Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Bär liegt unter der Nähmaschine
Nicht nur die Proben bei den Schlossfestspielen Neersen laufen auf Hochtouren. 64 Prozent der Karten sind bereits verkauft.
NEERSEN „Der Vorverkauf ist sehr gut angelaufen“, sagt Doris Thiel knapp zwei Wochen vor dem Beginn der Neersener Schlossfestspiele. Die Geschäftsführerin der Festspiele kann auf einen besser angenommenen Vorverkauf als im vergangenen Jahr blicken. Bislang sind 18.880 Karten verkauft und reserviert, was einer Auslastung von 64 Prozent entspricht. Das „Dschungelbuch“, das am 17. Juni seine Premiere feiert, hat sogar eine aktuelle Auslastung von 82 Prozent. Das Stück „Charlys Tante“folgt mit 64 Prozent. „Für beide Premieren gibt es jeweils gerade noch zehn Karten“, informiert Thiel. Ruhiger ist hingegen der Vorverkauf von „Im weißen Rössl“gestartet, was aber den Hintergrund hat, dass die Premiere erst am 28. Juli stattfindet. Hier sind derzeit 25 Prozent der Karten verkauft. Bei den Gastspielen Extras sind bereits sieben der insgesamt zwölf Veranstaltungen ausverkauft.
Während der Vorverkauf schon im Dezember vergangenen Jahres begonnen hat, laufen die Proben seit dem 9. Mai. Doch nicht nur auf der Bühne ist die Arbeit angelaufen. Hinter den Kulissen ist ein ganzes Team damit beschäftigt, das jeweilige Bühnenszenario zu realisieren und die Schauspieler mit Perücken, Schminke und Bekleidung in die entsprechenden Personen oder Tiere zu verwandeln. Eveline Kemnitz stellt gerade den Elefantenkopf für das „Dschungelbuch“her. „Die Ohren muss ich gleich noch freischneiden. Durch den Nesselstoff, die Aufpolsterung mit der synthetischen Watte, damit es eine schöne Kopfform gibt, und den Stoff sind alle Geräusche gedämpft. Daher erhalten die Ohrenpartien einen Netzstoff“, erklärt Kemnitz, die an der Nähmaschine sitzt.
Aber nicht nur bei ihr rattert die Nähmaschine im Schloss Neersen. Carolyn Winkels ist mit dem Rock von Charlys Tante beschäftigt. „Er muss ein wenig weiter gemacht werden, damit er optimal sitzt“, verrät sie. Plüschstoffe machen derweil bei Renate Dennes die Runde. Unter ihren Händen entstehen an der Nähmaschine die Handschuhe für die verschiedenen Tierrollen. Wolf, Tiger und Hyäne sind bereits fertigt. Der Bär liegt unter der Maschine. Die zweite Etage des rechten Schlossflügels hat sich in Näherei, Maske und Garderobe verwandelt. An langen Kleiderstangen, mit dem Namen des jeweiligen Stückes versehen, hängen die Kostüme dicht an dicht. Dirndl beim „Weißen Rössl“, eher Klassisch-Konservatives bei „Charlys Tante“und viel Fell gibt es bei der „Dschungelbuch“-Kleiderstange zu sehen. An den Seiten stapeln sich Klarsichtboxen. Die Inhalte reichen von Reißverschlüssen über Vliesband bis hin zu Knöpfen und Gummibändern. In anderen Kisten sind es hingen Gamaschen, Strapse, Taschentücher und TShirts. Wobei jede einzelne Box fein säuberlich beschriftet ist.
Um eine Schneiderpuppe rankt sich das Kostüm der Schlange Kaa. Am Zuschneidetisch hantiert Elena Kolb mit Schneiderwinkel und Bleistift. Der Zuschnitt für das Kostüm des Colonels erfolgt gerade. Wie es fertig aussehen soll, zeigt eine Zeichnung. Durch die offen stehenden Fenster schallt die Stimme von Tontechniker Thorsten Tümp. Die Toneinstellung für die Mikroports, die erstmalig beim „Weißen Rössl“benötigt werden, da live gesungen wird, erfolgt. Überall herrscht ein reges Treiben. Lediglich in der Maske ist es an diesem Morgen noch ruhig. Puderquasten, Schminkpinsel und Co. liegen unberührt vor den großen, beleuchteten Spiegel. Wobei die gesamten Schminkutensi- lien aufgrund des Wetters im Kühlschrank liegen.
Nur Nina Reuscher ist mit dem Knüpfen einer Perücke beschäftigt. Jedes einzelne Haar wird mit Häkelnadeln eingeknüpft. Eine arbeitsintensive Aufgabe. Auf einer Styropor- platte pappen indes die verschiedenen Bärte, ebenfalls allesamt in Handarbeit entstanden.
Im kleinen Innenhofmodel des Schlosses, das hinter der Garderobe steht, ist das Bühnenbild von „Charlys Tante“aufgebaut, wobei in diesem Fall der große Teepavillon auch schon auf der wirklichen Bühne zu sehen ist. Gartenbank, Teewagen, Tische und Stühle fehlen auf der großen Bühne aber noch, wenngleich dort gerade die Probe für das Theaterstück beginnt. Die gesamten weiteren Requisiten stapeln sich nämlich noch im Schlosskeller und in der Requisitenwerkstatt im Stahlwerk Becker.