Rheinische Post Krefeld Kempen
Trickdiebe kaufen Opfer-Daten im Darknet
Mit raffinierten Geschichten zielen die Kriminellen gerade auf ältere Menschen ab. Die Täter geben sich am Telefon als Enkel oder Polizeibeamte beziehungsweise an der Haustür als Hand- oder Stadtwerker aus. Die Zahl der Fälle nimmt zu.
Im Darknet – der geheimen und dunklen Seite des Internets – blüht der Handel mit Illegalem: Viren, Waffen, Gift und Drogen werden dort verkauft – und auch Daten. Was viele Krefelder nicht wissen: Teile ihrer ganz persönlichen Angaben können dort abgespeichert sein und werden angeboten. „Die Zeiten, in denen Trickbetrüger ins Telefonbuch schauen und dort anhand der Vornamen auf Suche nach möglichen Senioren begeben, sind lange vorbei“, sagt Kriminalhauptkommissar Hans Schneider. Banden kaufen im Darknet ganze Datensätze, die bereits speziell auf ihr kriminelles Geschäft abgestimmt sind. Hinter Vornamen wie „Gerda“, „Karl“, „Josefine“oder „Heinz“verbergen sich heute meist ältere Menschen. Dann noch Telefonnummer und/oder Adresse, schon startet der Trickbetrüger im seriösen Outfit sein schmutziges Geschäft. „Mitglieder dieser Banden tauchen in regelmäßigen Abständen auch in Kre- feld auf“, sagt Kriminalkommissarin Sandra Ewert, Expertin im zuständigen Kriminalkommissariat 21.
Die Zahlen im Bereich des Trickbetrugs steigen – landesweit und auch in Krefeld – stetig an. Mit raffinierten Geschichten zielen die Kriminellen gerade auf ältere Menschen ab. Die Täter geben sich am Telefon als Enkel oder Polizeibeamte beziehungsweise an der Haustür als Hand- oder Stadtwerker aus. Schneider: „Wer die typischen Tricks kennt, kann die Betrüger leichter durchschauen und sich schützen.“Gerda Lesnich aus Fischeln ist nicht auf die Masche reingefallen, als jetzt bei der 93-Jährigen das Telefon klingelte. „Eine angebliche Kommissarin war am anderen Ende der Leitung“, erinnert sich Sohn Lothar Lesnich. Es ging um zwei Festnahmen, die die Polizei in unmittelbarer Nähe getätigt haben soll. Dabei sei eine Adressenliste mit künftigen Opfern gefunden worden. Darin habe auch der Name der alten Dame aus Fischeln gestanden. „Meine Mutter kannte den Telefon- trick mit den falschen Polizisten“, sagt Lothar Lesnich schmunzelnd. „Sie hat einfach aufgelegt und mir abends alles erzählt.“Der Sohn informierte sofort die Polizei. „Frau Lesnich hat alles richtig gemacht“, lobt Kripomann Schneider das Verhalten der Seniorin. Allerdings: „Am besten ist es, wenn das angerufene Opfer nach dem Gespräch sofort die Polizei unter 110 informiert. Dann haben wir die Chance, mögliche Täter, die sich in der Regel im Umfeld des ausgespähten Tatorts aufhalten, zu fassen.“Die Polizei rät, sich in keinem Fall auf Geldforderungen oder die Übergabe von Wertgegenständen einzulassen. Polizeibeamte würden niemals Geld oder Wertgegenstände zur Überprüfung sicherstellen. Die Fälle, in denen Trickbetrüger aktiv werden, nehmen zu. Kamen 2015 in NRW 312 Delikte zur Anzeige, waren es im vergangenen Jahr bereits 8020. „Auch in Krefeld verzeichnen wir in diesem Bereich steigende Zahlen“, erklärt Schneider. Trickbetrug am Telefon gab es 2015 in der Seidenstadt gar nicht, 2017 waren bereits 60 gemeldete Fälle. Die Zahl der Anrufe von „falschen Polizisten“stieg von zwei auf 14. Weiterhin beliebt ist bei den Betrügern der sogenannte „Enkeltrick“. „Dahinter steckt ein ganzer Clan und ein ausgeklügeltes System, das ein Osteuropäer vor rund 20 Jahren erfunden hat“, schildert der Kriminalhauptkommissar. Der Trick funktioniert im Team, jeder hat eine feste Rolle: Der Anrufer spricht akzentfrei deutsch, und die Gespräche beginnen fast immer gleich: „Hallo, ich bin’s. Rate mal, wer hier
Sandra Ewert ist!“Beißt das Opfer an, informiert der Anrufer den Logistiker. Der checkt online die Lage am Tatort: Wo wohnt das Opfer? Wo ist die nächste Bank? Dann instruiert der Anrufer das Abholer-Team, das aus drei Personen besteht: Der Fahrer bringt seine Komplizen zum Opfer. Der Observant beobachtet das Geschehen, checkt ab, ob das Opfer vielleicht die Polizei alarmiert hat. Der Abholer spielt die Vertrauensperson des mutmaßlichen Verwandten oder Bekannten. Er kassiert ab und verschwindet auf Nimmerwiedersehen mit dem Geld.
Damit es nicht soweit kommt, hat Sandra Ewert einen simplen Tipp: „Man sollte grundsätzlich keine Angaben zu Vermögensverhältnissen, Kontoverbindungen oder anderen persönlichen Daten am Telefon machen“, rät die Kriminalkommissarin. „Auch Polizeibeamte erfragen personenbezogene Daten niemals am Telefon.“Ewert sagt aber auch: „Die professionellen Täter sind so geschult, dass sie bei älteren Menschen richtig Druck aufbauen.“
„Man sollte keine Angaben zu Vermögensverhältnissen
machen“
Kriminalkommissarin