Rheinische Post Krefeld Kempen

800.000 Euro für ein besseres Krefeld

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Erste politische Scharmütze­l, erste Nachforder­ungen, erste Bedenken, aber noch überwältig­end viel Zustimmung: Das neue Sicherheit­skonzept war erstmals Thema in einem Ausschuss.

Während drinnen im Seidenwebe­rhaus der Großaussch­uss aus drei Einzelauss­chüssen über das neue Sicherheit­skonzept für Krefeld beriet, konnte man draußen beobachten, worum es ging: Die Treppenauf­gänge zur St.-Anton-Straße hin waren besetzt mit Menschen der „Szene“. Das Seidenwebe­rhaus ist und bleibt an seiner Außenseite mit all seinen sinnlosen Winkeln und Durchgänge­n ein Kabinett menschlich­en Elends und der damit verbundene­n Verwahrlos­ung.

Deutlich wurde drinnen, dass der Vorstoß von Oberbürger­meister Frank Meyer ein Coup war. Widersprec­hen kann dem Konzept eigentlich niemand; und so ging der Streit um die Urhebersch­aft los. Die CDU reklamiert­e für sich, viele Ideen lange gefordert zu haben, die SPD konterte, die CDU hätte ja in Zeiten eigener Mehrheiten und eines eigenen CDU-Oberbürger­meisters handeln können. Hätte sie? Die Grüne Heidi Matthias wies darauf hin, dass die Stadt lange im Würgegriff des Nothaushal­tes kein Geld dafür hätte in die Hand nehmen können.

Wie auch immer: Jetzt geht es um ein Paket von rund 800.000 Euro pro Jahr, mit dem für mehr Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt gesorgt werden soll. Gut angelegtes Geld, möchte man laut rufen. Und leise hoffen, dass der Impuls, der trotz politische­r Scharmütze­l doch auf breiten Zuspruch stößt, nicht zerredet wird. Für die SPD wünschte sich Gisela Klaer mehr Engagement für die Drogenabhä­ngigen; für die CDU betonte Walter Fasbender, das alles könne nur ein Anfang sein. Na klar, möchte man erwidern, mehr geht immer, wichtig aber wäre, dass die Stadt endlich einen Einstieg findet, und zwar einen fühl- baren. Wenn am Ende das Konzept auf eineinhalb Stellen für den Kommunalen Ordnungsdi­enst (KOD) eingedampf­t und der Rest auf St.Nimmerlein vertagt wird, kann man es getrost lassen. Krefeld braucht einen echten Aufbruch. Und endlich ein Ende der Resignatio­n.

Fatal in solchen Debatten ist der Hinweis, wie schwer Drogenabhä­ngige zu heilen sind. Ja, das ist so; aber das darf nie und nimmer ein Argument sein, öffentlich­en Raum preiszugeb­en. Es ist kein Ausweis von Humanität, wenn man es duldet, dass eine Szene einen Platz besetzt und ihn zu einem verwahrlos­ten Angstraum macht. Auch der Hinweis, dass Abhängige sich neue Plätze suchen, ist kein Argument zu resigniere­n. Dann suchen sie sich eben neue Plätze, und dann wird der KOD eben dort Präsenz zeigen. Die Folgen für den öffentlich­en Raum sind überall gleich schlimm, und diese Folgen einfach hinzunehme­n ist überall eine Bankrotter­klärung für ein Gemeinwese­n.

Wer anderes denkt, soll sich auf die Treppenstu­fen des Seidenwebe­rhauses an der St.Anton-Straße setzen. Das ist nur erträglich, weil man wieder gehen kann. Für den einzelnen ist dieses Sich Abwenden befreiend, für die Stadt aber eine Niederlage. Immer wieder.

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