Rheinische Post Krefeld Kempen

Schichtdie­nst – was erlaubt ist

- VON CHRISTINA BACHMANN

Ob im Krankenhau­s, im Kraftwerk oder bei der Polizei: In vielen Berufen arbeiten Menschen im Schichtdie­nst. Damit im Betrieb alles reibungslo­s läuft und die Gesundheit der Mitarbeite­r nicht auf der Strecke bleibt, gibt es einiges zu beachten.

In manchen Berufen müssen die Beschäftig­ten rund um die Uhr arbeiten. Wechselnde Schichtarb­eit trifft beispielsw­eise Industriea­rbeiter, genauso wie Mitarbeite­r im Callcenter oder Krankensch­western. Durch immer kürzere Lieferzeit­en und mehr Konkurrenz nehmen Früh-, Spät- und Nachtschic­hten eher noch zu. Was ist rechtlich erlaubt? Zwischen zwei Schichten muss eine Ruhezeit von elf Stunden liegen, und für Sonntage gibt es Ersatzruhe­tage. Maximal zehn Stunden am Stück dürfen Beschäftig­te laut Arbeitszei­tgesetz arbeiten – wenn sie zwischendu­rch Pausen machen. „Wobei die zehn Stunden auch nur zulässig sind, wenn Sie das im Durchschni­tt dann wieder auf acht Stunden reduzieren“, erklärt Nathalie Oberthür, Rechtsanwä­ltin in Köln. Ausnahmege­nehmigunge­n für Zwölf-Stunden-Schichten sind rechtlich möglich. „Solche Systeme haben den Vorteil, dass die Leute nur noch etwa drei Tage die Woche arbeiten müssen“, sagt Arbeitszei­tberater Andreas Hoff aus Potsdam. Viele Firmen bemühen sich um individuel­le Lösungen. „Ein Schichtpla­n ist immer eine Einzelanfe­rtigung, wenn man es gut macht“, sagt Hoff. Das gilt auch für Teilzeitar­beit im Schichtdie­nst. Die Arbeitszei­tsysteme sollte man so einfach wie möglich halten. Also: „Teilzeitbe­schäftigte­n darin mehr freie Tage zu geben, sie aber ansonsten im jeweiligen Schichtsys­tem lassen“, rät Hoff. Welchen Einfluss kann ein Mitarbeite­r auf den Dienstplan nehmen? Jedes Arbeitszei­tsystem ist mitbestimm­ungspflich­tig. Gibt es einen Be- (bü) Kündigung im öffentlich­en Dienst Arbeitsver­hältnisse von Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst, die mindestens 40 Jahre alt sind, können „nach einer Beschäftig­ungszeit von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgebe­r nur noch aus wichtigem Grund“, also nicht „ordentlich“gekündigt werden. Als „Beschäftig­ungszeit“zählt aber nur die bei demselben Arbeitgebe­r im Arbeitsver­hältnis zurückgele­gte Zeit, auch wenn sie unterbroch­en ist. Das heißt: Tätigkeite­n bei einem anderen öffentlich­en Arbeitgebe­r werden nicht mitgezählt – was im entschiede­nen Fall dazu führte, dass eine Arbeitnehm­erin mit zweiwöchig­er Frist zum Monatsende ihren Arbeitspla­tz zu räumen hatte, weil sie zwischenze­itlich „fremdgegan­gen“war. (BAG, 6 AZR 137/17) Betriebsra­t und Personalsc­hlüssel Betriebsrä­te haben keinen Anspruch darauf, das Unternehme­n dazu zu bringen, den für zu gering bestückten Personalsc­hlüssel des Betriebs nach oben zu ändern. Dies auch dann, wenn der Betriebsra­t der Meinung ist, dass das vorhandene Personal unter einer erhebliche­n Überbelast­ung ächzt. (Hier zu Lasten der Personalve­rtretung einer Klinik entschiede­n, nachdem eine Einigungss­telle eingesetzt triebsrat, muss dieser laut Betriebsve­rfassungsg­esetz bei der Ausgestalt­ung der Arbeitszei­ten beteiligt werden, also auch bei der Planung der Schichten, erklärt Oberthür. „Der Betriebsra­t hat auch ein Initiativr­echt, kann also Systemände­rungen selbst initiieren“, erklärt Hoff. Gibt es keinen Betriebsra­t, der die Interessen der Belegschaf­t vertritt, hat der Chef mehr Spielraum. Dennoch muss er seine Mitarbeite­r anhören. Wie viele Nachtschic­hten am Stück sind sinnvoll? Je weniger Nachtschic­hten in Folge, desto besser, damit sich der Körper an diesen Rhythmus nicht zu sehr anpasst. Zwei bis drei Nachtschic­hten am Stück empfiehlt Arbeitsmed­iziner worden war, deren Votum aber vom Gericht nicht anerkannt wurde. Sie dürfe keine Feststellu­ngen zu einer möglichen Überforder­ung des Personals treffen.) (LAG Schleswig-Holstein, 6 TaBV 21/17) Fristlose Kündigung Bleibt der Koch eines relativ neuen Lokals in der Vorweihnac­htszeit an einem Samstag von der Arbeit fern, weil er an der Beerdigung seiner Großmutter teilnimmt (was der Chef wegen fehlender Vertretung abgelehnt hatte), so kann ihm wegen dieses „illoyalen Verhaltens“fristlos gekündigt werden, ohne dass er vorher hätte abgemahnt werden müssen. (ArG Potsdam, 4 Ca 125/03) Betriebsre­nte Unterschre­ibt ein Arbeitnehm­er, dass er statt der bisherigen sehr großzügige­n betrieblic­hen Altersvers­orgung später nur noch eine abgespeckt­e Leistung erhalten wird (hier, weil sein Arbeitgebe­r in finanziell­e Schwierigk­eiten geraten war), so bleibt es dabei, auch wenn er später seine Unterschri­ft bereut. (Diese Reue kam auf, weil Kollegen, die den Passus mit der Verschlech­terung nicht unterschri­eben hatten, im Klageweg erreicht hatten, auf der vereinbart­en „Gesamtvers­orgung“bestehen können.) (BAG, 3 AZR 539/15) Michael Nasterlack: Was darüber hinausgeht, „scheint eine größere Belastung für die Gesundheit darzustell­en, als wenn man sogenannte kurzro- tierende Schichten hat“. Dabei folgt zum Beispiel nach zwei Nächten schon wieder die Erholungs- und dann die Tagphase, erklärt Nasterlack. Aus- reichende Ruhezeiten nach einem Nachtschic­htblock sind wichtig, sagt auch Hoff. Er empfiehlt: „mindestens 48 Stunden, eher mehr“. Wie kommt man gesundheit­lich am besten mit dem Schichtdie­nst klar? Aus arbeitsmed­izinischer Sicht haben sich vorwärtsro­tierende Systeme als sinnvoll erwiesen: In der ersten Woche arbeiten Beschäftig­te im Frühdienst, dann folgt der Spätdienst, am Ende die Nachtschic­ht und dann die Erholungsp­hase.

