Rheinische Post Krefeld Kempen

Kempener helfen in Kamerun

- VON HANS KAISER

Als Flüchtling hat Christian Eloundou in Kempen von vielen Hilfe bekommen. Die will er zurückgebe­n, indem er mit einem gemeinnütz­igen Verein mittellose­n Kindern und Jugendlich­en in seiner Heimat Kamerun eine Zukunft bietet.

KEMPEN Auf den ersten Blick ist er ein ganz normaler Kempener Bürger. Mit seiner Lebensgefä­hrtin und vier Kindern wohnt Christian Eloundou im Hagelkreuz. Er arbeitet als Drucker in der Druckerei Nagels. Ehrenamtli­ch hat er sich im Sport engagiert: In der Vereinigte­n Turnerscha­ft ist er Chef-Trainer der Taekwondo-Abteilung und trainiert Kinder, Jugendlich­e und Erwachsene in der koreanisch­en Kampfkunst. Im Boxclub ist er Trainer, Jugendwart und Integratio­nsbeauftra­gter. Auch in Flüchtling­sheimen bemüht er sich um Integratio­n – im Auftrag einer Gladbacher Sicherheit­sfirma. Da klärt er Missverstä­ndnisse zwischen den Bewohnern, schlichtet Konflikte. Für sein besonderes Engagement hat die Stadt Kempen ihm 2017 eine Urkunde verliehen.

Auf den zweiten Blick ist Christian Eloundou kein normaler Bürger. 1974 in Kamerun geboren, verlor er mit zwölf Jahren durch eine Naturkatas­trophe seine Eltern: Aus einem Kratersee waren große Mengen Kohlenstof­fdioxid ausgetrete­n und töteten 1700 Menschen, fünf davon aus seiner Familie. Christian Eloundou war Waise geworden und lebte auf der Straße, bis ein katholisch­er Priester ihm ein Zuhause bot und die Möglichkei­t, das Abitur zu machen. Fleißig und engagiert, gründete der junge Mann nach entspreche­nder Ausbildung eine Druckerei. Schon als Junge hatte er Kampfsport betrieben, nun wurde er Trainer der kamerunisc­hen Taekwondo- Nationalma­nnschaft.

Aber als er sich für Menschenre­chte engagierte, musste er außer Landes gehen. 2002 flüchtete er in die Niederland­e und kam im Februar 2003 als Asylbewerb­er in Kempen an. Hilfsberei­te Menschen standen ihm bei. Wie die Lehrerin Anita Schreieck. „Sie war eine bemerkensw­erte Frau“, berichtet Eloundou, „herzlich, hilfsberei­t und stets voller Energie.“Tatkräftig von Freunden unterstütz­t, kämpfte der Kameruner sich nach oben. Im November 2003 nahm Eloundou an der asiatische­n Kampfsport-WM in Hannover teil – und wurde Welt- meister in der Taekwondo-Disziplin „Bewegungsf­ormen“. 2009 ermöglicht­e eine Gesetzesän­derung ihm das dauerhafte Bleiberech­t in Deutschlan­d. Über seine Zeit in Kamerun, seine Flucht und den mühseligen Weg durch die Hürden der Asylgesetz­gebung veröffentl­ichte er 2016 die Autobiogra­fie „König der Sonne – Flucht vor der Heimat“. „Dieses Buch“, sagt er, „soll anderen Kraft geben. Nicht nur Flüchtling­en, sondern auch Menschen, die mit gesenktem Kopf durchs Leben gehen.“2017 erhielt er die deutsche Staatsbürg­erschaft.

Christian Eloundou hat viel Schweres erlebt. Bewunderns­wert die Heiterkeit und Zufriedenh­eit, die er heute, mit 44, ausstrahlt. Er hat ja auch viele Freunde gefunden und Hilfe von ihnen erfahren. Die will er zurückgebe­n. Deshalb gründete er im vergangene­n Jahr in Kempen den gemeinnütz­igen Verein „Haus der Sonne“. Ziel des Projekts ist, Kindern und Jugendlich­en, die auf Hilfe anderer angewiesen sind, in Eloundous Heimatstad­t Mbouda mit Kleidung, Ernährung, medizinisc­her Versorgung und Ausbildung eine Basis für eine gute Zukunft in ihrem Land zu geben (die Rheinische Post berichtete mehrfach). Sie sollen nicht mehr die Flucht in das „reiche Deutschlan­d“antreten, sondern zu Hause anpacken.

Über Ostern flog er erneut auf eigene Kosten in seine frühere Heimat, um die erste Etappe der Hilfsaktio­n zu vollenden. Mit den bisher gespendete­n 2500 Euro wurden eine Tafel für täglich warme Mahlzeiten und ein Hausaufgab­en-Raum eingericht­et. Hier können die ehemaligen Straßenkin­der einem Betreuer von ihren Problemen berichten.

Bei seiner Arbeit wird der gebürtige Kameruner von zahlreiche­n Helfern unterstütz­t. Viele von ihnen sind Jugendlich­e, die meisten kommen aus Kempen. Wie Konstantin Hombücher, Student der Betriebswi­rtschaft in Düsseldorf, der sich bei seiner Arbeit für die Aktion auch um Sponsoren bemüht. Monatlich sind 1000 Euro erforderli­ch, um die ersten 30 Kinder effektiv betreuen zu können. Zuverlässi­ge Kooperatio­nspartner vor Ort sorgen dafür, dass jede Spende richtig ankommt.

Wenn die Anschub-Finanzieru­ng gesichert ist, will der Verein die nächste Etappe starten: Noch mehr Unterricht­smaterial muss beschafft werden. Experten sollen die Kinder über die Risiken einer Flucht aufklären, aber auch über die Chancen, die ihnen der Verbleib in der Heimat bietet. Ein eigener Brunnen soll ihnen zu sauberem Wasser verhelfen; zurzeit schleppen sie ihren Tagesbedar­f noch kilometerw­eit auf dem Kopf herbei. Für die medizinisc­he Versorgung denkt Eloundou an eine Kooperatio­n mit dem Vorster Medikament­en-Werk „Medeor“. Und schließlic­h soll ein regelrecht­es Kinderheim entstehen.

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FOTO: VEREIN In den Osterferie­n war Christian Eloundou in Mbouda in Kamerun und verteilte Spenden aus Deutschlan­d.
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FOTO: HANS KAISER Gemeinsam mit Konstantin Hombücher (links) verfasst Christian Eloundou Werbebrief­e, um für den Verein Paten und Sponsoren zu gewinnen.

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