Rheinische Post Krefeld Kempen
KOMMENTAR
Mit einfachem Sorry ist es nicht getan
Die Nominierung des Kaders für ein großes Fußballturnier ist traditionell mit großen Emotionen garniert. Doch diesmal überlagert ein Thema alles – auch wenn der DFB es nicht weiter hochkochen möchte. Die Aktion von Mesut Özil und Ilkay Gündogan wird die kommenden Wochen bestimmen und hat für einen tiefen Riss gesorgt. Zumindest in den sozialen Medien kündigten Anhänger an, dem Team die Gefolgschaft zu kündigen, sollte der Verband nicht angemessen reagieren. Ausgerechnet in einer Phase, in der DFBTeammanager Oliver Bierhoff für ein Wir-Gefühl wirbt, um so die Unterstützung „von 80 Millionen Deutschen“für das Turnier in Russland zu erhalten, war es also ein Bärendienst, dass Özil und Gündogan den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Wahlkampf unterstützt haben. Sportlich wäre es natürlich komplett unsinnig gewesen, auf Özil und Gündogan zu verzichten. Und deswegen tat Bundestrainer Joachim Löw gut daran, sich nicht von einer aktuellen Stimmungslage treiben zu lassen, sondern in seinem Verantwortungsbereich nach rein sportlichen Kriterien zu urteilen. Mit einem einfachen „Sorry, dumm gelaufen“der beiden Protagonisten kann es aber auch nicht getan sein. Emre Can, derzeit verletzt und deshalb nicht nominiert, hat es ja offenbar auch geschafft, eine mündige Entscheidung zu treffen und Erdogan die Ehrerbietung verweigert. Umso wichtiger ist es deshalb, dass sich Özil und Gündogan unmissverständlich zu dem Land bekennen, dessen Adler sie auf der Brust tragen. Es geht nicht darum, zu Kreuze zu kriechen. Es geht nicht darum, sich mit geschliffenen Worten von Marketingstrategen zu erklären. Es wäre schon hilfreich, wenn sich beide der Öffentlichkeit stellen und erzählen, was sie bewegt. Nur so wird es möglich sein, das Thema abzuhaken und den Stimmenfängern am rechten Rand nicht das Feld zu überlassen.