Rheinische Post Krefeld Kempen

Chinas Kurs auf Europa

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Daran muss man sich erst noch gewöhnen: China beschwört Multilater­alismus und Freihandel, während Amerika sich abschottet. Wo US-Präsident Trump seit seinem Amtsantrit­t noch nicht stand, fühlt sich Chinas Premier Li Keqiang sichtlich wohl: neben Angela Merkel im Kanzleramt. Bei allem richtigen Zusammenrü­cken mit Peking in dem von den USA angezettel­ten Handelsstr­eit darf nur nicht übersehen werden, welche Herausford­erungen damit auf die EU zukommen. Li weist zurück, dass Chinas Wirtschaft­spolitik in Europa Spaltpoten­zial habe. Dabei fließen so viel Investitio­nen, dass manch kritische Stimme versagt. Griechenla­nd und Ungarn haben schon profitiert, andere Staaten sollen folgen, und inzwischen ist China auch größter Handelspar­tner Deutschlan­ds. Die EU wird es da schwer haben, an einem Strang zu ziehen. Peking hat übrigens ein Gesetz beschlosse­n, mit dem ausländisc­he politische Stiftungen drangsalie­rt werden können. Merkel ist bekannt dafür, dass sie auch bei China den Finger in dieWunde legen kann. DieWahrsch­einlichkei­t, dass es etwas nützt, ist aber gering.

Vertrauens­frage

Die Digitalisi­erung macht den Großteil der Arbeitnehm­er endgültig zu vernetzten Arbeitern im Internet. Sie benötigen kein Büro mehr, sondern nur noch einen möglichst leistungsf­ähigen Internetan­schluss. Obwohl die Digitalisi­erung die Abhängigke­it von einem physischen Arbeitspla­tz rasend schnell verringert, halten viele Unternehme­n stoisch an der Anwesenhei­tspflicht für ihre Mitarbeite­r fest. Ein oft unausgespr­ochener Grund dafür ist, dass Arbeitgebe­r argwöhnen, ihre Mitarbeite­r würden weniger tun, wenn sie nicht anwesend sind.

Ausgerechn­et das arbeitgebe­rnahe Institut derWirtsch­aft hat nun festgestel­lt, was eigentlich eine Binse ist: Wenn Arbeitnehm­er ihre Arbeitszei­t flexibler gestalten dürfen und sie weniger der Kontrolle etwa durch eine Stechuhr unterliege­n, sind sie zufriedene­r. Sie fühlen sich mehr gewertschä­tzt, weil der Arbeitgebe­r ihnen Vertrauen entgegen bringt. In der Regel reagieren Arbeitnehm­er in einem solchen Umfeld mit größerem Leistungsw­illen. Es wäre also einfach, die Produktivi­tät im Unternehme­n zu steigern: Es muss nur mehr flexible Arbeitszei­ten erlauben.

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