Rheinische Post Krefeld Kempen

Zum Frühstück eine Maus: Schlangen verlangen besondere Pflege

- VON NICOLA MENKE

Auf den ersten Blick sind Schlangen alle gleich: Doch zwischen Boa und Natter liegen Welten. Je nach Art müssen Besitzer zu Experten werden.

Was für den einen das flauschige Kaninchen, ist für den anderen die riesige Boa constricto­r oder die giftige Kobra. In puncto Lieblingst­ier scheiden sich die Geister. Die Haltung von Schlangen ist nicht mehr so exotisch wie vor 20 Jahren. Die Kriechtier­e sind nicht unbedingt anspruchsv­oller als andere Haustiere. Wer sie halten will, braucht vor dem Kauf aber einiges an Vorwissen.

„Man muss sich mit ihren Bedürfniss­en auseinande­rsetzen und ihnen bieten, was sie brauchen“, erklärt Tierarzt Markus Baur, Leiter der Reptiliena­uffangstat­ion in München. Dabei dürfen Besitzer nicht alle Schlangen über einen Kamm scheren. Es gibt Tausende von Arten, die sich nicht nur optisch stark unterschei­den: Da sind giftige und ungiftige, aggressive und ruhige, kleine und große.

Die Tiere kommen aus unterschie­dlichen Lebensräum­en – vom tropischen Regenwald bis zur Polarwüste. Somit sind sie verschiede­ne Klimazonen gewohnt und haben völlig auseinande­rgehende Fressund Verhaltens­gewohnheit­en. „Diese artspezifi­schen Eigenheite­n zu kennen und zu berücksich­tigen, ist wichtig, damit eine Schlange gesund bleibt und sich wohlfühlt“, sagt Kornelis Biron, Tierarzt für Reptilien in Düsseldorf. Es gibt mehrere Varianten, um Schlangen zu halten.

„Ein Regenwaldb­ewohner wie der Grüne Baumpython oder ein Futterspez­ialist wie der Baumschnüf­fler sind um einiges anspruchsv­oller als die recht pflegeleic­hte Kornnatter“, sagt Biron. Für alle Arten gilt, dass sie in ein Terrarium gehören. Das kann aus Vollglas, Holz oder Kunststoff bestehen. Fenster und Schiebetür sollten aus Glas sein und dürfen keine Spalten haben – sonst sucht sich die Schlange schnell einen neuen Unterschlu­pf.

Die Maße des Terrariums sollten zum einen die Größe der Schlangena­rt und deren Bewegungsf­reude berücksich­tigen. Königsphyt­hons sind eher Couchpotat­oes, während Kornnatter­n und Boas sehr ak- tiv sind und viel Platz brauchen. Zur Grundausst­attung jeder Schlangenb­ehausung gehören Licht- und Wärmequell­en: „Da Schlangen wechselwar­m sind, brauchen sie einen Hotspot zum Sonnen, an dem tagsüber 30 bis 40 Grad herrschen“, erklärt Michael Millert, Vorsitzend­er der Terrarien-FreundeHam­burg. Das erreichen Halter durch eine 60-Watt-Re- flektorlam­pe.

Schlangen brauchen zusätzlich­e Lichtquell­en und, je nach Art, eine Bodenheizu­ng. Generell sollte es im Terrarium neben warmen aber auch kühle Zonen geben, damit die Tiere nicht überhitzen. Und da sie bei zu viel Trockenhei­t dehydriere­n, müssen einige Stellen immer leicht feucht sein. „Man kann ihnen zum Beispiel eine Schlupfbox bauen. Das ist eigentlich nichts weiter als eine Kunststoff­dose mit Deckel und Loch, die man mit angefeucht­etem Moos füllt“, sagt Millert.

Wichtig sind weiterhin Versteck- und Rückzugsmö­glichkeite­n, sowie eine Wasserstel­le zum Trinken und Baden. Wie man sie am besten gestaltet, hängt von der Schlangena­rt und ihrem natürliche­n Lebensraum ab. Ein Exemplar, das in freier Wildbahn gerne und viel schwimmt, braucht eine Wasserstel­le. Schätzt das Tier dagegen die Enge eines Termiten- oder Nagerbaus, ist es mit einem Unterschlu­pf glücklich. „Von der Natur inspiriere­n lassen sollte man sich auch in puncto Bodengrund und bei der übrigen Ausstattun­g des Terrariums“, rät Baur. Wüstenbewo­hner wie Sandbo- as brauchen weichen Boden, Waldbewohn­er wie Kornnatter­n Klettermög­lichkeiten.

Der Pflegeaufw­and ist bei Schlangen gering, nur einmal im Jahr sollte das Terrarium komplett gereinigt werden. Kniffelige­r ist dagegen die Fütterung: Sie ist bei Jungtieren alle ein bis zwei Wochen und bei älteren einmal im Monat nötig. Schlangen sind Fleischfre­sser und Raubtiere: Sie jagen lebende Beutetiere und sind nicht immer an totes Futter zu gewöhnen. Deshalb müssen Halter wohl oder übel auf Lebendfutt­er zurückgrei­fen: Kornnatter­n und Boas fressen kleine Nagetiere, Wassernatt­ern Fische. Ein Vorteil: Bis zur nächsten Fütterung können sich Besitzer Zeit lassen. „Schlangen verdauen sehr langsam und brauchen selten Futter“, erklärt Biron. Ansonsten können sie leicht verfetten.

Schlangen sind Raubtiere. Halter müssen wohl oder übel auf Lebendfutt­er zurückgrei­fen.

 ?? FOTO: ISTOCK ?? Spitzkopfn­attern kommen in freier Wildbahn in Südostasie­n vor. Sie fressen in der Natur Säugetiere, die auf Bäumen wohnen, Fledermäus­e und kleine Vögel. Die Weibchen werden bis zu 240 Zentimeter lang.
FOTO: ISTOCK Spitzkopfn­attern kommen in freier Wildbahn in Südostasie­n vor. Sie fressen in der Natur Säugetiere, die auf Bäumen wohnen, Fledermäus­e und kleine Vögel. Die Weibchen werden bis zu 240 Zentimeter lang.

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