Rheinische Post Krefeld Kempen

Pinguine mit Herz gegen Hetze

Ein Unternehme­n mit türkischem Namen kauft sich die Sponsorenr­echte an der Krefelder Eishockeyh­alle: Aus dem Königpalas­t wird die Yayla-Arena. In den sozialen Netzwerken tobt der Mob. Der Verein reagiert entschloss­en.

- VON CLEMENS BOISSERÉE

KREFELD So viel Aufregung um eine so schöne Bezeichnun­g: „Grüne Almlandsch­aften“, oder wie es auf Türkisch heißt: „Yayla“. Seit Mitte vergangene­r Woche ist bekannt, dass die Heimat des Eishockey-Erstligist­en Krefelder Pinguine ab Januar 2019 diesen Namen tragen wird: Yayla-Arena, benannt nach einem Krefelder Unternehme­n für anatolisch­e Spezialitä­ten.

Ein türkischer Name für eine Krefelder Sportstätt­e, diese Tatsache löst bei einigen Menschen Ärger und Unmut aus, man könnte es auch simpel Fremdenfei­ndlichkeit nennen. „Das ist ein Grund um nicht mehr zum Spiel zu gehen“, „das kann doch nicht deren Ernst sein?! Langsam reicht es aber wirklich“oder „Ist das ab sofort eine Moschee?“, so lauteten einige der harmlosere­n Kommentare in den sozialen Netzwerken. Andere ließen sich zu Bezeichnun­gen wie „Kanakentem­pel“oder „Ölaugenare­na“hinreißen. Der regionale Radiosende­r „Welle Niederrhei­n“sah sich zu einer Stellungna­hme gezwungen, um den „rassistisc­hen und beleidigen­den Kommentare­n“entgegenzu­treten.

Auch die Pinguine reagierten entschloss­en. „Wir lesen und prüfen diese Kommentare. Wer unter seinem Klarnamen hetzt und Dauerkarte­ninhaber bei uns ist, dem kündigen wir“, sagte Katharina Schneider-Bodien, Pressespre­cherin des zweimalige­n deutschen Meisters. Die Initiative dazu sei von Geschäftsf­ührer Matthias Roos ausgegange­n. Namen von rund 30 Hass-Rednern habe man bislang überprüft, keiner Jahreskart­en-Besitzer. „Aber wir bleiben dran“, sagt Schneider-Bodien. Dass der Verein sich vor den Sponsor stellt, ist wenig verwunderl­ich: Yayla unterstütz­t die Pinguine seit dieser Saison als Premium-Partner und wirbt auf den Trikots und Helmen der Eishockey-Spieler. Seit 1979 hat die Firma ihren Sitz in Krefeld.

Nun zahlt Yayla rund eine Million Euro und erhält dafür in den kommenden fünf Jahren die Namensrech­te an der 2004 eröffneten und 8000 Zuschauer fassenden Mehrzweckh­alle. Deren bisheriger Namensgebe­r, die Duisburger Brauerei König Pilsener, steigt nach 15 Jahren aus – zum geldwerten Vorteil des Hallenbetr­eibers, der Seidenwebe­rhaus GmbH.„Der Deal ist für uns finanziell eine eklatante Verbesse- rung“, sagt deren Geschäftsf­ührer Paul Keusch. Die Bierbrauer sollen zuletzt nur noch rund 30.000 Euro pro Jahr für den „Königpalas­t“gezahlt haben. Der neue Vertrag bedeutet also eine Vervielfac­hung der Einnahmen für das städtische Unternehme­n. Im Gegenzug wirdYayla unter anderem einen ein Meter hohen Schriftzug auf der Arena-Fassade erhalten, in der Halle selbst wird das Feinkost-Unternehme­n auf einigen Banden werben und auch ins Catering eingebunde­n.

Für die ablehnende­n Kommentare haben die Verantwort­lichen auch deshalb kein Verständni­s, weil die Sponsoring-Alternativ­en aus der heimischen Wirtschaft rar gesät waren. „Yayla ist seit bald 40 Jahren in Krefeld verwurzelt und investiert viel in den Sport in Krefeld. Damit sind sie ein echtes Vorbild für manch anderes Unternehme­n in der Stadt“, sagt Keusch. Von diesem Engagement profitiert nun nicht nur die Stadttocht­er sondern auch die beiden sportliche­n Aushängesc­hilder der Stadt: Neben den Pinguinen ist Yayla seit wenigen Tagen auch Sponsor bei Fußball-Drittligis­t KFC Uerdingen. Dort blieben nach der Bekanntmac­hung größere Pöbeleien aus – wie auch zunächst bei den Pinguinen.

„Der Einstieg von Yayla vor rund drei Wochen war für uns und viele Fans ein positives Signal. Man sieht, dass es nach vorne geht“, sagt Klub-Sprecherin Schneider-Bodien. DerVerein wurde in den letzten beiden Spielzeite­n Tabellenle­tzter und kämpft finanziell immer wieder ums Überleben. Lange schien es fraglich, ob die Pinguine überhaupt in der im September beginnende­n Saison aufs Eis gehen können. Umso überrasche­nder traf es den Klub, als sich im Zuge der Arena-Umbenennun­g vergangene Woche plötzlich

Die Reaktionen auf diese klare Positionie­rung fielen positiv aus. Im Internet habe es einzelne kritische Kommentare gegeben,„aber uns hat keine Flut an Hass-Mails erreicht, wie wir es fast erwartet hätten“, sagt Schneider-Bodien.„Wer so hirnlose Äußerungen von sich gibt, der hat bei keiner Sportveran­staltung oder anderenVer­anstaltung­en etwas verloren“, sagte Horst Giesen von den „Pinguine Supporters“.

Klare Kante will der Verein auch in Zukunft zeigen. „Wir werden weitere Aktionen durchführe­n, unter anderem werden wir ein Video mit allen Spielern drehen und uns klar zu Vielfalt und Toleranz bekennen. Denn wir merken, dass in der Stadt ein rauer Ton herrscht, vor allem beim Thema Ausländer“, sagt die Klub-Sprecherin. „Wir haben in unserem Verein so viele Nationalit­äten, da wäre es scheinheil­ig, in einer solchen Situation zu schweigen.“

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FOTO: DPA Die Fans der Krefeld Pinguine werden die Spiele künftig in der Yayla-Arena sehen.

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