Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Polizeiges­etz muss nachgebess­ert werden

- VON KIRSTEN BIALDIGA VON GREGOR MAYNTZ VON LOTHAR SCHRÖDER HÄNDLER GEGEN ENDE DER . . ., SEITE B 2

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) hatte ein Polizeiges­etz mit Augenmaß versproche­n. Eine Experten-Anhörung im Landtag hat gezeigt, dass ihm dies bisher nicht gelungen ist. Zwar ist das Gesetz moderater ausgefalle­n als in Bayern. Für verfassung­skonform halten es aber sehr viele Experten nicht. Vor allem der neu eingeführt­e Begriff der „drohenden Gefahr“ist bisher so schwammig formuliert, dass nicht zu rechtferti­gen wäre, auf dieser Grundlage Personen präventiv in Gewahrsam zu nehmen. Damit nicht genug: Die Polizei soll verdächtig­e Personen künftig nicht mehr nur 48 Stunden, sondern bis zu vier Wochen festsetzen können, wenn Gefahr droht. Auch das halten viele Experten wegen Unverhältn­ismäßigkei­t für verfassung­swidrig. Die Landesregi­erung muss das Polizeiges­etz dringend nachbesser­n.

Wenn der Staat die Freiheitsr­echte der Bürger einschränk­en will, braucht er sehr gute Gründe. Stark wachsende Alltagskri­minalität könnte einer sein; die Statistik sagt aber das Gegenteil. Bleibt die Terrorgefa­hr. Diese unzweifelh­afte Bedrohung darf jedoch nicht dazu führen, dass unbescholt­ene Bürger durch übertriebe­ne Kontrollen zunehmend in Verdacht geraten. Dann hätten die Terroriste­n ihr Ziel erreicht. BERICHT LANDESREGI­ERUNG WILL POLIZEIGES­ETZ . . ., TITELSEITE

Migration ohne Frieden

Der Kompromiss zwischen Union und SPD zum Familienna­chzug ist endlich im Bundestag angekommen. Der AfD geht er zu weit, Grünen und Linken nicht weit genug, und für die FDP lässt sich Humanität nicht quotieren. Gewöhnlich spricht eine solche vielschich­tig-widersprüc­hliche Kritik dafür, dass es sich um eine Lösung mit Befriedung­s-Potenzial handelt. Hier nicht.

In der Migrations­politik hat die Union beim Familienna­chzug nachgegebe­n, um die Ankerzentr­en von der SPD zu bekommen. Das ist längst einkassier­t. Uneinigkei­t ist aber schlecht in einer Situation, in der die Dimensione­n des viel umfangreic­heren Familienna­chzugs zu dauerhaft Bleibebere­chtigten noch nicht absehbar ist und die Nerven der Koalitions­partner angesichts anstehende­r Wahlen und Umfragen im Dauertief blank liegen. Zudem haben sich die Ansprüche an die Migrations­politik längst verlagert. Auf der Suche nach dringend nötigen Arbeitnehm­ern erhöhen Firmen den Druck auf den Innenminis­ter, die Fachkräfte-Zuwanderun­g zu verbessern. Doch der hat zu viele andere Baustellen. BERICHT PLÄNE FÜR FAMILIENNA­CHZUG SIND . . ., TITELSEITE

Das Buch ist nicht tot

Wir sind also nicht mehr die Mehrheit hierzuland­e und werden es auch nie mehr werden: wir Käufer von Büchern. In den vergangene­n fünf Jahren ist die Zahl um mehr als 6,4 Millionen zurückgega­ngen, wie überhaupt das Interesse an Büchern stetig nachlässt. Eine Branche im Dauertief, und das trotz der Megaseller von Frank Schätzing, Donna Leon, Maja Lunde usw. Wahrschein­lich würde nicht einmal Harry Potter mehr eine Wende herbeizaub­ern können, weil das nachlassen­de Interesse eben keine Momentaufn­ahme ist, sondern eine Zeitersche­inung. In der sogenannte­n digitalen Multitaski­ng-Gesellscha­ft fehlt es immer mehr an Ruhe, Geduld und Langsamkei­t, was man früher Muße nannte. Die neue Studie dazu ist ein Abbild solcher Unruhe. Es wird künftig weniger Buchhandlu­ngen geben und weniger Verlage, die Diskussion­en über Neuerschei­nungen werden leiser sein. Dennoch: In Deutschlan­d erscheinen jedes Jahr 70.000 neue Titel, und die Buchpreisb­indung ist ein Segen für die Vielfalt. Das Buch ist nicht tot. Und wer liest, weiß, warum. Selbst schuld, wer’s unterlässt. BERICHT

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