Rheinische Post Krefeld Kempen
Das Polizeigesetz muss nachgebessert werden
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte ein Polizeigesetz mit Augenmaß versprochen. Eine Experten-Anhörung im Landtag hat gezeigt, dass ihm dies bisher nicht gelungen ist. Zwar ist das Gesetz moderater ausgefallen als in Bayern. Für verfassungskonform halten es aber sehr viele Experten nicht. Vor allem der neu eingeführte Begriff der „drohenden Gefahr“ist bisher so schwammig formuliert, dass nicht zu rechtfertigen wäre, auf dieser Grundlage Personen präventiv in Gewahrsam zu nehmen. Damit nicht genug: Die Polizei soll verdächtige Personen künftig nicht mehr nur 48 Stunden, sondern bis zu vier Wochen festsetzen können, wenn Gefahr droht. Auch das halten viele Experten wegen Unverhältnismäßigkeit für verfassungswidrig. Die Landesregierung muss das Polizeigesetz dringend nachbessern.
Wenn der Staat die Freiheitsrechte der Bürger einschränken will, braucht er sehr gute Gründe. Stark wachsende Alltagskriminalität könnte einer sein; die Statistik sagt aber das Gegenteil. Bleibt die Terrorgefahr. Diese unzweifelhafte Bedrohung darf jedoch nicht dazu führen, dass unbescholtene Bürger durch übertriebene Kontrollen zunehmend in Verdacht geraten. Dann hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht. BERICHT LANDESREGIERUNG WILL POLIZEIGESETZ . . ., TITELSEITE
Migration ohne Frieden
Der Kompromiss zwischen Union und SPD zum Familiennachzug ist endlich im Bundestag angekommen. Der AfD geht er zu weit, Grünen und Linken nicht weit genug, und für die FDP lässt sich Humanität nicht quotieren. Gewöhnlich spricht eine solche vielschichtig-widersprüchliche Kritik dafür, dass es sich um eine Lösung mit Befriedungs-Potenzial handelt. Hier nicht.
In der Migrationspolitik hat die Union beim Familiennachzug nachgegeben, um die Ankerzentren von der SPD zu bekommen. Das ist längst einkassiert. Uneinigkeit ist aber schlecht in einer Situation, in der die Dimensionen des viel umfangreicheren Familiennachzugs zu dauerhaft Bleibeberechtigten noch nicht absehbar ist und die Nerven der Koalitionspartner angesichts anstehender Wahlen und Umfragen im Dauertief blank liegen. Zudem haben sich die Ansprüche an die Migrationspolitik längst verlagert. Auf der Suche nach dringend nötigen Arbeitnehmern erhöhen Firmen den Druck auf den Innenminister, die Fachkräfte-Zuwanderung zu verbessern. Doch der hat zu viele andere Baustellen. BERICHT PLÄNE FÜR FAMILIENNACHZUG SIND . . ., TITELSEITE
Das Buch ist nicht tot
Wir sind also nicht mehr die Mehrheit hierzulande und werden es auch nie mehr werden: wir Käufer von Büchern. In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl um mehr als 6,4 Millionen zurückgegangen, wie überhaupt das Interesse an Büchern stetig nachlässt. Eine Branche im Dauertief, und das trotz der Megaseller von Frank Schätzing, Donna Leon, Maja Lunde usw. Wahrscheinlich würde nicht einmal Harry Potter mehr eine Wende herbeizaubern können, weil das nachlassende Interesse eben keine Momentaufnahme ist, sondern eine Zeiterscheinung. In der sogenannten digitalen Multitasking-Gesellschaft fehlt es immer mehr an Ruhe, Geduld und Langsamkeit, was man früher Muße nannte. Die neue Studie dazu ist ein Abbild solcher Unruhe. Es wird künftig weniger Buchhandlungen geben und weniger Verlage, die Diskussionen über Neuerscheinungen werden leiser sein. Dennoch: In Deutschland erscheinen jedes Jahr 70.000 neue Titel, und die Buchpreisbindung ist ein Segen für die Vielfalt. Das Buch ist nicht tot. Und wer liest, weiß, warum. Selbst schuld, wer’s unterlässt. BERICHT