Rheinische Post Krefeld Kempen
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Was jetzt zu tun ist
ACK hat sein Anliegen aufgegriffen und an die katholische und evangelische Kirche weitergeleitet. Weder auf evangelischer noch auf katholischer Seite kann das Glockengeläut angeordnet werden; die Entscheidung darüber liegt bei den Gemeinden. Insofern gibt es Appelle der Leitungsebenen an die Gemeinden, die Anregung Gilads aufzugreifen. Auf evangelischer Seite wirbt Superintendent Burkhard Kamphausen in einem Schreiben an die Gemeinden. „Ich möchte Sie sehr herzlich bitten, in Ihren Presbyterien darüber zu beraten und ein Läuten der Kirchenglocken für den 9. November, 15 Uhr, aus Anlass der Erinnerung an die Reichspogromnacht als Ruf zum Gebet zu beschließen“, schreibt Kamphausen. Da der 9. November auf einen Freitag falle, sei die Gedenkstunde am Platz an der Alten Kirche rechtzeitig vor dem Schabbath für den Nachmittag vorgesehen, so dass ein Glockenläuten um 15 Uhr sinnvoll wäre.
Für die Katholiken plädieren der designierte Regionalvikar Heiner Schmitz, Hans Joachim Hofer als Vorsitzender des Katholikenrates und Antje Michels aus dem Vorstand des regionalen Pastoralrates für das Läuten auch in katholischen Gemeinden. Es handele sich „nicht zuletzt angesichts des wieder stär- ker auftretenden Antisemitismus um ein sehr wichtiges Anliegen“, heißt es in dem Schreiben. Auch die Katholiken betonen den Bezug zum Kreuzestod Jesu: „Damit verbindet sich unser Gedenken als Christen an die Sterbestunde Jesu mit dem Gedenken an den Tod, die Vertreibung und Enteignung der Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens in der Reichspogromnacht“.
Die Reichspogromnacht war der erste Höhepunkt, besser: die Schwelle zu unerhörter Brutalisierung beim Judenhass der Nazis. Der Hass galt einer Minderheit: Im Jahr 1928 lebten in Krefeld 1544 Juden, in Linn 19, in Bockum 65, in Fischeln zwölf, in Uerdingen 177 und in Hüls 60. Krefeld hatte zu dieser Zeit 134.000 Einwohner, ein gutes Prozent davon waren Juden. Was Reichspropagandaminister Joseph Goebbels als spontanen Ausfluss des Volkszorns darstellen wollte, war deutschlandweit organisiert. Der Befehl zum Losschlagen erreichte Krefeld gegen 22.30 Uhr in der Kreisleitung der NSDAP am Bismarckplatz. In der Nacht
Was jetzt unbedingt zu tun ist: Möglichst schwer und fettig essen, Gemüse und Obst und andere leichte Nahrungsmittel meiden. Anstrengende Arbeit auf mittags verlegen; möglichst in sengender Sonne malochen. Jogger machen jetzt ihre harten Tempo-Einheiten. Wenig trinken. Schatten meiden. Nicht Hut oder Kappe tragen, nicht dumm unter Sonnenschirmen rumsitzen, immer schön die Sonne suchen. Nachts Fenster schließen und Heizung aufdrehen. Daunendecke verwenden, Schlafanzug bevorzugt langärmelig. Wenn lüften, dann mittags von halb zwölf bis halb zwei. Rolladen tagsüber rauf, nur nachts Rolladen runter. Im Auto keine Klimaanlage einschalten, Fenster schließen. Das Auto immer in der prallen Sonne parken und ordentlich aufheizen lassen. Pflanzen im Garten nicht gießen.
(So gehen Fake News, Mr. Trump.)
vo
Auf Anregung des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde sollen am 9. November für 15 Minuten die Glocken der christlichen Kirchen läuten und so an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren erinnern. Die Gemeinden entscheiden.
zum 10. November wurde die Synagoge an der Petersstraße niedergebrannt, ein Clubhaus am Bleichpfad zerstört, 18 Geschäfte verwüstet, 63 Juden verhaftet.
Am 10. November wurde auch die kleine, hübsche Linner Synagoge zerstört. Die Uerdinger Synagoge an der Bruchstraße wurde geräumt, alles liturgische Gerät und die Inneneinrichtung zu einem Scheiterhaufen aufgeschichtet und angezündet. Die Synagoge selbst wurde abgetragen - niederbrennen wäre zu gefährlich für die Nachbarhäuser gewesen. Die Synagoge in Hüls an der Klever Straße wurde angezündet, obwohl sie dicht gesäumt war von anderen Häusern.
Auch am Abend des 10. November überfielen SA-Leute jüdische Familien in ihren Wohnungen und verwüsteten sie. Deutschlandweit starben in diesen Tagen direkt oder indirekt 1300 Menschen.
In Krefeld gab es offenbar keine direkten Todesopfer. Die 63 verhafteten Juden wurden für einige Wochen im Konzentrationslager Dachau inhaftiert.