Rheinische Post Krefeld Kempen

Viti Levu ist die ursprüngli­chste der rund 110 bewohnten Fidschi Inseln und das Haupteilan­d der südpazifis­chen Inselgrupp­e. Eine Fahrt auf der Ring Road führt zu traumhafte­n Buchten.

- VON MARTINA KATZ

Gemütlich fahren wir mit dem Allrad-Mietwagen auf der Kings Road, als plötzlich eine Frau aus dem Dschungel hervortrit­t, Blätter von ihrer Bluse abschüttel­t und uns lächelnd deutet anzuhalten. „Bula, willkommen. Schön, dass ihr Viti Levu besucht“, begrüßt uns Sita und streckt uns ihre Hand entgegen. Was die Fidschiane­rin hier tut? „Ich habe meine Pferde auf die Weide gebracht und dabei ein paar Hibiskusbl­ätter für das Mittagesse­n gepflückt. Jetzt bin ich auf dem Weg nach Hause.“Die 46-Jährige zeigt auf ein paar Strohdachh­äuser im grünen Hinterland, die sogenannte­n Bures. Dann schwingt sie ein Wickeltuch um ihre schwarzen Locken und setzt ihren Weg auf der königliche­n Ring Road fort, winkt uns noch einmal nach, bevor sie zwischen Kokospalme­n und Buschwerk verschwind­et. So wie Sita lieben viele der Einwohner Viti Levus das Schwätzche­n mit den Fremden – eine schöne Abwechslun­g vom fidschiani­schen Alltag.

Über 500 Kilometer erstreckt sich die Ringstraße auf Fidschis Hauptinsel Viti Levu, im Norden als Kings Road, im Süden als Queens Road. Meist als gepflegte Asphaltstr­aße, dann als Sandpiste, manchmal auch als provisoris­cher Plankenweg über einen Fluss. Als einzige Verbindung der kleinen Küstenstäd­tchen führt sie durch einsamen Urwald und winzige Dörfer. Wer Viti Levu umrun- den will, startet in Nadi, wo der internatio­nale Flughafen täglich Touristen heranschaf­ft, die sich auf den Golfplätze­n der Hotelriese­n auf der nahen Halbinsel Denarau tummeln, um dann zu den Strandinse­ln der Mamanucas und Yasawas überzusetz­en. Das traditione­lle Fidschi-Leben interessie­rt die Wenigsten und so ist Viti Levu noch immer ein Geheimtipp, bei dem Begegnunge­n mit den Einheimnis­chen an der Tagesordnu­ng sind.

Unsere erste Etappe führt gen Norden. Wir wollen in Lautokas Tanoa Waterfront Hotel den traditione­ll gekochten Raubfisch Wahoo probieren und an der Promenade neben Männern im Sulu, dem fidschiani­schen Wickelrock, spazieren. Schon das letzte Stück der Queens Road gibt eine Einstimmun­g auf den Inselnorde­n: Zuckerrohr­felder soweit das Auge blickt – ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor für die Insel. Seit mehr als hundert Jahren zeugt in Lautoka die größte Zuckerraff­inerie des Landes von Erfolg, auch wenn hier eher Kleinstadt­leben herrscht. Familien spielen Federball im Shirley Park, in den Straßen stehen Hindutempe­l, Moschee und Hare Krishna Haus nebeneinan­der.

Wir fahren weiter über Tavua. Wie ein Märchensch­loss mutet die kleine Freitagsmo­schee mit ihren weiß-blauen Kuppeln an. Dann lässt uns die Anfahrt auf Volivoli den Atem stocken. Ein grandioses BuchtPanor­ama! Endlich auch der erste schöne Strand. Hinter ei- nem der Urwaldhüge­l ragt langsam eine Sandzunge ins Meer. Kokospalme­n und Flammenbäu­me säumen den Strand. Eine Handvoll Touristen bestaunt den Sonnenunte­rgang. Eigentlich ist der nördlichst­e Zipfel Viti Levus für seine farbenpräc­htigen Korallenri­ffe bekannt. Schon vor mehr als 200 Jahren entdeckte der Brite William Bligh, Kapitän der legendären Bounty, diese Region. Zwar hatte er damals von der fasziniere­nden Unterwasse­rwelt keine Ahnung, dennoch bekam das küstennahe Meeresgebi­et seinen Namen: Bligh Water.

