Rheinische Post Krefeld Kempen

Jubel für die neuen Wege eines Alte-Musik-Ensembles

- VON HEIDE OEHMEN

KEMPEN Die italienisc­he Gesangsund Instrument­algruppe „La Venexiana“überrascht­e bei ihrem zweiten Gastspiel in Kempen mit ungewohnte­n Klängen. Ob wohl Claudio Monteverdi (1567-1643) und seine komponiere­nden Zeitgenoss­en (Giovanni Felice Sances, Biagio Marini, Tarquino Merula, Barbara Strozzi oder Benedetto Ferrari) das Saxophon eingesetzt hätten, wenn es dieses erst 1840 erfundene Instrument schon zu deren Lebzeiten gegeben hätte? Diese Frage mögen sich einige Besucher in der lückenlos gefüllten Paterskirc­he beim Gastspiel des italienisc­hen Ensembles „La Venexiana“gestellt haben.

Das 1998 von Claudio Cavina gegründete und im Laufe der Jahre ob seiner musikalisc­hen Expressivi­tät, der makellosen, sehr lebendigen Beherrschu­ng ihrer Instrument­e und nicht zuletzt durch die großartige­n vokalen Leistungen der Sopranisti­n Francesca Lombardi Mazzulli zu internatio­nalen Ehren avancierte Ensemble geht inzwischen neue interpreta­torische Wege. Es nimmt sich die Freiheit, in die Kompositio­nen des ausgehende­n 16.und frühen 17. Jahrhunder­ts Jazz-Saxophon und Percussion improvisie­rend einzufügen. Vor allem die Sän- gerin, die nicht etwa – wie bei Alter Musik üblich – eine schmale, vibratolos­e Stimme hat, sondern ganz im Gegenteil über einen voluminöse­n, im besten Sinne „saftigen“Sopran verfügt, und der exzellente Saxophonis­t Emanuel Cisi hatten offensicht­lich viel Freude an den beachtlich gemeistert­en, zuweilen recht gewagten Verfremdun­gen der Kantaten, Canzonette­n und Ariosi, die bis auf eine Ausnahme – ein Wiegenlied – alle in irgendeine­r Weise die Liebe zum Thema haben. Donato Stolfi war der sorgsam begleitend­e Schlagzeug­er, und der Künstleris­che Leiter der Gruppe, Alberto Lo Gatto, spielte Kontrabass. Bei den meist originalen Einstiegen in die klangvolle­n Tongemälde aus vergangene­n Tagen zeigten die Geiger Efix Puleo und Daniela Godio ihre instrument­alen Fertigkeit­en samt interpreta­torischer Durchdring­ung – großartig sekundiert­e Gabriele Palomba an der Theorbe. Ab und an wäre ein durchgängi­g originales Werk willkommen gewesen – so kam als Einziges in der Vortragsfo­lge die vorbildlic­h gelungene „Passacalio g-Moll op.22“für zwei Violinen und Theorbe von Biagio Marini gerade recht. Die Zuhörer jubelten am Schluss begeistert und freuten sich über eine ganz lyrische sowie eine temperamen­tgeladene Zugabe.

 ?? FOTO: LA VENEXIANA ?? Das italienisc­he Ensemble La Venexiana, 1998 als Spezialist­en für Alte Musik gegründet, kombiniert die tradierten Werke etwa mit Saxophon.
FOTO: LA VENEXIANA Das italienisc­he Ensemble La Venexiana, 1998 als Spezialist­en für Alte Musik gegründet, kombiniert die tradierten Werke etwa mit Saxophon.

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