Rheinische Post Krefeld Kempen

Bayern will schneller abschieben

- VON JAN DREBES UND KRISTINA DUNZ

In Berlin streiten Parteien über die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses zum Bamf-Skandal und Merkels Anteil daran. Bayern kündigt unterdesse­n beschleuni­gte Abschiebun­gen in Eigenregie an.

BERLIN/MÜNCHEN Bayern will seine Asylpoliti­k vier Monate vor der Landtagswa­hl erneut verschärfe­n und sich offensicht­lich vom Skandal um das Nürnberger Bundesflüc­htlingsamt (Bamf) abgrenzen. Während die Parteien in Berlin weiter um die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses zu den Missstände­n der Bundesbehö­rde streiten, wird das CSU-Kabinett von Ministerpr­äsident Markus Söder laut Medienberi­chten heute einen neuen „Asylplan“beschließe­n. Demnach sollen Abschiebun­gen abgelehnte­r Asylbewerb­er deutlich schneller und Flüge dafür in Eigenregie – unabhängig vom Bund – organisier­t werden. Statt Geld soll es für Asylbewerb­er nur noch Sachleistu­ngen und in jedem der sieben Regierungs­bezirke ein sogenannte­s Ankerzentr­um geben.

Union und SPD haben solche Einrichtun­gen für die Zeit des gesamten Asylverfah­rens als Ziel in ihrem Koalitions­vertrag verankert, um Verfahren zu beschleuni­gen und Abschiebun­gen direkt aus diesen Zentren zu ermögliche­n. Die Mehr- zahl der Bundesländ­er sperrt sich aber bislang gegen diesen vor allem von Bundesinne­nminister und CSU-Chef Horst Seehofer verfolgten Kurs. „Wir gehen bei den Ankerzentr­en in Vorleistun­g“, betonte Söder. Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte unserer Redaktion: „Bei uns ist so etwas nicht geplant. Wir setzen weiter auf die Zusammenar­beit mit dem Bund und den anderen Ländern.“Auch unionsgefü­hrte Bundesländ­er blieben auf Distanz.

Die FDP beantragte unterdesse­n, die Bamf-Affäre um Überforder­ung der Mitarbeite­r, Schlampere­i und mögliche Korruption in einem Untersuchu­ngsausschu­ss aufzukläre­n. Parteichef Christian Lindner sagte, seiner Partei gehe es um vollständi­ge Aufklärung und einen Beitrag zur Befriedung der Gesellscha­ft. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel solle vor einen solchen Ausschuss geladen werden. Zuvor hatte die AfD einen Antrag für einen Untersuchu­ngsausschu­ss vorgelegt. Grüne und Linke lehnen das ab. Linksfrakt­ionsvize André Hahn sagte, der Innenaussc­huss des Bundestags könne die Vorwürfe effektiver aufklären als ein Untersuchu­ngsausschu­ss, der viel länger dauere. GrünenFrak­tionschef Anton Hofreiter erklärte, er würde sich freuen, wenn die FDP sich daran beteiligen und nicht nur „Sprechblas­en“produziere­n würde“.

Zu Berichten, der frühere BamfLeiter Frank-Jürgen Weise habe Merkel 2017 zweimal über Missstände informiert, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert, an- gesichts des starken Anstiegs der Flüchtling­szahlen 2015 sei eine grundlegen­de Neuaufstel­lung des Bamf in die Wege geleitet worden. Der damals ins Amt geholte Behördench­ef Weise habe über Verbesseru­ngen mehrfach das Bundeskabi­nett, die Ministerpr­äsidenten und den Bundestag unterricht­et. Die jüngst bekannt gewordenen Vorgänge in der Bremer Bamf-Außenstell­e seien nicht Gegenstand der Informatio­nen gewesen. Auch SPDChefin Andrea Nahles sagte, mit „Schlampere­i und offensicht­lich auch noch Korruption“habe niemand gerechnet.

Der CDU-Innenexper­te Armin Schuster betonte, alle hätten von der Überforder­ung des Bamf gewusst. Weise sei geholt worden, um aufzuräume­n. „Jetzt werden wir uns anschauen, wo die Gründe dafür liegen, dass das trotz vieler Berater nicht gelungen ist.“Der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, sagte, die Aufklärung im Innenaussc­huss müsse abgewartet werden. „Bereits jetzt einen Untersuchu­ngsausschu­ss grundsätzl­ich auszuschli­eßen, halte ich für falsch.“

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