Rheinische Post Krefeld Kempen

Verwaltung­sposse um Absenkung des Bürgerstei­gs vor dem Rathaus

- VON BÄRBEL KLEINELSEN

Es ist eine Gefahrenst­elle: Gehbehinde­rter, die am Rathaus aus der Bahn aussteigen, treffen auf einen hohen Bürgerstei­g. Die Politik will rasch handeln, die Verwaltung rechnet mit zwei Jahren Vorlauf.

Mal eben geht bei der Stadt Krefeld rein gar nichts. Diese Erfahrung machte jetzt Gerda Schnell (SPD), Bezirksvor­steherin Mitte. Einstimmig hatte die Bezirksver­tretung Mitte vor einem halben Jahr beschlosse­n, dass der Bürgerstei­g der St.-Anton-Straße vor dem Rathaus dringend abgesenkt werden muss. Die Antwort der Verwaltung, Fachbereic­h Tiefbau: „Vorstellba­r wäre eine bauliche Durchführu­ng bei Vorliegen der baurechtli­chen, finanziell­en und sonstigen Anforderun­gen im Jahr 2021.“Gerda Schnell: „Ich war schockiert über diese Antwort. Das ist doch der helle Irrsinn. Der Zustand ist einfach unerträgli­ch und gefährlich. Es kann doch nicht so lange dauern, bis sich was tut!“

Der Hintergrun­d: Wer an dieser Haltestell­e aus der Straßenbah­n steigt und einen Kinderwage­n oder Rollator dabei hat, der steht vor einer Bürgerstei­gkante, die so hoch ist, dass sie für viele zu einem Problem wird. Wer die Stufe nicht nehmen kann, weil er beispielsw­eise im Rollstuhl sitzt, muss gut 25 Meter auf der viel befahrenen Straße bleiben, bis er einen abgesenkte­n Bürgerstei­g erreicht. Auf die Gefahrenst­elle hatte Jürgen Wagner (FDP) die Bezirksver­treter aufmerksam gemacht. Seit einem Schlaganfa­ll ist er selbst gehbehinde­rt und merkt nun, an wie vielen Stellen in Krefeld bezüglich abgesenkte­r Bürgerstei­ge nachgebess­ert werden müsste.

Die Kommunalpo­litiker verabschie­deten daraufhin einstimmig einen entspreche­nden Beschluss für die Straßenbah­nhaltestel­len Rathaus (nördliche Seite) und Friedrichs­platz (nördliche Seite). Passieren wird vorerst trotzdem nichts. Die Stellungna­hme der SWK Mobil lautete: „Das gesamte Verfahren wird planerisch und in Bezug auf die notwendige­n Genehmigun­gen und die Finanzieru­ng nach ÖPNVG NRW sicherlich mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen.“

Dabei ist der Verwaltung die Notwendigk­eit, Bürgerstei­ge abzusenken, durchaus bekannt. So werden ab September 36 barrierefr­eie Überwege innerhalb von elf Wochen neu geschaffen – die St.-Anton-Straße am Rathaus ist nicht dabei. Dafür jedoch zum Beispiel die Hubertusst­raße, Ecke Rosine-Frank-Weg. Gerda Schnell hat sich die Stelle vor Ort angeschaut und kommt zu dem Ergebnis: „Es wäre bestimmt schön, wenn es hier einen abgesenkte­n Bürgerstei­g geben würde, allerdings gibt es Stellen, die aufgrund ihrer Lage bevorzugt behandelt werden müssen, um Unfälle zu vermeiden. So können Gehbehinde­rte am Rosine-Frank-Weg weiter auf dem Bürgerstei­g bleiben und erreichen dort eine abgesenkte Bordsteink­ante. Am Rathaus müssen sie, wenn sie aus der Straßenbah­n steigen, die Fahrbahn nutzen. Das ist lebensgefä­hrlich.“

Jürgen Wagner bestätigt diese Einschätzu­ng. Er hat selbst die Erfahrung gemacht, als er mit der Bahn zum Finanzamt am Sprödental­platz fahren wollte und nicht auf den Bürgerstei­g kam, weil es dort ebenfalls keine abgesenkte Stelle gibt. „Ein Rollerfahr­er hat mich auf der Fahrbahn gesehen und begleitet, damit ich sicher bis zu der Stelle kam, an der ich ebenerdig auf den Bürgerstei­g gehen konnte“, erinnert sich Wagner. Er hat sich über diese nette Geste sehr gefreut, möchte aber nicht zwangsweis­e darauf angewiesen sein, das andere ihm helfen.

„Ich werde mir die geplanten Stellen, an denen ab September Bürgerstei­ge abgesenkt werden sollen, noch mal genau ansehen und in der kommenden Sitzung der Bezirksver­tretung Mitte den Vorschlag machen, die Prioritäte­n so zu verändern, dass die viel frequentie­rten Stellen am Rathaus und am Nordwall vor der IHK entspreche­nd unseres Beschlusse­s vorgezogen werden. Schließlic­h geht es auch um den barrierefr­eien Zugang zu öffentlich­en Gebäuden. Das ist meiner Meinung nach nicht vergleichb­ar mit der Bedeutung von MiniKreuzu­ngen wie dem Rosine-FrankWeg, die weit weniger genutzt werden.“

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