Rheinische Post Krefeld Kempen
Bayer gehen die Pharma-Kassenschlager aus
Nach Xarelto kommt nichts Großes, fürchten Analysten. Immerhin hebt ein brasilianisches Gericht das Glyphosat-Verbot auf.
LEVERKUSEN (anh/rtr) Nach vielen Hiobsbotschaften gab es für Bayer am Montag eine gute Nachricht: Ein Gericht in Brasilien hob eine einstweilige Verfügung für ein Verbot von Glyphosat-Produkten auf. Im August hatte eine Vorinstanz eine Verfügung erlassen, in deren Folge Bauern der Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichters hätte verboten werden können. Dagegen hatte die brasilianische Regierung Berufung eingelegt. Bayer zeigte sich gestern erleichtert.
Das Ganze überschattet aber ein fundamentales Problem von Bayer: „Die Pharmasparte hat gemessen an Industriestandards nur eine relativ schwache Phase-III-Pipeline“, sagt Berenberg-Analyst Alistair Campbell. Die klinische Forschung zu Medikamenten wird in vier Phasen unterteilt, in Phase III geht es darum, harte Daten zur Wirksamkeit zu ermitteln. Je weniger Medikamente getestet werden, desto weniger Neuzulassungen und Kasssenschlager kann ein Konzern erwarten.
Laut Experten ist bei Bayer der Nachschub zu schwach, um Um- satzausfälle nach dem Patentablauf der Top-Arzneien auffangen zu können. Zu den Kassenschlagern zählen aktuell das Schlaganfallmittel Xarelto (3,3 Milliarden Euro Umsatz 2017) und das Augenmittel Eylea (1,9 Milliarden). Doch die Patente laufen Mitte der 20er Jahre aus. Im weltweiten Pharmamarkt belegt Bayer nur den 15. Platz.
Anleger und Mitarbeiter sorgten sich, dass die Pharmasparte wegen der Monsanto-Übernahme zu kurz kommt. Bayer-Chef Werner Baumann hatte auf der Hauptver- sammlung versichert, man sei mit 50 Projekten in der klinischen Entwicklung gut aufgestellt. Den aussichtsreichsten Kandidaten traut er einen jährlichen Gesamtumsatz von mindestens sechs Milliarden Euro zu. Analysten sind skeptisch: „Ich sehe momentan keine neuen Blockbuster“, sagt ein Fondsmanager.„Im Pharmabereich muss viel getan werden, sie müssen weiter investieren.“Bayer prüft derzeit unter dem Namen„Super Bowl“seine Pharmaforschung. Erste Ergebnisse seien im November zu erwarten, so Insider.
Den Arbeitnehmern hat Bayer im Zuge der Monsanto-Übernahme zugesagt, dass an Pharma nicht gespart werde. Auch Partnerschaften und Zukäufe blieben möglich. Doch Analysten verweisen darauf, dass Bayer nach der Milliarden-Übernahme von Monsanto nur noch begrenzt Mittel zur Verfügung hat.
Zugleich wirft der irische Konkurrent Shire den Leverkusenern vor, mit seinem gerade erst in den USA zugelassenen Bluter-Medikament Jivi eigene Patente zu verletzen. Bayer weist die Vorwürfe zurück.