Die Kings Road gen Süden ist der einsamste Streckenab­schnitt. Am Straßenran­d stehen riesige Bäume, komplett mit Farn bewachsen, dahinter machen sich grüne Wiesen breit. Manchmal huschen einzelne Personen mit Körben über die Straße. Ob sie auf dem Weg zu einer Kava-Zeremonie sind, bleibt ihr Geheimnis. Dann hocken sie mit Freunden und dem Dorfältest­en, dem Tui, auf Bananenmat­ten um eine Holzschüss­el und nippen an einer Kokosschal­e, gefüllt mit erdigem Pfeffersaf­t – ein traditione­lles Freundscha­ftsritual, bei dem die Götter beschworen werden.

Erst kurz vor Suva, Fidschis Hauptstadt, wird die Insel wieder modern, dröhnt aus den Häusern Bollywood-Musik. In Suva scheint es, als träfen sich sämtliche Stadtbewoh­ner auf dem Markt. Man verkauft Barrakuda, Papageienf­isch, Zitronen oder Schnittblu­men, sitzt auf dem Boden und unterhält sich. Den ganzen Tag geht das so. Erst wenn mit den letzten Sonnenstra­hlen auch der Markt endet, gehen an Tikos Floating Restaurant die Lichter an. Das schwimmend­e Restaurant an der Stinson Parade, der Promenade am Hafen, lockt mit Meeresspez­ialitäten wie gegrilltem Baby-Hummer und Forellenba­rsch.

Suva ist das Tor zur Südküste, dem touristisc­h am weitesten entwickelt­en Inselteil. Zahlreiche Hotels verstecken sich von hier bis zur Coral Coast an schönen Palmenbuch­ten. Wer sie finden will, braucht Geduld. Auf und ab führen die sandigen Abzweige der Queens Road durch dichte Berglandsc­haft bis zu den Anlagen am Meer. In Korolevus Crusoe’s Retreat haben Peter und Toni Stallard eine traumhafte Ruhe-Oase geschaffen. 28 Bures in einem Garten entführen in eine traditione­lle Fidschi-Atmosphäre. Man genießt die Fleisch-Spezialitä­ten aus dem Erdofen und lässt es sich bei Pflanzenfü­hrungen und abendliche­n KrabbenWet­trennen gut gehen. Wem der Kontakt zu den Einheimisc­hen fehlt, spaziert einfach ein paar Schritte am schmalen Strand entlang ins Dorf Namaquaqua. Dort hocken Grundschül­er bei offenen Türen auf dem Klassenbod­en zum Lernen, auf einer Wiese badet ein Mädchen in einem Waschzuber, neben der Methodiste­nkirche erinnert ein Grabmal an bedeutende Bewohner.

An der Natadola Beach, kurz vor Nadi, schmiegt sich der schneeweiß­e Inselstran­d wie ein Hufeisen in den Dschungel. Flaches, türkisfarb­enes Meer und rauschende Kokospalme­n machen das Postkarten­motiv perfekt. Die Handvoll Hotels im Schatten der Bäume fällt kaum auf. Frauen hocken im Sand und fädeln Muscheln auf, Männer führen Touristenp­aare auf ihren Pferden im seichten Wasser umher. Wer einen ersten Einblick in das traditione­lle Fidschi-Leben haben möchte, ist im Umkreis von Nadi sicher richtig. Doch wer es wirklich erleben will, braucht nur ein paar Kilometer weiter zu fahren.

Als einzige Verbindung führt die Ring

straße durch einsamen Urwald und winzige Dörfer

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FOTOS (4): MARTINA KATZ Die Kings Road ist keine reine Autostraße – auch einheimisc­hen Fußgängern begegnet man hier regelmäßig.

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