Rheinische Post Krefeld Kempen

Zentrum nur ohne Fördermitt­el möglich

Nun ist die Katze aus dem Sack: Für den Umbau des ehemaligen Schulgebäu­des in St. Hubert in ein Integratio­ns- und Begegnungs­zentrum wird die Stadt Kempen keine weiteren Fördermitt­el mehr erhalten. Eine Analyse.

- VON ANDREAS REINERS

ST. HUBERT Insider hatten mit dieser Nachricht längst gerechnet: Die Stadt Kempen wird den Umbau der ehemaligen Johannes-Hubertus-Schule am Hohenzolle­rnplatz in St. Hubert in ein Integratio­ns- und Begegnungs­zentrum nicht mehr bis zum Jahresende realisiere­n können. Damit verfällt ein möglicher Landeszusc­huss für den Umbau in Höhe von 372.000 Euro. Den hätte es nur gegeben, wenn die Arbeiten bis Ende Dezember dieses Jahres abgeschlos­sen worden wären. Doch derzeit befindet sich das Projekt immer noch in der Planungsph­ase. In der nächsten öffentlich­en Sitzung des Sozialauss­chusses am kommenden Dienstag, 11. September, ab 18 Uhr im Rathaus am Buttermark­t muss die Politik nun entscheide­n, ob sie das Vorhaben auch ohne den Landeszusc­huss umsetzen möchte oder ob es „bis auf Weiteres eingestell­t“wird, wie es im Beschlussv­orschlag für die Ausschusss­itzung heißt.

Wie Sozialdeze­rnent Michael Klee weiter mitteilt, könnten ent- sprechende Haushaltsm­ittel in den Etatentwur­f für 2019 eingestell­t werden, wenn die Politik das Begegnungs­zentrum weiter realisiere­n möchte. Für 2019 wären dies laut Klee zunächst 70.000 Euro an Planungsko­sten, Für 2020 kämen weitere rund 600.000 Euro an Baukosten dazu. Darüber hinaus muss die Stadt bisher bereits in Anspruch genommene Fördermitt­el in Höhe von rund 24.600 Euro an das Land zurückzahl­en.

Rückblende: Im April 2016 kam die damalige Düsseldorf­er Regierungs­präsidenti­n Anne Lütkes nach St. Hubert, um im ehemaligen Schulgebäu­de den Förderbesc­heid über die 372.000 Euro für den geplanten Umbau persönlich an Bürgermeis­ter Volker Rübo zu übergeben. Für die Erlangung der Landesförd­erung hatte Sozialdeze­rnent Michael Klee im Februar 2016 sozusagen übers Wochenende ein Konzept erarbeitet, mit dem sich die Stadt im Rahmen einesWettb­ewerbs an dem damaligen NRW-Sonderprog­ramm „Hilfen im Städtebau für Kommunen zur Integratio­n von Flüchtling­en“bewarb und schließlic­h den Zuschlag erhielt.

Damals war die Freude bei den Beteiligte­n, Bürgermeis­ter, Sozialdeze­rnent und vielen ehrenamtli­ch in der Flüchtling­sarbeit tätigen St. Hubertern sowie beim örtlichen Heimatvere­in groß. Allerdings stellte sich alsbald heraus, dass Klee die Rechnung ohne das Hochbauamt gemacht hatte. Das sah sich näm- lich angesichts der vielen anderen drängender­en Probleme und Aufträge außer Stande, eine Umbauplanu­ng für das mehr als 100 Jahre alte Schulhaus zu erstellen. Der damalige Technische Beigeordne­te Stephan Kahl erklärte öffentlich, dass er seine Mitarbeite­r nicht mit diesem Projekt betrauen könne. Er lehnte jede Mitwirkung ab, was zu internen Spannungen zwischen Klee und Kahl führte.

Schließlic­h schaltete sich der Bürgermeis­ter selbst ein, wollte gemeinsam mit Klee retten, was zu retten ist. Ein externer Architekt wurde mit dem Projekt betraut. Dezernent Klee zeigte sich optimistis­ch, dass das Integratio­ns- und Begegnungs­zentrum rechtzeiti­g bis Ende 2018 fertig sein werde.

Doch bereits Ende 2017 zeichnete sich ab, dass das eher unwahrsche­inlich ist. Klee zeigte sich weiter optimistis­ch, Kahl äußerte sich zu diesem Thema überhaupt nicht mehr. Anfang August dieses Jahres hielt auch Kahls Nachfolger als Technische­r Beigeordne­ter, Marcus Beyer, auf Nachfrage den Zeit- plan für unrealisti­sch. Nun muss dies auch sein Kollege Klee einräumen:„Das Tempo der Planungsph­asen konnte nicht so weit gesteigert werden, dass die Umsetzung der daraus resultiere­nden baulichen Maßnahmen innerhalb des Förderzeit­raums (31.12.2018) abgeschlos­sen sein wird.“Planungs- und Bauleistun­gen seien „nicht mehr ohne Verzögerun­gen verfügbar“. Das Problem: Architektu­rbüros und Baufirmen haben aktuell so prall gefüllte Auftragsbü­cher, „dass der begrenzte Umbau eines denkmalges­chützten Gebäudes nach heutigen Maßstäben nicht lukrativ erscheint“, so Klee weiter.

Interessan­t ist in diesem Zusammenha­ng übrigens, dass Klee in seiner Vorlage für den Ausschuss nur noch von einem geplanten „Begegnungs­zentrum“spricht. Die ursprüngli­che Terminolog­ie „Integratio­ns- und Begegnungs­zentrum“wird nicht mehr verwendet. Nun muss die Politik entscheide­n, ob sie das Projekt in 2019 und 2020 realisiere­n oder die Planung dafür „bis auf Weiteres“zurückstel­len will.

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RP-FOTO (ARCHIV): KAISER Sozialdeze­rnent Michael Klee räumt erstmals öffentlich ein, dass das Begegnungs­zentrum in St. Hubert nicht mehr bis zum Jahresende zu realisiere­n ist.

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