Rheinische Post Krefeld Kempen
RP-ONLINE.DE/WIRTSCHAFT
ne im Jahr 2020 so hoch sein können wie bisher prognostiziert.
Insgesamt sollen 500 Millionen Euro dafür einmalig zurückgestellt werden, wovon rund 400 Millionen Euro für ein Frühverrentungsprogramm für Beamte ausgegeben werden sollen. Auf Nachfrage bei einer Telefonkonferenz weigerte sich Vorstandschef Frank Appel zwar, eine Zahl für wegfallende Stellen zu nennen, weil er die Belegschaft nicht verunsichern wolle, doch eine grobe Schätzung ist möglich: Das Unternehmen will pro Jahr 160 Millionen Euro sparen, indem Beamte den Konzern vorzeitig verlassen. Angenommen, ein Beamter kostet inklusive Pensionsrückstellung rund 100.000 Euro pro Jahr, müssten also 1600 Stellen wegfallen, um das Sparziel zu erreichen.
Dabei will der Vorstand nur Kollegen ein Abfindungsangebot machen, deren Stellen dann sicher nicht neu besetzt werden. Es soll nur um Beamte gehen, die in „indirekten Funktionen“tätig sind, also Verwaltungskräfte ohneVerantwortung im operativen Geschäft. Finanzvorstand Melanie Kreis erläuterte, das Angebot der Frühpensionierung werde aus juristischen Grün- den nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemacht, die mindestens 58 Jahre alt sind.Ende 2018 arbeiteten noch 30.000 Beamte beim gelben Riesen, insgesamt hat der Konzern global 472.000 Vollzeitstellen.
Sowohl Gewinnwarnung als auch das neue Sparprogramm bestätigen, dass es kein Zufall war, dass der 1964 geborene Jürgen Gerdes imVorstand Anfang April die Verantwortung für den Briefe- und Paketebereich abgab und seitdem nur noch für Zukunftsprojekte wie den Elektrowagen Streetscooter zuständig ist.
Seitdem kümmert sich Appel selber um das Paket- und Briefegeschäft und benennt nun Missstände: Gerdes habe sich zu wenig um die Kosten in der Sparte gekümmert, sagt Appel. Also soll nun ein Sonderprogramm in Höhe von jährlich 150 Millionen Euro weitere Automatisierung und Digitalisierung bringen. Außerdem will Appel die Einnahmen erhöhen. Dazu nannte er eine für den 1. Juli bereits angekündigte Preiserhöhung für den Versand von Büchern undWaren. Außerdem wolle der Vorstand nun abwarten, welche Entscheidung die Bundesnetzagentur zu den ab 1. Januar 2019 geltenden Briefpreisen macht. Sie wird wohl nur eine Gesamtsumme an zulässigen zusätzlichen Einnahmen genehmigen. Und dann plant die Post, sich den Löwenanteil mit einem auf 80 Cent steigenden Porto auf den Standardbrief rein holen zu können.
Appel machte allerdings auch deutlich, dass das deutsche Briefe-und Paketegeschäft kein Sanierungsfall sei: Er rechne jedes Jahr mit einem Volumenwachstum bei Paketen und Päckchen zwischen fünf und sieben Prozent, entsprechend dem allgemeinen Paketeboom in Deutschland. Dabei muss zur Ehrenrettung von Gerdes gesagt werden: Noch bei der Bilanzpressekonferenz der Post am 7. März hatte der Vorstand stolz verkündet, der Marktanteil bei Paketen in Deutschland sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Seltsam an der Gewinnwarnung ist, dass Appel eigentlich dafür bekannt ist, die Bereiche des Konzerns sehr gut zu kennen und alle Vorgänge langfristig im Auge zu haben. Er sagte dazu, es sei immer eine schwierige Balance, als Vorstandschef einerseits den Sparten genügend Spielraum für ihre Aktivitäten zu lassen und sie so auch zu motivieren, und gleichzeitig doch die wichtigen Details zu kennen. Seit er die Sparte aber seit Anfang April führe, schaue er extrem genau hin: „Ich stelle harte Fragen. Ich bin sehr klar mit meinen Erwartungen.“
Der 56-jährige wird das Deutschlandgeschäft also noch einige Monate zusätzlich zur Leitung des Konzerns managen. Sein Vertrag als Konzernchef gilt bis Ende des Jahres 2022.