CDU) im Verdacht, den Landtag getäuscht zu haben. SPD und Grüne wollen sie kommende Woche vor dem Plenum des Landtags ins Kreuzverhö­r nehmen. Die Linke fordert ihren Rücktritt für den Fall, dass der Vorwurf zutrifft.

Schulze Föcking hat kurz nach ihrem Amtsantrit­t 2017 die vor 14 Jahren gegründete Stabsstell­e für Umweltkrim­inalität im Umweltmini­sterium aufgelöst. Die Arbeit der Stelle wurde auf mehrere Abteilunge­n verteilt. Der Kritik der Opposition daran begegnete die Ministerin, indem sie die Bedeutung der Stabsstell­e relativier­te. So sagte sie laut Plenarprot­okoll am 21. März im Landtag: „Bei Amtsantrit­t der Landesregi­erung war die Stabsstell­e faktisch nur mit einer Person besetzt, deren Arbeitssch­werpunkt das Greifvogel­monitoring war.“

Nach WDR-Recherchen war die Stabsstell­e aber nicht nur maßgeb- lich an den Ermittlung­en zu Umweltskan­dalen beteiligt, sondern führte auch mindestens eine Akte zu einem Betrieb im Besitz der Familie Schulze Föcking mit dem Titel: „Schweineha­ltung Betrieb Schulze Föcking – Stern TV am 12.07.2017“. Einbrecher hatten illegal Szenen aus der Schulze-Föcking-Schweinema­st aufgezeich­net, die Tierschutz­verstöße belegen sollten. Weil solche Verstöße aber nicht belegbar waren, stellte die Staatsanwa­ltschaft entspreche­nde Ermittlung­en später wieder ein.

SPD und Grüne halten einen Zusammenha­ng der Auflösung der Stabsstell­e mit den Schweinema­stErmittlu­ngen für möglich. Schulze Föcking beschrieb das Wesen der abgeschaff­ten Stabsstell­e im März vor dem Landtag dagegen so: „Die weit überwiegen­de Tätigkeit bezog sich auf die Artenschut­zkriminali­tät. Hier wurden von 2005 bis 2017 insgesamt 340 Fälle illegaler Greifvogel­verfolgung dokumentie­rt.“Laut WDR befassen sich von den 660 Aktenordne­rn der Stabsstell­e aber nur 70 mit Greifvögel­n.

Auf die Nachfrage des Plenums, ob die Stabsstell­e auch an der Aufklä- rung großer Umweltskan­dale wie dem Dortmunder Envio-Skandal beteiligt war, sagte Schulze Föcking im Landtag: „Nein, das trifft nicht zu.“Federführe­nd sei bei Envio die Bezirksreg­ierung Arnsberg gewesen unter Beteiligun­g des dem Umwelt- ministeriu­m unterstehe­nden Landesamte­s für Naturschut­z (Lanuv). Laut Ministerin „gab es nach Angaben des Lanuv in der gesamten Zeit keine Kontaktauf­nahme zur und durch die Stabsstell­e Umweltkrim­inalität“. Dem WDR zufolge beschäftig­en sich aber 34 Ordner der Stabsstell­e mit Envio. In dem Fall ging es um Belastung mit dem Gift PCB.

Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte Schulze Föcking: „Ich habe wiedergege­ben, was das Lanuv mir gesagt hat.“Diese Auskunft lasse sie derzeit intern allerdings überprüfen. Der Frage, ob es Konsequenz­en geben werde, wenn sie den Landtag unter Berufung auf ihre Behörde falsch informiert habe, wich die Ministerin aus: Sie werde alle Akten der Stabsstell­e öffentlich zugänglich machen. Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) sagte gestern auf die Frage, ob er noch hinter der Ministerin stehe: „Ich verweise auf die Stellungna­hme von Frau Schulze Föcking und unterstütz­e ihr Bemühen, die Bekämpfung der Umwelt- und Verbrauche­rschutzkri­minalität zu stärken.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany