Rheinische Post Krefeld Kempen
Automatisch Organspender
Wer sich im Leben nie Gedanken über das Thema Organspende gemacht hat, dem sind im Falle seines plötzlichen Tods auch keine Organe entnommen worden. Das soll sich nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ändern. Er strebt eine Widerspruchslösung an, bei der jeder Bürger möglicher Organspender ist, es sei denn er widerspricht dem ausdrücklich. Warum hebt Gesundheitsminister Spahn das Thema jetzt auf die Agenda? Die Zahl der Organspenden in Deutschland hat mit 797 im vergangenen Jahr einen Tiefstand erreicht. Auf der anderen Seite warten rund 10.000 Menschen auf ein lebensrettendes Organ. Dass es in Deutschland mehr Organspenden geben sollte, ist gesellschaftlicher Konsens. Es besteht also Handlungsbedarf. Es ist aber nicht ganz klar, warum die Zahl der Organspenden so niedrig ist. Im Zuge des Organspendenskandals um manipulierte Wartelisten vor rund sechs Jahren sank die Spendebereitschaft. Mittlerweile ist sie Umfragen zufolge aber wieder deutlich gestiegen. Als Hauptproblem gilt derzeit die schlechte finanzielle, personelle und organisatorische Ausstattung der Kliniken, um im Fall der Fälle auch tatsächlich Organe entnehmen zu können. Für finanzielle und strukturelle Verbesserungen bei der Organspende hat Spahn zusätzlich einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Wie ist Organspende aktuell geregelt? Zurzeit werden die Versicherten von den Krankenkassen angeschrieben und um eine Entscheidung gebeten.Wer das Schreiben wegwirft, ist auch kein Organspender. Wenn jemand seinen Willen zu Lebzeiten nicht erklärt hat, können Angehörige gefragt werden, ob der Verstorbene seinenWillen geäußert hat. Wenn die Angehörigen versichern, dass derVerstorbene zur Organspende bereit gewesen wäre, können Organe entnommen werden. Was bedeutet Widerspruchslösung? Bei einer Widerspruchslösung wird das heute geltende Prinzip umgedreht. Demnach wären alle Bürger zunächst einmal Organspender. Es sei denn, sie widersprechen dem ausdrücklich. So wie man heute einen Organspendeausweis bei sich tragen kann, wäre es dann wahrscheinlich ratsam, eine Widerspruchserklärung bei sich zu führen, wenn man zur Organspende nicht bereit sein sollte. Bei einer Widerspruchslösung würde den Angehörigen wahrscheinlich das Recht eingeräumt, im Namen des Verstorbenen einer Organentnahme zu widersprechen. Kann man sicher sein, dass Organe nicht zu früh entnommen werden? Ja. Das Transplantationsgesetz schreibt vor, dass der Hirntod eingetreten sein muss, bevor Organe entnommen werden können. Den Hirntod müssen zwei Ärzte feststellen, von denen einer Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein muss. Diese Ärzte dürfen wiederum weder an der Entnahme noch an der Weitergabe der Organe beteiligt sein. Damit soll ausgeschlossen werden, dass sie ein weitergehendes berufliches Interesse an der Organentnahme haben könnten. Wie machen es andere Länder? Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Litauen, Rumänien und die Schweiz regeln die Organspende ähnlich wie Deutschland: Entweder die Menschen müssen zu Lebzeiten einer Organentnahme zustimmen oder die Angehörigen können stellvertretend entscheiden. Anders als in Deutschland werden die Bürger dort aber nicht zu Lebzeiten zu einer Entscheidung aufgefordert. Die Widerspruchslösung gilt bereits in mehr Ländern: Bulgarien, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn und Zypern. In einigen Ländern mit Widerspruchslösung können die Angehörigen einer Organentnahme widersprechen. Das ist der Fall