Rheinische Post Krefeld Kempen
Zum Frühstück eine Maus: Schlangen verlangen besondere Pflege
Auf den ersten Blick sind Schlangen alle gleich: Doch zwischen Boa und Natter liegen Welten. Je nach Art müssen Besitzer zu Experten werden.
Was für den einen das flauschige Kaninchen, ist für den anderen die riesige Boa constrictor oder die giftige Kobra. In puncto Lieblingstier scheiden sich die Geister. Die Haltung von Schlangen ist nicht mehr so exotisch wie vor 20 Jahren. Die Kriechtiere sind nicht unbedingt anspruchsvoller als andere Haustiere. Wer sie halten will, braucht vor dem Kauf aber einiges an Vorwissen.
„Man muss sich mit ihren Bedürfnissen auseinandersetzen und ihnen bieten, was sie brauchen“, erklärt Tierarzt Markus Baur, Leiter der Reptilienauffangstation in München. Dabei dürfen Besitzer nicht alle Schlangen über einen Kamm scheren. Es gibt Tausende von Arten, die sich nicht nur optisch stark unterscheiden: Da sind giftige und ungiftige, aggressive und ruhige, kleine und große.
Die Tiere kommen aus unterschiedlichen Lebensräumen – vom tropischen Regenwald bis zur Polarwüste. Somit sind sie verschiedene Klimazonen gewohnt und haben völlig auseinandergehende Fressund Verhaltensgewohnheiten. „Diese artspezifischen Eigenheiten zu kennen und zu berücksichtigen, ist wichtig, damit eine Schlange gesund bleibt und sich wohlfühlt“, sagt Kornelis Biron, Tierarzt für Reptilien in Düsseldorf. Es gibt mehrere Varianten, um Schlangen zu halten.
„Ein Regenwaldbewohner wie der Grüne Baumpython oder ein Futterspezialist wie der Baumschnüffler sind um einiges anspruchsvoller als die recht pflegeleichte Kornnatter“, sagt Biron. Für alle Arten gilt, dass sie in ein Terrarium gehören. Das kann aus Vollglas, Holz oder Kunststoff bestehen. Fenster und Schiebetür sollten aus Glas sein und dürfen keine Spalten haben – sonst sucht sich die Schlange schnell einen neuen Unterschlupf.
Die Maße des Terrariums sollten zum einen die Größe der Schlangenart und deren Bewegungsfreude berücksichtigen. Königsphythons sind eher Couchpotatoes, während Kornnattern und Boas sehr ak- tiv sind und viel Platz brauchen. Zur Grundausstattung jeder Schlangenbehausung gehören Licht- und Wärmequellen: „Da Schlangen wechselwarm sind, brauchen sie einen Hotspot zum Sonnen, an dem tagsüber 30 bis 40 Grad herrschen“, erklärt Michael Millert, Vorsitzender der Terrarien-FreundeHamburg. Das erreichen Halter durch eine 60-Watt-Re- flektorlampe.
Schlangen brauchen zusätzliche Lichtquellen und, je nach Art, eine Bodenheizung. Generell sollte es im Terrarium neben warmen aber auch kühle Zonen geben, damit die Tiere nicht überhitzen. Und da sie bei zu viel Trockenheit dehydrieren, müssen einige Stellen immer leicht feucht sein. „Man kann ihnen zum Beispiel eine Schlupfbox bauen. Das ist eigentlich nichts weiter als eine Kunststoffdose mit Deckel und Loch, die man mit angefeuchtetem Moos füllt“, sagt Millert.
Wichtig sind weiterhin Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten, sowie eine Wasserstelle zum Trinken und Baden. Wie man sie am besten gestaltet, hängt von der Schlangenart und ihrem natürlichen Lebensraum ab. Ein Exemplar, das in freier Wildbahn gerne und viel schwimmt, braucht eine Wasserstelle. Schätzt das Tier dagegen die Enge eines Termiten- oder Nagerbaus, ist es mit einem Unterschlupf glücklich. „Von der Natur inspirieren lassen sollte man sich auch in puncto Bodengrund und bei der übrigen Ausstattung des Terrariums“, rät Baur. Wüstenbewohner wie Sandbo- as brauchen weichen Boden, Waldbewohner wie Kornnattern Klettermöglichkeiten.
Der Pflegeaufwand ist bei Schlangen gering, nur einmal im Jahr sollte das Terrarium komplett gereinigt werden. Kniffeliger ist dagegen die Fütterung: Sie ist bei Jungtieren alle ein bis zwei Wochen und bei älteren einmal im Monat nötig. Schlangen sind Fleischfresser und Raubtiere: Sie jagen lebende Beutetiere und sind nicht immer an totes Futter zu gewöhnen. Deshalb müssen Halter wohl oder übel auf Lebendfutter zurückgreifen: Kornnattern und Boas fressen kleine Nagetiere, Wassernattern Fische. Ein Vorteil: Bis zur nächsten Fütterung können sich Besitzer Zeit lassen. „Schlangen verdauen sehr langsam und brauchen selten Futter“, erklärt Biron. Ansonsten können sie leicht verfetten.
Schlangen sind Raubtiere. Halter müssen wohl oder übel auf Lebendfutter zurückgreifen.