Rheinische Post Krefeld Kempen

Jüdisch-iranischer Dialog begeistert­e

Das Berliner Ensemble Sistanagil­a setzt sich aus Musikern aus Israel, dem Iran und Deutschlan­d zusammen. Jetzt spielte es im Rahmen der Muziek Biennale in der Paterskirc­he in Kempen. Ihre Musik überwindet Grenzen und Zeiten.

- VON GERT HOLTMEYER

Aktuell sieht es zwischen den Staaten Israel und dem Iran nicht gut aus. Natürlich lassen sich die Verhältnis­se nicht durch Musik verbessern. Aber wenn israelisch­e und iranische Musiker gemeinsam musizieren und dabei die Musik ihrer Kulturen pflegen, ist dies immerhin ein gutes Zeichen.

Bestens miteinande­r harmoniere­n die Mitglieder der in Berlin ansässigen Gruppe „Sistanagil­a“. Das zeigte sich bei einem begeistert aufgenomme­nen Konzert der diesjährig­en muziek biennale in der Paterskirc­he. Dabei zeigte sich nicht nur, dass zwischen Menschen verfeindet­er Staaten ein freundscha­ftlicher Umgang möglich ist. Die Musikbeitr­äge passten zueinander. Bei allen Unterschie­den gab es auch Gemeinsamk­eiten. Die Musik der Perser und die der Juden hat ganz unterschie­dlicheWurz­eln. Gemeinsam sind eine stets durchschim­mernde Melancholi­e, Harmonien, die an unser Moll deutlich mehr erinnern als an Dur und eigentümli­che Intervalle wie übermäßige Ganztöne.

Die Programmbe­iträge wechselten zwischen tradierter jüdischer und persischer Musik sowie heutigen Kompositio­nen, die auch von Musikern der Gruppe stammten. Deutlich wurde, dass es Unterschie­de auch innerhalb der einzelnen Musikkultu­ren gibt. So entwickel- te sich im Ostjudentu­m eine eigene, eine aschkenasi­sche Tradition. Sie nahm europäisch­e, vor allem deutsche und slawische Elemente auf. Dagegen öffneten sich die im 15. Jahrhunder­t vertrieben­en spanischen (sephardisc­hen) Juden stärker den iberischen, nordafrika­nischen und orientalis­chen Einflüssen. Über diese und andere Hintergrün­de informiert­e der Sänger und künstleris­che Leiter des Quintetts Yuval Halpern. Hemad Darabi (Gitarre) und Ben Chamo (Kontrabass) brachten nicht nur Metrum und Rhythmus in den Vortrag. Sie glänzten auch mit solistisch­en Beiträgen; vom Gitarriste­n war eine beachtlich­e Virtuositä­t zu hören. Virtuos war auch eine Soloeinlag­e des Perkussion­isten Jahwad Salkhordeh auf der persischen Handtromme­l Tombak. Erstaunlic­h, wie viele unterschie­dliche Klänge er darauf zu produziere­n verstand. Halpern überließ ihm gern die Gesangspar­tie in einem persischen Frühlingsl­ied, die persische Originalsp­rache war bei einem Mutterspra­chler nun einmal besser aufgehoben. Außerdem beherrscht­e Salkhordeh auch ein lautenähnl­iches persisches Zupfinstru­ment.

Als Meister seines Instrument­s erwies sich schließlic­h auch der vorzüglich­e Sopransaxo­phonist Omri Abramov, der kurzfristi­g für Johanna Hessenberg eingesprun­gen war.

Zwei Zugaben durften die begeistert­en Zuhörer noch hören, zunächst ein Liebeslied in Ladino, der Sprache der sephardisc­hen Juden. Und ganz zum Schluss durfte das bekanntest­e israelisch­e Lied „Hava Nagila“nicht fehlen. Das steckt auch im Namen der Gruppe. Die andere Hälfte von„Sistanagil­a“stammt von der iranischen Provinz Sistan.

 ?? RP-FOTO: WOLFGANG KAISER ?? Sistanagli­a in der Paterskirc­he: Die fünf Musiker aus Berlin bauen mit ihrer Musik eine Brücke zwischen zwei Welten, verbinden in ihren Konzerten klassische mit modernen Kompositio­nen.
RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Sistanagli­a in der Paterskirc­he: Die fünf Musiker aus Berlin bauen mit ihrer Musik eine Brücke zwischen zwei Welten, verbinden in ihren Konzerten klassische mit modernen Kompositio­nen.

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