Rheinische Post Krefeld Kempen
Seehofers Wendungen
Man kann gar nicht so schnell gucken, wie Horst Seehofer sich dreht. Gerade zeigte er sich noch wild entschlossen, für die Zurückweisung von Flüchtlingen im nationalen Alleingang die Regierung zu sprengen. Das wurde im letzten Moment durch diesen Kompromiss verhindert: „In den Fällen, in denen sich Länder Verwaltungsabkommen über die direkte Zurückweisung verweigern, findet die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich statt.“Nun sollte Seehofer Österreichs Kanzler Kurz die immerhin abgespeckte Form ins Gesicht sagen. Und das hört sich so an: „Wir werden weder jetzt noch in der Zukunft Österreich für Flüchtlinge verantwortlich machen, für die Sie nicht zuständig sind.“Das sei „nie beabsichtigt“gewesen. Wie bitte? Das ganze Theater war ein Versehen? Seehofers Realitätsverlust ist erschreckend. Wegen der „Komplexität und der europäischen Dimension“will er übrigens die Kanzlerin die Asylpolitik fixieren lassen. Hätte er das nur vorher verstanden, hätte es keine Chaostage in Berlin gegeben.
Im Vogelfreien
Das Problem wohnungsloser Frauen wird weithin unterschätzt. Auch weil die Betroffenen ihre Notlage um jeden Preis verdecken wollen und oft sogar in Kauf nehmen, gegen sexuelle Dienstleistungen bei sogenannten Bekannten unterzukommen. Jeder vierte Obdachlose in NRW ist inzwischen weiblich. Für diese mehr als 6400 Frauen gibt es zu wenige sichere Notunterkünfte und passgenaue Hilfsangebote.
NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat die Problematik zwar erkannt, macht es sich aber zu einfach, wenn er allein die Kommunen in der Pflicht sieht. Entscheidend für die Bekämpfung von Obdachlosigkeit sind bezahlbare Wohnungen – und da kann das Land eine Menge beitragen, damit die teils hochverschuldeten Kommunen dazu in der Lage sind, Programme für den sozialen Wohnungsbau aufzulegen. Auch gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen als Ferienapartments über Internetanbieter kann das Land konsequent vorgehen. Besonders wirkungsvoll ist das allerdings, wenn sich auch Touristen öfter einmal gegen eine Airbnb-Wohnung entscheiden.