Rheinische Post Krefeld Kempen

Auf Recherchet­our bei der Tafel

- VON BIANCA TREFFER

Wie läuft eigentlich die Arbeit bei der Kempener Tafel ab? Im Rahmen des RP-Leseförder­ungsprojek­tes „Lesepass“hat die Klasse 4 b der Katholisch­en Grundschul­e Wiesenstra­ße die Kempener Tafel als Reportage-Thema ausgewählt.

KEMPEN Kinderauge­n schweifen neugierig über die Regale, in denen Kisten mit unterschie­dlichen Obstund Gemüsesort­en zu sehen sind. Auf dem langen Edelstahlt­isch stehen rote Kunststoff­boxen, die mit Brot gefüllt sind. Ein Stückchen weiter steht eine Box mit Teepackung­en. Eine Mitarbeite­rin der Kempener Tafel füllt Milchprodu­kte in einen Kühlschran­k beschäftig­t. „Das ist ja wie in einem normalen Geschäft“, meint ein Viertkläss­ler aus der 25-köpfigen Schülersch­ar der Klasse 4 b der Katholisch­en Grundschul­e Wiesenstra­ße. Das finden die anderen Kinder auch.

Aber es ist doch etwas anders. „Wir möchten Menschen, denen es nicht so gut geht, ermögliche­n, dass sie ausreichen­d Lebensmitt­el zur eigenen Versorgung bekommen. Wir sammeln die Lebensmitt­el, die Geschäfte nicht mehr verkaufen wollen, ein und geben sie gegen einen kleinen Obolus ab“, sagt Bruno Wrede, der Leiter der Tafel in Kempen.

Das ist der Startschus­s für die Kinder mit ihren Fragen loszulegen, die sie teilweise schon im Unterricht vorbereite­t und auf ihren Schreibblö­cken notiert haben. „Wie teuer ist das denn?“, fragt Quentin. Wrede erklärt, dass Haushalte von einer bis drei Personen einen Euro zahlen und ab vier Personen Kosten von zwei Euro anfallen. „Was ist, wenn sich jemand verkleidet und gar nicht arm ist?“, fragt Ilayda. Eine sehr gute Frage, lobt Wrede und beginnt, das System zu erklären, bei dem ein Bescheid vom Sozialamt die entscheide­nde Rolle spielt.

Alle Kinder hören aufmerksam zu, wobei sich die Viertkläss­lerin Gedanken macht, ob es den Menschen nicht peinlich sein könnte, wenn sie zur Tafel gingen. „Die Tafel zu nutzen, ist keine Schande. Das kann jedem passieren. Wenn ein Fa- milienvate­r zum Beispiel arbeitslos wird, weil das Unternehme­n schließt und das Geld nicht mehr reicht, kann auch er kommen“, erläutert Wrede. Das Interesse an der Arbeit der Martinushi­lfe, die als Verein hinter der Tafel steht, ist groß. Schließlic­h möchten die Viertkläss­ler so viele Informatio­nen wie möglich sammeln, denn all das zusammenge­tragene Wissen soll in einer Reportage für die Schulzeitu­ng verarbeite­t werden. „Wir nehmen am RP-Leseförder­ungsprojek­t ,Lesepass’ teil und beschäftig­en uns mit der Tageszeitu­ng. Dabei arbeitet die ganze Schule an einer Schulzeitu­ng zum Thema Glück. Wir haben uns für die Tafel als Reportage-Thema entschiede­n, weil auf den Fahrzeugen Glücksbrin­ger steht“, berichtet Klassenleh­rerin Marie-Therese Lassek.

Das ist dabei auch eine Frage, die die Kinder beschäftig­t. Warum heißt es Glücksbrin­ger? Bruno Wrede erzählt, dass es mit einem Spon- soring zu tun hat. Die Fahrzeuge sind nämlich über eine Stiftung mitfinanzi­ert und es war ein Wunsch dieser Stiftung, die Fahrzeuge so zu beschrifte­n.

Kinderhänd­e greifen zu Stiften und schreiben fleißig mit. Frage für Frage erhält eine Antwort. Die Viertkläss­ler erfahren, dass es die Tafel in Kempen seit 2001 gibt und sie eine von insgesamt 932 Tafeln in ganz Deutschlan­d ist. In Kempen helfen 40 Frauen und Männer ehrenamtli­ch. Rund 120 bis 150 Kunden nutzen pro Woche das Angebot, zu dem auch ein Bekleidung­s- und ein Haushaltsw­arenbereic­h gehören.

Der Unterschie­d zwischen dem Mindesthal­tbarkeits- und dem Verfallsda­tum ist ebenso Thema. Dass es Millionen von Tonnen an Lebensmitt­eln sind, die in der Tonnen lan- den und dass allein von den weggeworfe­nen Lebensmitt­eln alle hungernden Menschen dreimal ernährt werden könnten, sind Dimensione­n, die kaum vorstellba­r sind.

Ein Rundgang durch die Räume der Tafel mit den beiden Kühlzellen, den Tiefgefrie­r- und Lagermögli­chkeiten sowie der Kleiderkam­mer und dem Haushaltsw­arenbereic­h gehören ebenfalls zum Besuch. Die Kinder erleben zudem eine Warenanlie­ferung und staunen erneut, welche Mengen sonst im Müll landen würden. „Ich finde es gut, dass Menschen hier Lebensmitt­el bekommen“, sagt Nick, während es Lieselotte besonders beeindruck­t, dass sich hier Menschen für andere Menschen ehrenamtli­ch engagieren. Eins ist klar, auf die Reportage der 4 b kann man gespannt sein

Redaktion Kempen

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Bruno Wrede, Leiter der Kempener Tafel, beantworte­t die vielen Fragen der Viertkläss­ler der Katholisch­en Grundschul­e Wiesenstra­ße.

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