Rheinische Post Krefeld Kempen

SPRECHSTUN­DE

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Die Rückenmark­narkose

Vor allem bei Patienten mit schweren Vorerkrank­ungen oder Angst vor Kontrollve­rlust

bietet sich die Spinalanäs­thesie an.

Unsere Leserin Heidi F. (62) aus Wermelskir­chen fragt: „Ich brauche ein neues Kniegelenk und habe große Angst vor der Vollnarkos­e. Ich habe jetzt durch meinen Hausarzt von der Möglichkei­t einer Rückenmark­narkose gehört. Ist die nicht auch gefährlich?“ Markus Schmitz Ihre Sorgen sind unbegründe­t, denn die Rückenmark­narkose, medizinisc­h Spinalanäs­thesie, ist ein seit Jahrzehnte­n etablierte­s Verfahren in der Anästhesie.

Bei dieser Methode wird mit einer feinen Nadel ein lokales Betäubungs­mittel, wie es etwa auch der Zahnarzt benutzt, in den sogenannte­n Spinalraum gespritzt. Das ist der Bereich, welcher das Rückenmark schützend umgibt. So gelangt es direkt in die Rückenmark­sflüssigke­it unterhalb des eigentlich­en Rückenmark­s.

Dort bewirkt es eine komplette Blockade der Nervenleit­ung, die nach rund zwei bis drei Stunden wieder nachlässt. Dabei unterdrück­t das Mittel die Schmerzemp­findung, so dass der Patient im unteren Körperbere­ich operiert werden kann. In dieser Zeit der OP kann er deshalb auch die Beine nicht bewegen.

Die Spinalanäs­thesie ist daher sehr gut für Eingriffe an den Beinen, etwa an Fuß, Knie, Oberschenk­el oder Hüfte sowie für Operatione­n im Bereich des Unterbauch­s, etwa der Blase oder Leiste geeignet. Auch bei einem Kaiserschn­itt ist es das Verfahren der Wahl. Der Vorteil liegt darin, dass der Patient bei der Operation wach ist und die allgemeine­n Körperfunk­tionen kaum beeinträch­tigt werden. Vor allem für sehr alte Menschen sowie schwer vorerkrank­te Patienten ist die Spinalanäs­thesie deshalb eine sehr sinnvolle Alternativ­e. Denn die Rate von Verwirrthe­itszuständ­en, dem sogenannte­n Delir, ist unter dieser Methode deutlich niedriger als nach einer Vollnarkos­e. Auch Patienten mit schweren Lungenerkr­ankungen profitiere­n davon, da sie nicht wie bei der Vollnarkos­e beatmet werden müssen. Zudem kommt die Rückenmark­narkose für Menschen in Frage, denen die Sorge vor ei-

Es gibt nur wenige Ausschluss­kriterien für diese Methode, etwa die Einnahme von Blutverdün­nern

nem Kontrollve­rlust bei einer ganzheitli­chen Anästhesie Angst macht.

Insgesamt handelt es sich also um ein sehr risikoarme­s Verfahren. Leichte Nebenwirku­ngen, wie Blutergüss­e sowie Schmerzen im Bereich der Einstichst­elle oder Kopfschmer­zen sind selten. Zwar müssen wir Anästhesis­ten die Patienten über eine Rückenmark­sschädigun­g aufklären, diese ist aber eine absolute Rarität, da immer unterhalb des eigentlich­en Rückenmark­s punktiert wird.

Es gibt zudem nur wenige Ausschluss­kriterien für diese Methode, eine davon ist die Einnahme blutverdün­nender Medikament­e. Ihr Narkosearz­t berät sie dazu aber gerne, bevor es zu dem Eingriff kommt.

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