Rheinische Post Krefeld Kempen

Ölpreise steigen auf Drei-Jahres-Hoch

- VON MISCHA EHRHARDT QUELLE: ONVISTA | FOTO: IMAGO | GRAFIK: FERL

Die Rallye an den Rohstoffmä­rkten merken auch Autofahrer an der Tankstelle. Für den Preisansti­eg in den vergangene­n Monaten gibt es mehrere Gründe.

FRANKFURT Donald Trump ist bekannt für seine impulsiven Kurznachri­chten. Am vergangene­n Wochenende hatte der US-Präsident der Welt per Tweet mitgeteilt, dass künstlich erhöhte Ölpreise von ihm nicht akzeptiert würden. Die Reaktion kam prompt: Nachdem die Preise für Rohöl an den Börsen in der vergangene­n Woche auf den höchsten Stand seit Ende 2014 gestiegen waren, gaben sie nach dem Tweet leicht nach.

Nicht so an den Tankstelle­n. Denn hier haben die Preise für Benzin oder Diesel ihren bisherigen Höchstprei­s in diesem Jahr erreicht. Laut einer gestern veröffentl­ichten Auswertung des ADAC kostete ein Liter Super E10 im Tagesmitte­l 1,384 Euro. Diesel stieg auf 1,224 Euro pro Liter. „Das merkt man schon recht deutlich an der Tankstelle, wenn die Ölpreise an den Rohstoffmä­rkten steigen“, teilte der ADAC mit. Allerdings reagierten die Preise an den Tankstelle­n mit Verzögerun­g. Und sie spiegeln sich nicht zu 100 Prozent in den Anzeigen der Zapfsäulen. Der größte Teil des Benzinprei­ses sind die Steuern, nur ein geringer Teil ist also wirklich auf die Ölpreise zurückzufü­hren.

Bei der aktuellen Entwicklun­g spielen die USA im Übrigen nicht die Haupt-, sondern eine Sonderroll­e. Aktuell ist es vor allem der sich zuspitzend­e Militärkon­flikt im Jemen, der die Preise treibt. Dort kämpft eine Allianz unter Führung Saudi-Arabiens gegen die vom Iran unterstütz­ten Huthi-Rebellen. Im Falle einer Eskalation sehen Marktbeoba­chter die saudische Ölförderun­g gefährdet.

Vor allem die Staaten des Ölkartells Opec sind es, die ein Interesse an hohen Preisen haben. Russland ist zwar kein Mitglied, verfolgt aber ähnliche Interessen.

Es ist noch nicht lange her, da sah die Lage anders aus: Anfang 2016 hatten die Ölpreise an den Rohstoffmä­rkten einen Tiefstand erreicht und notierten niedriger als 30 Dollar pro Fass. Daraus erwuchsen Erdöl-Staaten massive Probleme. Venezuela geriet beispielsw­eise in eine schwere wirtschaft­liche Krise. Auch andere Staaten sahen ihre wirtschaft­liche Zukunft gefährdet.

Nun können sie aufatmen: Aktuell notieren die Preise für die richtungwe­isende Nordsee Sorte Brent bei rund 75 Dollar pro Fass, haben sich seitdem also wieder mehr als verdoppelt. Das ist jedoch nicht allein den geopolitis­chen Risiken geschuldet. Saudi-Arabien will einen Teil seiner staatliche­n Ölgesellsc­haft Aram-

51,97 co an die Börse bringen. Und das geht am besten, wenn der Ölpreis hoch ist. „Der Preisansti­eg in den vergangene­n Tagen wurde durch einen Reuters-Bericht ausgelöst, wonach Saudi-Arabien an einem Ölpreis von 80 bis 100 Dollar je Barrel interessie­rt sei“, sagt Eugen

73,70

Weinberg, Rohstoff-Spezialist der Commerzban­k.

Gleichzeit­ig sind die Lagervorrä­te an Öl weltweit rapide gesunken: Sie befinden sich nach Auskunft der Internatio­nalen Energieage­ntur IEA auf dem niedrigste­n Stand seit mehreren Jahren. Denn die Opec-Staaten fahren ihre Produktion seit rund einem Jahr herunter. Erklärte Absicht: den Ölpreis hochzutrei­ben. Doch der Plan hat einen Haken. Die steigenden Preise rufen auch die USA wieder auf den Plan. Dank des Frackings, also der Ölgewinnun­g aus Schiefersa­nd, liegen die Vereinigte­n Staaten in der Rangliste der Ölförderst­aaten unter den drei größten Ölförderer­n der Welt. Fracking lohnt sich aufgrund des aufwendige­n und damit auch teuren Verfahrens Expertensc­hätzungen zufolge erst ab einem Ölpreis von rund 50 Dollar. Deswegen läuft die Förderung in den USA wieder auf Hochtouren, und die US-Öllager sind voll. Und deswegen fällt der Preisansti­eg beim US-Öl WTI derzeit geringer aus als bei der NordseeSor­te Brent.

So gesehen stellen die Vereinigte­n Staaten derzeit ein Korrektiv zur Opec dar. Bei einer Produktion­sdrosselun­g vonseiten des Kartells dämpft das Fracking-Öl der Amerikaner den Anstieg, fallen die Preise dagegen, fahren die US-Produzente­n ihre Produktion herunter – was grundsätzl­ich stützend auf den Ölpreis wirkt. Das erschwert es der Opec, die Preise in eine gewünschte Richtung zu lenken. Das sollte eine gute Nachricht für Verbrauche­r sein: Denn unter Kartellabs­prachen haben am Ende im Zweifel immer die Konsumente­n zu leiden.

Ölpreisent­wicklung

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