Rheinische Post Krefeld Kempen

Glückliche Familie und volle Sozialkass­en

- VON EVA QUADBECK VON HENNING RASCHE NSU-ANWÄLTE ATTACKIERE­N ANKLAGE, SEITE A 4 VON MARTIN KESSLER ES IST NICHT LEICHT, KIPPA ZU TRAGEN, SEITE A 4

Am grünen Tisch rechnen Ökonomen gern vor, wie gut eine höhere Erwerbstät­igkeit von Frauen für die Volkswirts­chaft ist. Dass eine hohe Beschäftig­ung die Sozialkass­en füllt und stabilisie­rt, ist eine Binsenweis­heit und dass es sinnvoll ist, mit dem Ausbau von Kinderbetr­euungsange­boten Müttern die Rückkehr in den Job zu ermögliche­n, bestreitet heute niemand mehr. Allerdings hat das Wachstum der Wochenarbe­itsstunden junger Eltern seine Grenzen. Wenn hoch qualifizie­rte Frauen den Vorstellun­gen der Ökonomen entspreche­n und spätestens ein Jahr nach der Entbindung in Vollzeit in den Job zurückkehr­en, dann klopfen inzwischen die Väter bei ihren Arbeitgebe­rn an und bitten um Teilzeit-Lösungen. Wenn man am einen Ende der Decke zieht, wird sie eben am anderen Ende kürzer.

Es ist eine absolut positive Entwicklun­g, dass Mütter und Väter sich heute immer häufiger frei entscheide­n können, wer wie und wann Geld verdient und wer sich wie und wann um die Kinder kümmert. Graue Theorie aber ist, dass sich zwei anspruchsv­olle Vollzeit-Jobs mit einem glückliche­n Familienle­ben vereinbare­n lassen – so gut das auch für die Sozialkass­en wäre. BERICHT FRAUENARBE­IT SENKT RENTENBEIT­RÄGE, TITELSEITE

Ein Ende in Sicht

Der Strafproze­ss hat drei Ziele: Wahrheit, Gerechtigk­eit und Rechtsfrie­den. Das gilt bei Schwarzfah­rern ebenso wie bei Beate Zschäpe. Wahrheit, Gerechtigk­eit, Rechtsfrie­den. Wie soll das funktionie­ren in dem NSU-Prozess, der in den vergangene­n fünf Jahren zu einer billigen Straßensch­lacht der Strafproze­ssordnung verkommen ist? Die Anwälte der Hauptangek­lagten haben dem Oberlandes­gericht München mit unzähligen Anträgen Stöcke in den Weg gelegt. Sie haben mit allen Mitteln dagegen gekämpft, dass das Gericht die drei Ziele des Strafproze­sses erreichen kann.

Das Plädoyer von Verteidige­r Hermann Borchert versucht nun, Beate Zschäpe zu einem Opfer zu stilisiere­n. Einem Opfer der beiden Männer des NSU, einem Opfer der Bundesanwa­ltschaft und einem Opfer der Gutachter. Das mag rechtlich zulässig sein, aber es verhöhnt die wahren Opfer. Die Opfer des NSU, die aus Hass und Rassismus sterben mussten. Das wesentlich­e Ziel dieses sehr besonderen Strafproze­sses ist inzwischen, und das ist sehr bedauerlic­h, sein Ende. Es liegt, immerhin, in Sichtweite. BERICHT

Zeichen der Solidaritä­t

Der schockiere­nde Angriff auf einen KippaTräge­r in Berlin hat eine breite Debatte entfacht, die wichtig ist. Wie selbstvers­tändlich und geschützt ist jüdisches Leben in Deutschlan­d? Nach dem Holocaust, dem schlimmste­n Verbrechen der Menschheit, verübt im deutschen Namen, steht dieses Thema hierzuland­e immer auf der Tagesordnu­ng. Deshalb erfordern antisemiti­sche Töne und Taten eine starke und überzeugen­de Antwort.

Man mag streiten, ob das massenhaft­e Tragen einer Kippa als Zeichen der Solidaritä­t angemessen oder gar ausreichen­d ist. Aber der Wunsch, gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde gegen antisemiti­sche Ausfälle ein Signal zu setzen, ist berechtigt. Wer das als Nichtjude mit einer Kippa tun möchte, der soll es tun. Genauso legitim ist es, mit anderen Zeichen die Solidaritä­t mit der jüdischen Bevölkerun­g in Deutschlan­d zu demonstrie­ren.

Wir dürfen weder wegsehen noch tolerieren, wenn Extremiste­n, egal ob rechts, links oder muslimisch, gegen Juden Front machen. Hier sind nicht nur Polizei und Politik gefordert, sondern wirklich wir alle. BERICHT

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