Rheinische Post Krefeld Kempen
Glückliche Familie und volle Sozialkassen
Am grünen Tisch rechnen Ökonomen gern vor, wie gut eine höhere Erwerbstätigkeit von Frauen für die Volkswirtschaft ist. Dass eine hohe Beschäftigung die Sozialkassen füllt und stabilisiert, ist eine Binsenweisheit und dass es sinnvoll ist, mit dem Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten Müttern die Rückkehr in den Job zu ermöglichen, bestreitet heute niemand mehr. Allerdings hat das Wachstum der Wochenarbeitsstunden junger Eltern seine Grenzen. Wenn hoch qualifizierte Frauen den Vorstellungen der Ökonomen entsprechen und spätestens ein Jahr nach der Entbindung in Vollzeit in den Job zurückkehren, dann klopfen inzwischen die Väter bei ihren Arbeitgebern an und bitten um Teilzeit-Lösungen. Wenn man am einen Ende der Decke zieht, wird sie eben am anderen Ende kürzer.
Es ist eine absolut positive Entwicklung, dass Mütter und Väter sich heute immer häufiger frei entscheiden können, wer wie und wann Geld verdient und wer sich wie und wann um die Kinder kümmert. Graue Theorie aber ist, dass sich zwei anspruchsvolle Vollzeit-Jobs mit einem glücklichen Familienleben vereinbaren lassen – so gut das auch für die Sozialkassen wäre. BERICHT FRAUENARBEIT SENKT RENTENBEITRÄGE, TITELSEITE
Ein Ende in Sicht
Der Strafprozess hat drei Ziele: Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechtsfrieden. Das gilt bei Schwarzfahrern ebenso wie bei Beate Zschäpe. Wahrheit, Gerechtigkeit, Rechtsfrieden. Wie soll das funktionieren in dem NSU-Prozess, der in den vergangenen fünf Jahren zu einer billigen Straßenschlacht der Strafprozessordnung verkommen ist? Die Anwälte der Hauptangeklagten haben dem Oberlandesgericht München mit unzähligen Anträgen Stöcke in den Weg gelegt. Sie haben mit allen Mitteln dagegen gekämpft, dass das Gericht die drei Ziele des Strafprozesses erreichen kann.
Das Plädoyer von Verteidiger Hermann Borchert versucht nun, Beate Zschäpe zu einem Opfer zu stilisieren. Einem Opfer der beiden Männer des NSU, einem Opfer der Bundesanwaltschaft und einem Opfer der Gutachter. Das mag rechtlich zulässig sein, aber es verhöhnt die wahren Opfer. Die Opfer des NSU, die aus Hass und Rassismus sterben mussten. Das wesentliche Ziel dieses sehr besonderen Strafprozesses ist inzwischen, und das ist sehr bedauerlich, sein Ende. Es liegt, immerhin, in Sichtweite. BERICHT
Zeichen der Solidarität
Der schockierende Angriff auf einen KippaTräger in Berlin hat eine breite Debatte entfacht, die wichtig ist. Wie selbstverständlich und geschützt ist jüdisches Leben in Deutschland? Nach dem Holocaust, dem schlimmsten Verbrechen der Menschheit, verübt im deutschen Namen, steht dieses Thema hierzulande immer auf der Tagesordnung. Deshalb erfordern antisemitische Töne und Taten eine starke und überzeugende Antwort.
Man mag streiten, ob das massenhafte Tragen einer Kippa als Zeichen der Solidarität angemessen oder gar ausreichend ist. Aber der Wunsch, gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde gegen antisemitische Ausfälle ein Signal zu setzen, ist berechtigt. Wer das als Nichtjude mit einer Kippa tun möchte, der soll es tun. Genauso legitim ist es, mit anderen Zeichen die Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung in Deutschland zu demonstrieren.
Wir dürfen weder wegsehen noch tolerieren, wenn Extremisten, egal ob rechts, links oder muslimisch, gegen Juden Front machen. Hier sind nicht nur Polizei und Politik gefordert, sondern wirklich wir alle. BERICHT