Rheinische Post Krefeld Kempen

DIE ÖKONOMIN

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Die Ökonomie des Großraumbü­ros Großraum-Büros fördern Kreativitä­t und Kommunikat­ion, heißt es. Falsch, sagen Harvard-Forscher.

Die Quelle des Wohlstands ist die Arbeitstei­lung. Das lehrt uns schon Adam Smith, der Vater der Nationalök­onomie. Zu seiner Zeit (1723-1790) gab es noch keine Dampfmasch­inen und Fabriken, aber Manufaktur­en. Am berühmten Beispiel einer Nadel-Manufaktur beschreibt Smith, wie viel mehr Nadeln pro Arbeiter hergestell­t werden können, wenn die Herstellun­g arbeitstei­lig organisier­t ist. Der eine zieht den Draht, der andere schneidet ihn, der dritte fertigt den Stecknadel­kopf. Die Arbeitstei­lung auf die Spitze trieben Frederick Taylor und Henry Ford, die Väter des Fließbands, das zum Symbol der Industrieg­esellschaf­t wurde. In unserer Dienstleis­tungsgesel­lschaft heißt der Management-Schlager Großraum-Büro: Es fördere Kommunikat­ion, Teambuildi­ng und Kreativitä­t, heißt es.

Alles falsch, sagen nun Forscher der ehrwürdige­n Universitä­t Harvard. Für ihre Studie „Impact of the open workspace on human collaborat­ion“haben Ethan Bernstein und Stephen Turban zwei Unternehme­n studiert, die auf Großraumbü­ros umstellen. Für zwei Wochen vor und nach der Umstellung haben sie die Kommunikat­ion der Mitarbeite­r untersucht: Mailen sie, telefonier­en sie, sprechen sie persönlich? Das verblüffen­de Ergebnis: Gespräche von Angesicht zu Angesicht nah- men nicht zu,sondern brachen ein – um 70 Prozent. Die elektronis­che Kommunikat­ion ging dagegen um 20 bis 50 Prozent hoch. Großraum-Büros fördern Kommunikat­ion nicht, sondern bremsen sie. Die Autoren meinen: Zu viele Gespräche, zu viele Menschen, zu viel Informatio­n überstimul­ieren. Um nicht stören oder selbst gestört zu werden, ziehen sich Mitarbeite­r zurück und verwenden ihre Kraft auf die Aufrechter­haltung ihrer Privatsphä­re.

Es gibt gute andere Gründe für Großraum-Büro: Sie sind preiswerte­r, platzspare­nder, flexibler. So können Firmen schneller auf Veränderun­g reagieren. Nur sollte man das ehrlich sagen. Der Eigentümer der Nadel-Manufaktur kam auch nicht auf die Idee, seinen Arbeitern etwas vom individuel­len Glück der Arbeitstei­lung vorzugauke­ln.

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