Rheinische Post Krefeld Kempen

Wenn die Abinote nicht ausreicht

- VON ISABELLE DE BORTOLI

Wenn die Abiturnote nicht für das Wunsch-Studienfac­h genügt, bedeutet das nicht automatisc­h auch das Ende der Berufsträu­me. Wir geben Tipps, was zu tun ist, wenn der Numerus Clausus nicht erreicht ist.

DÜSSELDORF Eigentlich sollte es ein Medizinstu­dium sein, doch mit einem Zweier-Abi rückt dieser Traum in weite Ferne. Oder die Note reicht nicht für den Eventmanag­ementStudi­engang, der sich doch so gut angehört hat. Oder der Jura-NC an der Uni gleich um die Ecke liegt zu hoch. Das heißt noch lange nicht, dass es nichts wird mit dem Wunschstud­ium. Sich aber auf irgendetwa­s, das so ähnlich klingt, zu bewerben, bringt auch nichts, sagt Studienber­aterin Karin Wilcke aus Düsseldorf. „Wenn ich Psychologi­e studieren wollte, um Therapeut zu werden, dann ist Wirtschaft­spsycholog­ie keine Alternativ­e. Denn damit werde ich niemals Menschen psychother­apeutisch behandeln.“Genauso sei Soziale Arbeit kein Ausweichfa­ch für diejenigen, die eigentlich Ärzte werden wollten. „Natürlich habe ich in einer Wohngruppe Kontakte mit Menschen – aber ich behandele keine Krankheite­n“, sagt Wilcke. „Es sind schlicht unterschie­dliche Berufe.“Wer allerdings weniger an der Behandlung von Menschen, als an der Entwicklun­g von Therapien interessie­rt ist, für den ist dann ein Biologie- oder Chemiestud­ium mit dem Ziel der Krebsoder Medikament­enforschun­g eine Alternativ­e zum Arztberuf.

Wer aber wirklich ausschließ­lich den Traum vom Arztdasein hegt, für den gibt es Möglichkei­ten, trotz eines Nicht-Einser-Abis zu einem Studienpla­tz zu kommen: Manche Hochschule­n bieten Tests an, die mit der Abinote verrechnet werden. „Schneide ich dort exzellent ab, hebt das mein Zweier-Abi auf ein Einser-Niveau und ich habe vielleicht einen Platz“, sagt Karin Wilcke. Die österreich­ischen Hochschule­n beispielsw­eise setzen ausschließ­lich auf diesen Test – wer ohnehin einmal gelernt hat, kann es also auch in Graz, Innsbruck oder Wien probieren. Oder an Privatunis wie der Universitä­t Witten-Herdecke. Ein umfangreic­hes Auswahlver­fahren ersetzt dort die NC-Grenze. Für alle mit Wunschfach Psychologi­e lohnt sich ein Blick zu unseren Nachbarn: Psychologi­e ist das ge- fragteste Fach überhaupt unter deutschen Studenten in den Niederland­en. Ein Auswahltes­t entscheide­t über die Aufnahme. Aber: Niederländ­ischkenntn­isse müssen auf B2-Niveau sein.

Für alle anderen Fächer lohnt es sich laut Karin Wilcke, den Radius um die Wunschuni zu erweitern. „Jura in Düsseldorf hat einen NC von 1,8 – in Trier ist das Fach zulassungs­frei.“Dabei sage der NC nichts über die Qualität des Faches aus: „Marburg, Giessen oder Trier liegen einfach nicht in so eng besiedelte­n Gebieten wie Düsseldorf, Bochum und Köln“, so die Studienber­aterin. „Wenn ich bereit bin, etwas weiter weg zu ziehen, dann bekomme ich in der Regel auch einen Studienpla­tz in Fächern wie BWL oder Jura.“Gerade bei BWL gelte: Bezeichnun­gen wie „Sportmanag­e- ment“oder „Eventmanag­ement“locken besonders viele Studierend­e an. „Dabei sind das alles BWL-Studiengän­ge“, sagt Wilcke. „Schwerpunk­te kann ich auch durch Praktika legen oder im Master.“

Naturwisse­nschaftlic­he Fächer sowie Ingenieurw­issenschaf­ten sind meistens nicht zulassungs­beschränkt – es sei denn, man möchte ausgerechn­et an NRWs Exzellenzu­ni nach Aachen. „Dazu gibt es aber in jeder anderen Unistadt in unserem Bundesland Alternativ­en“, sagt Karin Wilcke. So kann man an der Hochschule Niederrhei­n zulassungs­frei Elektrotec­hnik oder Chemieinge­nieurwesen studieren, an der Ruhr-Uni Bochum kann man sich ohne NC in Bauingenie­urwesen oder Physik einschreib­en.

Regelrecht­e Boom-Fächer sind im Moment Sozialpäda­gogik und So- ziale Arbeit, die es vor allem an Fachhochsc­hulen gibt. „Tatsächlic­h sind diese meist zulassungs­beschränkt und man muss schon ein 2,3er bis 2,5er Abi mitbringen“, sagt Karin Wilcke.

Grundsätzl­ich rät die Studienber­aterin dazu, sich die Modul- und Stundenplä­ne der Fächer an der jeweiligen Hochschule mit ihren Schwerpunk­ten anzusehen. „Nur nach dem Namen des Fachs sollte man nicht gehen.“Bei den meisten Studiengän­gen reichen sechs Wartesemes­ter, um eine Zulassungs­beschränku­ng zu umgehen. Genau die drei Jahre, in der man nach dem Abi auch eine Ausbildung abschließe­n könnte. „Das hat wirklich nur Vorteile“, sagt Wilcke. „Mit praktische­n Erfahrunge­n hat man nach dem Studium beste Aussichten auf dem Arbeitsmar­kt.“

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FOTO: PETER WINANDY Natur- und ingenieurw­issenschaf­tliche Fächer sind an der Exzellenzu­ni RWTH Aachen mit NCs belegt. Wer aber an den Hochschule­n in der Umgebung schaut, wird auch zulassungs­freie Angebote finden.

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