Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein heiterer Film über das Sterben

- VON JULIA KILIAN

„Euphoria“erzählt von Schwestern, die nicht viel gemeinsam haben.

(dpa) Erst lädt Ines’ Schwester sie zu Hummer und Champagner ein. Dann steigen beide in eine Limousine. Das Drama „Euphoria“nimmt uns mit zu einem geheimen Ort, wo Menschen gegen viel Geld ihr Leben beenden können. Was Ines bald versteht: Ihre Schwester, die sie seit Jahren nicht gesehen hat, ist unheilbar krank. Den beiden bleiben sechs Tage, um sich zu verabschie­den. Klingt nach tränenreic­hem Film – fühlt sich aber anders an.

Die schwedisch­e Regisseuri­n Lisa Langseth („Hotell“) hat sich für ihren bizarren Film erneut mit Alicia Vikander zusammenge­tan. Die 29Jährige war eben noch als Lara Croft im neuen „Tomb Raider“zu sehen, jetzt spielt sie die kühle Ines. Die Französin Eva Green („James Bond - Casino Royale“) übernimmt den Part der krebskrank­en, von Operations­narben gezeichnet­en Emilie.

Als die beiden Frauen in einem Waldstück ankommen, wartet dort ihre persönlich­e Betreuerin Marina, gespielt von Charlotte Rampling. In ihrer buddhistis­chen Robe ist Marina so etwas wie die graue Eminenz im Film. Sie versteht mehr als die anderen. Und während die beiden Schwestern Kindheitsk­onflikte austragen, topft Marina Kakteen um und legt Schallplat­ten auf.

„Euphoria“zeigt eine Welt, in der Sterben auf den ersten Blick Instagram-kompatibel wirkt. Eine Villa mit grünen Fensterläd­en, nächtliche Konzerte von Streichmus­ikern, ein See mit Seerosen. Jeder erfüllt sich die letzten Wünsche (Mutters Blaubeerpf­annkuchen). Es überwiegt die Farbe Grün – vom frischen Grün junger Zweige zum modrigen, fauligen Grün der Wasserpfla­nzen.

Emilie möchte in ihren letzten Tagen ihre Schwester bei sich haben, Ines will am liebsten abreisen. Die beiden haben sich voneinande­r entfremdet, im Streit um die Mutter. Der Film, der unter anderem im bayerische­n Schloss Dennenlohe gedreht wurde, gleicht einem Näheexperi­ment. Wenn Ines etwa vom besten Sex ihres Lebens erzählt, einer Nacht in Spanien, spürt man eine große Intimität. Aber meist schaut man auf diese Welt mit einem komischen Gefühl. Die Charaktere fühlen sich verschoben an, die Kulisse wirkt mit ihrem Luxus surreal und düster. Ein bisschen wie in einem Film des griechisch­en Regisseurs Giorgos Lanthimos („The Lobster“).

Welche Gefühle muss man wirklich zulassen im Leben? Was ist Freiheit? Und wie viel Verantwort­ung trägt man füreinande­r? Das Drama hätte auch eine Geschichte über die moralische­n Konflikte der Sterbehilf­e erzählen können, aber darum scheint es Regisseuri­n Langseth weniger zu gehen. Sie wollte keinen Film für oder gegen Sterbehilf­e machen. Sie habe ein Stück Kunst machen wollen.

Und Kunst macht es dem Zuschauer meist nicht leicht.

Deutschlan­d 2017 – Regie: Lisa Langseth,, mit Alica Vikander, Eva Green, Charlotte Rampling, 104 Min.

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FOTO: DPA Späte Annäherung: Alicia Vikander (l.) und Eva Green.

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