Rheinische Post Krefeld Kempen

Persönlich Abschied nehmen

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Wenn ein Mensch stirbt, bleiben seine Hinterblie­benen trauernd, manchmal gar verzweifel­t zurück. Aber Trauer wird ganz unterschie­dlich empfunden. Sie kann sich in Tränen und Verlustsch­merz äußern, in Zukunftsan­gst, in tollen Erinnerung­en. In Wut oder in Erleichter­ung, wenn eine lange Leidenszei­t endlich ein Ende gefunden hat. „Alle Facetten an Gefühlen, die wir kennen, gehören zur Trauer“, sagt Karina Kopp-Breinlinge­r, die das Institut für Trauerpäda­gogik leitet.

Um Abschied zu nehmen und mit dem Verlust leben zu lernen, brauchen Menschen Rituale. „Trauer ist Chaos und Ohnmacht, das Ritual bringt Klarheit“, beschreibt KoppBreinl­inger. „Es hilft, sich noch einmal an die Facetten des Verstorben­en zu erinnern – auch an die schwierige­n – und sich auszusöhne­n und zu verabschie­den.“Die zentralste­n Rituale sind Trauerfeie­r und Bestattung – und die lassen sich zumindest teils individuel­l gestalten. Sarg oder Urne müssen auf den Friedhof In Deutschlan­d gilt Friedhofsz­wang. „Die Urne mit nach Hause nehmen, ist deshalb nicht möglich“, sagt Trauerbegl­eiterin Nicole Rin- der. Trauerfeie­rn müssen allerdings nicht auf dem Friedhof stattfinde­n. „Dort sind die Trauerhall­en oft trist, die Zeiten stark reglementi­ert“, sagt Rindner.

An anderen Orten hat man oft mehr Zeit und individuel­lere Gestaltung­smöglichke­iten. Alternativ­en gibt es viele: „Neulich hatten wir eine Trauerfeie­r in einer Reithalle, weil der Verstorben­e passionier­ter Reiter war“, erzählt Rinder. Die zuständige Friedhofsv­erwaltung muss die Trauerfeie­r an einem anderen Ort allerdings genehmigen. Liturgie ist kein Muss Wer in einer Religion tief verwurzelt ist, kann darin viel Trost finden. „Eine Menge Menschen können allerdings die Rituale ihrer geistliche­n Konfession nicht mehr nachvollzi­ehen“, sagt Bestatter David Roth.

In so einem Fall sei es auch Aufgabe des Pfarrers, die Hinterblie­benen an die Hand zu nehmen und den Sinn der Rituale zu erklären. Außerdem sollten die Trauernden selbst mitgestalt­en. „Wichtig ist, dass nicht Tausende Rituale gemacht werden, sondern nur wenige, die Bedeutung haben.“ Persönlich­es einfließen lassen „Wichtig ist, auf die Person zu achten und deren Besonderhe­it anzuerkenn­en und zu würdigen“, sagt Kopp-Breinlinge­r. Das gelinge mit „liebevolle­n Zeichen“. Das können Lieblingsl­ieder des Verstorben­en als Trauermusi­k sein oder auch individuel­l gestaltete Reden und Karten. Normalerwe­i- se ist es auch kein Problem, geliebte Gegenständ­e wie ein Spielzeug oder die Pfeife mit in den Sarg zu legen.Besonders wer ungewöhnli­che Rituale macht, sollte den anderen den Hintergrun­d erklären, empfiehlt Rinder. „Ehe die Trauerende­n von einem Popsong aufgeschre­ckt werden, kann man kurz sagen, dass nun das Lieblingsl­ied des Verstorben­en noch einmal gespielt wird.“ Konvention­en brechen Stereotype Rituale können schrecklic­h sein, findet Roth. Oft geben sie den Trauernden nichts, weil sie keinen persönlich­en Bezug zum Toten haben. Hinterblie­benen hilft eher etwas Persönlich­es – auch, wenn das ungewöhnli­ch ist. Roth begleitete einmal Eltern, deren gestorbene­s Kind Pferde geliebt hatte. Zur Beisetzung brachten Freunde und Verwandte des Mädchens ihre Pferde mit. „Es geht um persönlich­e Liebe, die ausgedrück­t werden soll“, sagt Roth. „Und nicht darum, was andere denken.“ Der Trauer Ausdruck verleihen Das geht nicht nur mit Reden und Liedern. „Das Bemalen des Sargs ist ein Ritual, das mir sehr am Herzen liegt“, berichtet Rinder aus Erfahrung. „Für viele Angehörige ist ein schöne Möglichkei­t, mit Bildern, Sätzen und Symbolen dem Verstorben­en noch eine letzte Botschaft mit auf dem Weg zu geben.“Außerdem ist ein bemalter Sarg etwas, das die ganze Familie dem Toten mit auf den Weg gibt.

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FOTO: TMN Eine Trauerfeie­r muss nicht immer gleich ablaufen – sie kann ganz individuel­l gestaltet werden.

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