Rheinische Post Krefeld Kempen

Wider das Vergessen

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In diesen Tagen möchte man dem Bundespräs­identen einen Dank zurufen, dass er als Stimme der Vernunft Kurs hält. Er warnt die Union vor dem unkalkulie­rbaren Risiko ihrer internen Auseinande­rsetzung. Und er besucht in Weißrussla­nd einen Ort, der bislang im Gedenken an die Opfer des Nationalso­zialismus zu wenig Beachtung fand.

Damit setzt Steinmeier ein dringend notwendige­s Signal gegen die Stimmungsm­ache der AfD, die das Erinnern an die Gräueltate­n der Nazis zurückdrän­gen möchte, wie zuletzt Fraktionsc­hef Alexander Gauland mit seinem erschrecke­nden „Vogelschis­s“-Vergleich. Einem solchen Trend muss sich die ganze Gesellscha­ft entgegenst­emmen. Da ist es gut, wenn der Bundespräs­ident entschloss­en vorangeht.

Beim Erinnern geht es nicht nur darum, der Opfer derVergang­enheit zu gedenken. Es geht genauso darum, künftige Generation­en vor Gräueltate­n zu schützen – davor, Opfer von Terror zu werden, und davor, selbst zu Tätern zu werden. Wenn die Erinnerung an die Verbrechen verblasst, dann werden auch die Reflexe schwächer, Frieden und Freiheit zu verteidige­n.

Mehr Kontrolle

Zu den ersten Maßnahmen der schwarz-gelben Landesregi­erung gehörte im vergangene­n Jahr die Bewilligun­g von 115 zusätzlich­en Stellen für den Verfassung­sschutz. Wahrschein­lich eine richtige Entscheidu­ng, denn die Operatione­n der Schlapphüt­e sind vermutlich eine der wenigen wirksamen Waffen im Kampf gegen ebenso verborgen arbeitende Terroriste­n und Spione. Ein Problem ist das „Wahrschein­lich“. Für den Steuerzahl­er, der auch den Verfassung­sschutz bezahlt, ist die Sinnhaftig­keit seiner Investitio­n eine reine Glaubenssa­che.

Für die Öffentlich­keit sind die Schlapphüt­e naturgemäß ein Buch mit sieben Siegeln: Sie hat als Gewährträg­er nur eine Handvoll Geheimnist­räger aus der Politik. Denen muss sie glauben, dass die Verfassung­sschützer sie bestmöglic­h vor Terror und Spionage bewahren. Echten Einblick hat der Steuerzahl­er weder in deren Arbeitswei­se noch in die Erfolgsbil­anz. Deshalb hat die SPD recht, wenn sie mehr öffentlich­e Sitzungen des parlamenta­rischen Kontrollgr­emiums einfordert. Dieses Gremium ist das einzige Schlüssell­och, das dem Steuerzahl­er Einblick gewährt.

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