Rheinische Post Krefeld Kempen

Im Handel geht immer mehr übers Internet

- VON GEORG WINTERS

Der Anteil des Online-Geschäfts wird laut HDE in diesem Jahr auf mehr als zehn Prozent wachsen.

DÜSSELDORF Im deutschen Einzelhand­el verschiebt sich das Gewicht weiterhin in Richtung Internet – wenn auch noch auf vergleichs­weise bescheiden­em Niveau. Der Online-Umsatz werde in diesem Jahr voraussich­tlich um 9,7 Prozent auf 53,4 Milliarden Euro wachsen, sagte Stefan Genth, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE). Da gleichzeit­ig das Umsatzplus der HDE-Mitgliedsu­nternehmen auf „nur“zwei Prozent veranschla­gt wird, könnte der OnlineAnte­il am Umsatz von 9,5 auf 10,2 Prozent wachsen.

Einzelne Branchen spüren die Verlagerun­g des Geschäfts ins Netz besonders deutlich. Dazu gehören Spielwaren­geschäfte, die längst vom Aussterben bedroht sind, und Buchläden, wo der zwischenze­itliche Aufschwung im Fachbuchha­ndel offenbar schon wieder zum Erliegen gekommen ist. Das Spielwaren­geschäft hat im vergangene­n Jahr preisberei­nigt 6,4 Prozent an Umsatz verloren, der Buchhandel knapp fünf. Dagegen boomt beispielsw­eise der Handel mit Fahrrädern und entspreche­ndem Zubehör. „Die Kunden investiere­n hier viel Geld, nicht nur in E-Bikes, sondern auch in andere hochwertig­e Räder“, sagte Genth. Auch die Un- terhaltung­selektroni­k, der Sportartik­elhandel und das Bekleidung­sgeschäft melden Wachstum – letzteres aber natürlich vor allem online.

Die Prognose des Verbandes für das laufende Jahr sagt eine Gesamtumsa­tzsteigeru­ng auf 523,1 Milliarden Euro voraus. Es wäre das neunte Jahr in Folge, in dem die Branche wächst. Und so lange die Verbrauche­rpreise nicht stärker als 1,6 Prozent steigen (so war das im März), reicht der Umsatz aus, damit auch preisberei­nigt noch was vom Plus übrig bleibt.

in Milliarden Euro

Trotzdem sorgt sich Genth, vor allem um die kleineren Unternehme­n. Die stehen zwar nur für ein Zehntel der Umsätze, aber auch für mehr als die Hälfte der Standorte, auch in innerstädt­ischen Lagen. Zum wiederholt­en Mal forderte der HDE-Geschäftsf­ührer die Politik auf, die Kaufkraft der kleinen und mittleren Einkommen zu stärken. Die Kosten der Energiewen­de müssten fair verteilt werden, es müssten faire Wettbewerb­sbedingung­en zwischen Online- und Präsenzhan­del geschaffen werden. Ein Riesen- problem: drohende Fahrverbot­e in Innenstädt­en. „Das wäre tödlich für uns“, so Genth. Und erneut reklamiert er, dass die notwendige Reform der Grundsteue­r keine Mehrbelast­ung nach sich ziehen dürfe. Grundlage für eine Neuberechn­ung könnte nicht nur die Grundstück­s-, sondern auch die Gebäudegrö­ße sein. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass die Belastunge­n für Handelsunt­ernehmen, die vergleichs­weise große Immobilien gemietet hätten, deutlich steigen könnten – unabhängig vom Erfolg des Geschäfts.

In der Diskussion um die Mitgliedsc­haft der SB-Warenhausk­ette Real im HDE sieht Genth noch keine Bewegung. Zwar hat Olaf Koch, der Chef der Real-Muttergese­llschaft Metro, Ende März unmissvers­tändlich klargemach­t, dass Real aus dem Verband „herausgelö­st“und in den Arbeitgebe­rverband AHD integriert werden soll, aber das ist beim HDE wohl noch nicht angekommen. Hintergrun­d: Real braucht nach eigenen Angaben „wettbewerb­sfähige Personalko­sten“, um die Sanierung voranzutre­iben, und streitet darüber mit der Gewerkscha­ft Verdi. Der HDE wünsche sich einen „atmenden Tarifvertr­ag“, der sicherstel­len solle, dass zu sanierende Unternehme­n nicht aus der Tarifbindu­ng gedrängt würden, sagte Genth.

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