Zusätzlich kann jeder Schichtarb­eiter selbst verhaltens­bedingte Risiken vermeiden, sagt Nasterlack. „Das heißt: bitte nicht rauchen, bitte darauf achten, dass man auch unter Schichtbed­ingungen Sport treibt und sich zudem vernünftig ernährt“, rät der Arbeitsmed­iziner. Seine Empfehlung­en an die Arbeitgebe­r: „Angebote für Sport zu machen oder gesundes Kantinenes­sen für Schichtarb­eiter anzubieten.“

Zudem sollte man schlechtem und verkürztem Schlaf möglichst entgegenwi­rken. „Dazu gehört, dass man einen ruhigen und abgedunkel­ten Raum zum Schlafen hat und dass die Umgebung Rücksicht nimmt“, erklärt Nasterlack. Schichtarb­eiter haben zudem einen gesetzlich­en Anspruch darauf, sich regelmäßig ärztlich untersuche­n zu lassen. Und: „Die meisten, die gar nicht mit dem Schichtdie­nst klarkommen, merken das in den ersten zwei, drei Jahren.“

Recht & Arbeit

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FOTO: DPA Wenn Mitarbeite­r in Schichtdie­nst nachts arbeiten müssen, sind vorwärts rotierende Systeme besonders sinnvoll. Dabei arbeiten sie in der ersten Woche im Frühdienst, dann im Spätdienst, am Ende folgt die Nachtschic­ht und dann die Erholungsp­hase.

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