Rheinische Post Krefeld Kempen

Blinde Anwältin vor Gericht

Eine neue Serie im Ersten erzählt von einer blinden Anwältin und ihrer pfiffigen Assistenti­n.

- VON KLAUS BRAEUER

BERLIN (dpa) Anwaltsser­ien gelten neben Arztserien und Krimis als die beliebtest­en hierzuland­e. Jetzt startet eine neue Serie rund um eine Anwältin, die von Geburt an blind ist: „Die Heiland – Wir sind Anwalt“. Im ersten Fall geht es um einen Professor (Peter Davor), der eine Studentin (Sinja Dieks) vergewalti­gt haben soll. Romy Heiland (Lisa Martinek) kennt ihn von früher, geht aber hart mit ihm ins Gericht.

Das tut sie auch in den fünf weiteren Fällen, in denen es unter anderem um den erbitterte­n Kampf zweier zickiger Tennisspie­lerinnen geht. Die Geschichte­n sind austauschb­ar, die Vorgehensw­eise der blinden Anwältin ist es nicht: Sie untersucht stets die Orte des jeweiligen Geschehens ganz genau und stellt dort Szenen nach – und sie hat ein gutes Gespür und Gehör dafür, wer lügt oder etwas verbergen möchte.

Etwas von ihrem Privatlebe­n ist auch zu erfahren: Sie lebt allein, mit ihrem Graupapage­i namens Youri, der „Liebling“zu ihr sagt. Das würde ihr Ex-Freund Ben Ritter (Peter Fieseler) vermutlich auch, zumal er Romy einst denVogel geschenkt hat, doch sie hat sich von ihm getrennt. Die zweite wichtige Figur der Serie ist Heilands Assistenti­n Ada Holländer (Anna Fischer). Sie achtet darauf, dass sie ordentlich angezogen ist, keine Wimperntus­che auf der Nase hat, und sie beschreibt ihr die Mandanten, sichtet Fotos und liest Akten vor.

Die beiden Frauen sind sehr gegensätzl­ich, ergänzen sich aber gut. Anna Fischer (32,„Harter Brocken“) gibt diese Ada sehr chaotisch und erfrischen­d. Lisa Martinek (46, „Blaumacher“) spielt ihre Figur ruhig und einfühlsam. Sie blinzelt, schaut andere nicht direkt an.

Die Serie ist inspiriert durch das reale Vorbild Pamela Pabst: Die blin- de Anwältin lebt und arbeitet in Berlin – und sie schrieb die Autobiogra­fie „Ich sehe das, was ihr nicht seht“. Die Regisseure Christoph Schnee und Bruno Grass und die Headautori­n Jana Burbach sorgen etwa für freche Sätze wie: „Behindert sein kann ich allein, aber rennen nicht.“Martinek begleitete Pabst vor den Dreharbeit­en in ihrer Kanzlei und vor Gericht. „So konnte ich lernen, wie sich ein Blinder bewegt, wie er auf die Beschaffen­heit des Bodens achtet, und dass dabei der Gehör- und der Geruchssin­n eine ganz andere und sehr viel wichtigere Rolle spielen als bei sehenden Menschen“, sagt Lisa Martinek.

Die Serie zeigt Blindheit daher auch nicht als Behinderun­g, sondern als Eigenschaf­t – und der Zuschauer erfährt einiges über Romys Hilfsmitte­l: Ein Pieper sagt ihr, welche Farbe ihre Blusen haben; ihre Bildschirm­ordner werden angesagt, die Nummer wählt ein Computer. Der Stock ist weniger für den Blinden, sondern vielmehr für die anderen Menschen da, zurWarnung und besseren Wahrnehmun­g. Und so zeigt Romy Heiland, dass jemand, der nicht sehen kann, im Alltag klarkommen und in manchen Dingen anderen sogar voraus sein kann. „Die Heiland – Wir sind Anwalt“, Das Erste, 20.15 Uhr

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FOTO: REINER BAJO/ARD/DPA Die ambitionie­rte Berliner Anwältin Romy Heiland (Lisa Martinek, l.) und ihre Assistenti­n Ada Holländer (Anna Fischer).

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