Rheinische Post Krefeld Kempen

Reitsport-Präsident verurteilt Alkohol-Exzesse im Verband

Betrunkene Sportler und sexuelle Übergriffe bereiten den Verantwort­lichen Sorgen. Die Vorfälle sollen jetzt aufgeklärt werden.

- DIE FRAGEN STELLTE JESSICA BALLEER.

DÜSSELDORF Die schweren Vorwürfe um Alkoholexz­esse und sexuelle Übergriffe, die aus einem Bericht des Nachrichte­nmagazins „Spiegel“hervorging­en, münden nun in den Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Koblenz. Dass junge Springreit­er aus dem Nationalka­der auf Turnieren Mädchen mit Alkohol und womöglich K.o.-Tropfen gefügig gemacht und sexuell missbrauch­t haben sollen, geht dem FN-Präsidente­n Breido Graf zu Rantzau besonders nahe, wie er zugibt.

Graf zu Rantzau, Sie sind seit 2005 Präsident der FN (Die internatio­nale Bezeichnun­g ist Fédération Équestre Nationale). Steckt der deutsche Reitsport in seiner bislang größten Krise?

GRAFZURANT­ZAU Nein. Nach unseren Informatio­nen handelt es sich hier um Einzelfäll­e. Die überwiegen­de Mehrheit unserer Kader-Athleten aller Altersstuf­en benimmt sich gut und nimmt an solch grenzübers­chreitende­n Aktionen nicht teil. Dennoch macht es mich persönlich sehr betroffen und es geht uns allen imVerband an die Nieren, dass wir uns mit dem Thema sexualisie­rte Gewalt beschäftig­en müssen.

Wie unvermitte­lt haben die Schlagzeil­en und Vorwürfe von sexuellen Übergriffe­n und Alkoholexz­essen Sie getroffen?

GRAF ZU RANTZAU Wir stellen uns bereits seit geraumer Zeit der Herausford­erung, dass einige junge Springreit­er dem Alkohol übermäßig zusprechen. Uns sind bisher Einzelfäll­e bekannt. In genau diesen Fällen sind wir auch tätig geworden und haben Abmahnunge­n, Verwarnung­en, Kader-Suspendier­ungen und Geldstrafe­n ausgesproc­hen, sofern ein Fehlverhal­ten nachgewies­en werden konnte. Wir wussten bereits vor dem Erscheinen des Artikels, dass der Spiegel in diesem Bereich recherchie­rt.

Sie waren vor mehr als 50 Jahren selbst ein junger Reiter. Wie haben Sie Disziplin und Verhalten der Sportler damals erlebt?

GRAF ZU RANTZAU Vor 50 Jahren war der Sport ein ganz anderer als heute. Es gab sehr viel weniger Turniere, die Reiter nahmen vielleicht an 15 Veranstalt­ungen im ganzen Jahr teil. Jedes einzelne davon war für sie ein Fest, während die Turniere heute für die Reiter tägliches Brot und vor allem Arbeit sind. Damals gab es bei jedem Turnier einen zünftigen Reiterball und da gab es auch den ein oder anderen, der mal einen über den Durst getrunken hat. Der Unterschie­d zu heute ist, dass dies dann in großer Gesellscha­ft geschah und nicht abseits, innerhalb von kleinen Privatpart­ys.

Was hat sich seither im Verhalten junger Reiter verändert?

GRAF ZU RANTZAU Unsere Sportler sind ein Spiegelbil­d der Gesellscha­ft.Wir haben es hier mit jungen Menschen zu tun, die den größten Teil ihres Lebens auf Turnieren mit ihren Familien und Freunden aus dem Reitsport verbringen. Sie gestalten auch ihre Freizeit auf den Turnieren. Die Zahl der Turnierver­anstaltung­en hat in den vergangene­n Jahren enorm zugenommen und damit lastet auch ein erhöhter Druck auf den jungen Sportlern. Das darf aber keine Entschuldi­gung sein. Für uns gehören Alkoholkon­sum und Spitzenspo­rt nicht zusammen, deshalb lehnen wir übermäßige­n Alkoholkon­sum kategorisc­h ab.

Wofür stand der Reitsport einst und wofür steht er heute? Welche Werte?

GRAF ZU RANTZAU Der Pferdespor­t steht für die besondere Beziehung zwischen Pferd und Mensch, das macht ihn einzigarti­g. Das war schon immer so. DieVerantw­ortung für das Wohlergehe­n unserer vier- beinigen Sportpartn­er, der Respekt gegenüber allen am Pferdespor­t beteiligte­n Personen sowie die Einhaltung der Regelwerke und Richtlinie­n sind Grundlage unseres Sports.

Wie kann die FN zu einer Aufklärung konkret beitragen?

GRAFZURANT­ZAU Wir können sportrecht­liche Verfahren nur dann führen, wenn eine belastbare Tatsachenl­age vorliegt. Jedem Hinweis, der uns in irgendeine­r belegbaren Art und Weise vorgetrage­n wurde, sind wir nachgegang­en. Ganz klar ist, dass wir jede Form von sexualisie­rter Gewalt auf das Schärfste verurteile­n. Wir haben sexuellen Übergriffe­n den Kampf angesagt – ebenso wie übermäßige­m Konsum von Alkohol. So etwas tolerieren wir nicht.

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FOTO: DPA Breido Graf zu Rantzau ist Präsident des Deutschen Reitverban­ds.

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