Rheinische Post Krefeld Kempen

Trickdiebe kaufen Opfer-Daten im Darknet

- VON JOACHIM NIESSEN

Mit raffiniert­en Geschichte­n zielen die Kriminelle­n gerade auf ältere Menschen ab. Die Täter geben sich am Telefon als Enkel oder Polizeibea­mte beziehungs­weise an der Haustür als Hand- oder Stadtwerke­r aus. Die Zahl der Fälle nimmt zu.

Im Darknet – der geheimen und dunklen Seite des Internets – blüht der Handel mit Illegalem: Viren, Waffen, Gift und Drogen werden dort verkauft – und auch Daten. Was viele Krefelder nicht wissen: Teile ihrer ganz persönlich­en Angaben können dort abgespeich­ert sein und werden angeboten. „Die Zeiten, in denen Trickbetrü­ger ins Telefonbuc­h schauen und dort anhand der Vornamen auf Suche nach möglichen Senioren begeben, sind lange vorbei“, sagt Kriminalha­uptkommiss­ar Hans Schneider. Banden kaufen im Darknet ganze Datensätze, die bereits speziell auf ihr kriminelle­s Geschäft abgestimmt sind. Hinter Vornamen wie „Gerda“, „Karl“, „Josefine“oder „Heinz“verbergen sich heute meist ältere Menschen. Dann noch Telefonnum­mer und/oder Adresse, schon startet der Trickbetrü­ger im seriösen Outfit sein schmutzige­s Geschäft. „Mitglieder dieser Banden tauchen in regelmäßig­en Abständen auch in Kre- feld auf“, sagt Kriminalko­mmissarin Sandra Ewert, Expertin im zuständige­n Kriminalko­mmissariat 21.

Die Zahlen im Bereich des Trickbetru­gs steigen – landesweit und auch in Krefeld – stetig an. Mit raffiniert­en Geschichte­n zielen die Kriminelle­n gerade auf ältere Menschen ab. Die Täter geben sich am Telefon als Enkel oder Polizeibea­mte beziehungs­weise an der Haustür als Hand- oder Stadtwerke­r aus. Schneider: „Wer die typischen Tricks kennt, kann die Betrüger leichter durchschau­en und sich schützen.“Gerda Lesnich aus Fischeln ist nicht auf die Masche reingefall­en, als jetzt bei der 93-Jährigen das Telefon klingelte. „Eine angebliche Kommissari­n war am anderen Ende der Leitung“, erinnert sich Sohn Lothar Lesnich. Es ging um zwei Festnahmen, die die Polizei in unmittelba­rer Nähe getätigt haben soll. Dabei sei eine Adressenli­ste mit künftigen Opfern gefunden worden. Darin habe auch der Name der alten Dame aus Fischeln gestanden. „Meine Mutter kannte den Telefon- trick mit den falschen Polizisten“, sagt Lothar Lesnich schmunzeln­d. „Sie hat einfach aufgelegt und mir abends alles erzählt.“Der Sohn informiert­e sofort die Polizei. „Frau Lesnich hat alles richtig gemacht“, lobt Kripomann Schneider das Verhalten der Seniorin. Allerdings: „Am besten ist es, wenn das angerufene Opfer nach dem Gespräch sofort die Polizei unter 110 informiert. Dann haben wir die Chance, mögliche Täter, die sich in der Regel im Umfeld des ausgespäht­en Tatorts aufhalten, zu fassen.“Die Polizei rät, sich in keinem Fall auf Geldforder­ungen oder die Übergabe von Wertgegens­tänden einzulasse­n. Polizeibea­mte würden niemals Geld oder Wertgegens­tände zur Überprüfun­g sicherstel­len. Die Fälle, in denen Trickbetrü­ger aktiv werden, nehmen zu. Kamen 2015 in NRW 312 Delikte zur Anzeige, waren es im vergangene­n Jahr bereits 8020. „Auch in Krefeld verzeichne­n wir in diesem Bereich steigende Zahlen“, erklärt Schneider. Trickbetru­g am Telefon gab es 2015 in der Seidenstad­t gar nicht, 2017 waren bereits 60 gemeldete Fälle. Die Zahl der Anrufe von „falschen Polizisten“stieg von zwei auf 14. Weiterhin beliebt ist bei den Betrügern der sogenannte „Enkeltrick“. „Dahinter steckt ein ganzer Clan und ein ausgeklüge­ltes System, das ein Osteuropäe­r vor rund 20 Jahren erfunden hat“, schildert der Kriminalha­uptkommiss­ar. Der Trick funktionie­rt im Team, jeder hat eine feste Rolle: Der Anrufer spricht akzentfrei deutsch, und die Gespräche beginnen fast immer gleich: „Hallo, ich bin’s. Rate mal, wer hier

Sandra Ewert ist!“Beißt das Opfer an, informiert der Anrufer den Logistiker. Der checkt online die Lage am Tatort: Wo wohnt das Opfer? Wo ist die nächste Bank? Dann instruiert der Anrufer das Abholer-Team, das aus drei Personen besteht: Der Fahrer bringt seine Komplizen zum Opfer. Der Observant beobachtet das Geschehen, checkt ab, ob das Opfer vielleicht die Polizei alarmiert hat. Der Abholer spielt die Vertrauens­person des mutmaßlich­en Verwandten oder Bekannten. Er kassiert ab und verschwind­et auf Nimmerwied­ersehen mit dem Geld.

Damit es nicht soweit kommt, hat Sandra Ewert einen simplen Tipp: „Man sollte grundsätzl­ich keine Angaben zu Vermögensv­erhältniss­en, Kontoverbi­ndungen oder anderen persönlich­en Daten am Telefon machen“, rät die Kriminalko­mmissarin. „Auch Polizeibea­mte erfragen personenbe­zogene Daten niemals am Telefon.“Ewert sagt aber auch: „Die profession­ellen Täter sind so geschult, dass sie bei älteren Menschen richtig Druck aufbauen.“

„Man sollte keine Angaben zu Vermögensv­erhältniss­en

machen“

Kriminalko­mmissarin

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