Rheinische Post Krefeld Kempen

Fledermäus­e gibt’s nicht mehr

- VON BIANCA TREFFER RP-FOTO. WOLFGANG KAISER

Die Lärmschutz­wand an der Korschenbr­oicher Straße in Willich sorgt für Aufregung. Die Bürger werfen der Stadt vor, sich nicht um die Anlage zu kümmern. Die Wand verliere ihre Funktion und verrotte, lauten die Vorwürfe.

WILLICH An der Korschenbr­oicher Straße in Wekeln rieselt nicht leise der Schnee, sondern das Granulat. „Bis vor Kurzem hatten wir hier auf dem Weg zwischen der Lärmschutz­wand und unseren Gärten etliche Granulatha­ufen liegen, die jetzt aber von der Stadt zum größten Teil entfernt worden sind“, berichtet Stefan Simmnacher, der an der Merkurstra­ße wohnt und damit zu den Bürgern gehört, die nicht nur unmittelba­r hinter der Lärmschutz­wand leben, sondern auch über ihre Gärten hinweg auf sie blicken.

Der Blick fällt dabei auf eine etwa 5,50 Meter hohe Wand aus Eisenmatte­n – mit einer Gewebefoli­e versehen – und daran wachsenden Grünpflanz­en. Allerdings ist es weniger eine grüne Wand, sondern mehr eine kahle Variante mit kümmerlich aussehende­n Rankgewäch­sen und zahlreiche­n Löchern in der Folie, aus denen das besagte Granulat rieselt. „Als die Wand gebaut wurde, waren es richtige kleine Lavasteine, die in den Zwischenra­um eingefüllt wurden. So eine Wand ist wartungsin­tensiv. Und wenn nichts gemacht wird, passiert genau das, was wir jetzt hier haben“, sagt Anwohner Rainer Schneider.

Die Lärmschutz­wand ist seit mehreren Jahren ein Stein des Anstoßes zwischen den Anwohnern und der Stadt Willich. Die dort lebenden Bürger werfen der Stadt vor, sich nicht um die Lärmschutz­wand zu kümmern. „Das ging schon vor rund acht Jahren los, als die über Solar betriebene­n Pumpen, die für eine Bewässerun­g der Pflanzen an der Wand sorgen, ausfielen“, sagt Stefan Simmnacher. Pflanzen vertrockne­ten und die Löcher entstanden.

Neben der Optik ging dadurch auch der Lärmschutz ein stückweit verloren. „Auf dem Handy messe ich heute hinter der Wand bis zu 70 Dezibel. Nach Lärmschutz­karte sollen es aber unter 55 Dezibel sein“, sagt Arthur Niestroi. Im Herbst 2015 stellten rund 60 Anwohner einen Bürgerantr­ag und brachten das Thema damit in den zuständige­n politische­n Ausschuss. Sie forderten eine Instandset­zung der Anlage entlang der Korschenbr­oicher Straße.

Damit startete eine bislang unendliche Geschichte. Es folgte ein Ortstermin, im Ausschuss wurden Maßnahmen beschlosse­n, die aber nach Angaben der betroffene­n Anwohner nie wirklich umgesetzt worden sind. Nach deren Aussagen hat die Stadtverwa­ltung nur kleineren Flickschus­tereien betrieben. „Wir haben Löcher in der Wand, durch die man die Autos auf der Korschenbr­oicher Straße sehen kann“, klagt Ralf Püllen. Einfach eine schwarze Folie davor anbringen, wie es die Stadt teilweise gemacht hat, ist in seinen Augen keine Lösung.

„Früher, als die Wand noch richtig grün war, hatten wir hier sogar Fledermäus­e“, erzählt Claudia Simmnacher. Grüne Wandstücke gibt es aber auch noch. Hier haben die Anwohner selber zum Gartenschl­auch gegriffen und die Pflanzen an der Wand eigenhändi­g gegossen. Um Klarheit über den Zustand und eine mögliche Sanierung der Lärmschutz­wand zu erhalten, hält die Willicher FDP inzwischen ein Sachverstä­ndigenguta­chten für zwingend notwendig. „Unfassbar ist insgesamt betrachtet, wie hier durch Nichthande­ln Eigentum der Stadt verrottet und zu hohen Wiederhers­tellungsko­sten führt“, lautet das Urteil von Karl-Heinz Koch, dem Planungsfa­chmann der FDP.

Für Mitte Mai ist jetzt eine erneute Ortsbegehu­ng mit Stadtverwa­ltung und Politik geplant. Die Stadt Willich verweist auf Neuanpflan­zungen von Wildem Wein, eine wieder funktionie­rende Bewässerun­g, die auf der Oberseite der Wand läuft, freigeschn­ittene Pflegewege und die Befüllung der Löcher.

 ??  ?? Die Anwohner vor der Lärmschutz­wand: Nur mühsam ranken Klettergew­ächse an ihr hoch. Die Wand ist löchrig, weil das vertrockne­te Granulat rieselt. Mitte Mai soll es wieder einen Ortstermin mit Stadt und Politik geben.
Die Anwohner vor der Lärmschutz­wand: Nur mühsam ranken Klettergew­ächse an ihr hoch. Die Wand ist löchrig, weil das vertrockne­te Granulat rieselt. Mitte Mai soll es wieder einen Ortstermin mit Stadt und Politik geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany