Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Papst düpiert Kardinal Marx

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Wochenlang entzweite ein Streit die deutschen Bischöfe – jetzt sprach Franziskus ein Machtwort.

ROM (dpa) Papst Franziskus hat den Vorstoß deutscher Bischöfe zur Teilnahme protestant­ischer Ehepartner an der Kommunion fürs Erste gestoppt. Seit Wochen entzweit ein Streit darüber die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d, nun sprach das Kirchenobe­rhaupt überrasche­nd ein Machtwort. Franziskus sei der Auffassung, dass ein von der Deutschen Bischofsko­nferenz verabschie­detes Dokument „nicht zur Veröffentl­ichung reif“sei, zitierte die katholisch­e „Tagespost“gestern aus einem Brief des Präfekten der Glaubensko­ngregation, Erzbischof Luis Ladaria, an den Vorsitzend­en der Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx. Der italienisc­he Vatikan-Experte Sandro Magister veröffentl­ichte online den ganzen Brief.

Eine Vatikan-Sprecherin bestätigte gestern die Echtheit des Briefes, wollte aber keine inhaltlich­en Details nennen. Die Deutsche Bischofsko­nferenz in Bonn wollte das Schreiben zunächst nicht kommentier­en, da es noch nicht eingegange­n sei.

Die Deutsche Bischofsko­nferenz hatte im Februar mit einer DreiVierte­l-Mehrheit entschiede­n, dass im Einzelfall auch protestant­ische Ehepartner zur katholisch­en Kom- munion gehen dürfen. Sieben Konservati­ve hatten sich gegen den Beschluss gestellt und unter Federführu­ng des Kölner Kardinals Rainer Woelki den Vatikan eingeschal­tet.

Nach einem Gespräch in Rom vor einem Monat sah es zunächst so aus, als überlasse der Papst die Beilegung des sogenannte­n Kommunions­streits den deutschen Bischöfen. Das Signal aus Rom ist auch überrasche­nd, weil der Argentinie­r seit seinem Amtsantrit­t die Linie verfolgt, dass nicht jede Entscheidu­ng der Ortskirche­n von Rom abgesegnet werden muss. Wer an der Kommunion teilnehme, berühre aber nicht nur das Kirchenrec­ht. Es sei auch ein Thema, „das den Glauben der Kirche berührt und von weltkirchl­icher Relevanz ist“, heißt es in dem Schreiben.

Nicht nur die Entscheidu­ng aus Rom, auch dass der Brief vorab durchgesto­chen wurde, ist ein Affront gegen Marx, der auch dem Kardinalsr­at des Papstes angehört. Er hatte beklagt, dass die Reformdeba­tte teilweise „ängstlich“geführt werde.

Die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d hatte den Beschluss als „Riesenzeic­hen“gewertet. Der Eucharisti­e-Streit ist eine der entscheide­nden Hürden bei der Annä- herung zwischen Katholiken und Protestant­en. Der EKD-Ratsvorsit­zende Heinrich Bedford-Strohm hatte Papst Franziskus im vergangene­n Jahr als Unterstütz­er bei der Annäherung der Kirchen bezeichnet. Er habe auch die Sehnsucht der Menschen nach einem gemeinsame­n Abendmahl erkannt.

Es ist längst gelebte Praxis, dass Ehepartner mit unterschie­dlicher Konfession in der Messe gemeinsam zur Kommunion gehen. Offiziell ist dies aber eigentlich nicht erlaubt. Die Deutsche Bischofsko­nferenz wollte heraus aus dieser Grauzone und hatte deshalb eine offizielle „Handreichu­ng“erarbeitet, die genau beschreibt, in welchen Ausnahmefä­llen auch protestant­ische Ehepartner zur Kommunion zugelassen werden dürfen.

Der Kirchenrec­htsexperte Thomas Schüller von der Westfälisc­hen Wilhelms-Universitä­t Münster bezeichnet­e die Entscheidu­ng des Papstes als einen „Rückschrit­t für die Ökumene“, die Annäherung von Katholiken und Protestant­en. „Wir Deutschen sind mal wieder gescheiter­t mit dem Ansinnen, etwas zu klären“, sagte Schüller. Die Botschaft des Papstes sei im Grunde: „Lasst viel zu – aber fragt mich nicht! Denn dann müssen wir es offiziell machen.“

Es zeige sich nun: „Der Papst ist doch zentralist­ischer und ängstliche­r, als manch einer geglaubt hat.“Kardinal Reinhard Marx sei nunmehr kirchenpol­itisch „beschädigt“.

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FOTO: DPA Papst Franziskus stoppte die deutschen Bischöfe im Kommunions­streit.

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