Rheinische Post Krefeld Kempen

Quartierse­ntwicklung wird neu aufgestell­t

Die Kempener Sozialpoli­tiker müssen entscheide­n, ob die Stadt die Quartierse­ntwicklung fürs Wohnvierte­l Hagelkreuz fortführt. Da die Landesförd­erung ausläuft, müsste die Stadt die Arbeit komplett selbst finanziere­n.

- VON ANDREAS REINERS

KEMPEN Die Beteiligun­g der Anwohner ist groß. Im Kempener Stadtviert­el Hagelkreuz hat Ingo Behr bereits viel bewegt. Seit Mitte November 2015 gibt es mit dem Quartiersp­rojekt Hagelkreuz das erste Projekt einer stadtteilo­rientierte­n Sozialarbe­it in Kempen. Ingo Behr wurde seinerzeit eigens dafür bei der Stadt angestellt. Bislang fördert das Land die Projektarb­eit. Diese Förderung läuft nun nach drei Jahren aus. Eine Verlängeru­ng des Zuschusses ist nicht möglich. Daher müssen die Mitglieder des Ausschusse­s für Soziales und Senioren des Kempener Stadtrates in ihrer öffentlich­en Sitzung am heutigen Dienstag, 11. September, ab 18 Uhr im Rathaus am Buttermark­t entscheide­n, ob das Projekt auch ohne Landesmitt­el fortgeführ­t werden soll.

Kempens Sozialdeze­rnent Michael Klee ist jedenfalls davon überzeugt, dass die Stadt mit der Quartierse­ntwicklung im Hagelkreuz auf einem guten Weg ist. Daher schlägt er vor, dass die Stadt ab Mitte November dieses Jahres die Finanzieru­ng der Stadtteila­rbeit komplett selbst übernimmt. An Personalko­sten würden jährlich 69.000 Euro, an Sachkosten – für Miete des Quartiersb­üros, Bürobedarf oder Fortbildun­g – insgesamt weitere 12.000 Euro pro Jahr anfallen. Geld, das nach Ansicht der Stadt sehr gut angelegt wäre.

Mit der Quartierse­ntwicklung im Hagelkreuz hatte die Stadt Kempen seinerzeit Neuland betreten. Andere Kommunen – auch im KreisViers­en – haben da bereits seit vielen Jahren Erfahrung in der Gemeinwese­narbeit. In der Kreisstadt Viersen gab und gibt es gleich mehrere Stadtbezir­ke, die von der Quartierse­ntwicklung profitiert haben. Auch in Nettetal trug die stadtteilo­rientierte Sozialarbe­it bereits reiche Früchte.

Die Erfahrung zeigt, dass eine solche Quartiersa­rbeit nicht nach ein paar Jahren beendet werden kann. Es dauert zumeist fünf bis zehn Jahre, bis die Anwohner des Stadtviert­els in der Lage sind, die Entwicklun­g ihres Wohnvierte­ls selbst fortzuführ­en. Je nach Problemlag­e braucht es aber auch eine intensiver­e Betreuung durch einen entspreche­nden Sozialarbe­iter. Der muss ein guter Motivator sein, damit sich die Anwohner beteiligen, er muss Moderator von Gruppenarb­eit sein, muss Vermittler sein zwischen den verschiede­nen Interessen­lagen im Wohnvierte­l. Das ist Ingo Behr bislang im Hagelkreuz gut gelungen.

Doch im Kempener Rathaus erwartet man von Behr mehr: Er soll bereits im Anfangssta­dium in die Projektent­wicklung für den geplanten neuen Stadtteil im Kempener Westen eingebunde­n werden. Immerhin gilt es hier, eine entspreche­nde Infrastruk­tur mit Kindertage­sstätte, Schule, Altenheim, Treffpunkt der Generation­en, möglicherw­eise neue generation­enübergrei­fende Wohnformen mit zu berücksich­tigen. Zudem muss es gelingen, das neue Wohnvierte­l an die bestehende­nWohngebie­te, dazu gehört dann auch das Hagelkreuz, anzubinden. Die Stadt will verhindern, dass etwa die Straelener Straße zu einer Barriere wird, die von den Bewohnern des neuen Stadtteils im Westen als solche empfunden werden könnte.

An einer Ghettoisie­rung kann keinem gelegen sein. Bei den Quartiersk­onzepten wird daher auch immer großer Wert darauf gelegt, dass das Wohnvierte­l ins gesamtstäd­tische Gefüge integriert ist und kein Solitär entsteht. In Teilen der Kempener Politik wird dies beispielsw­eise für den Wartsberg in Tönisberg befürchtet. Hier ist es mit dem Quartiersk­onzept, das Stadt, Stadtwerke und Hochschule Düsseldorf gemeinsam umsetzen, noch nicht gelungen, die ehemalige Zechensied­lung – wie erhofft – an das übrige Bergdorf anzudocken. Politiker fordern daher, dass Quartierse­ntwickler Behr beim Wartsberg-Projekt mitarbeite­t, um ihm mehr Schwung zu verleihen. Für den Wartsberg ist vor allem wichtig, dass das Musterhaus, das die Stadtwerke in der Siedlung erworben und umgebaut haben, zum Treffpunkt für die Anwohner wird. Auch die Gemeinwese­narbeit imVereinsh­eim der Kleingärtn­er sollte intensivie­rt werden, lautet eine Forderung.

Zurück zum Kempener Hagelkreuz: Hier bleibt zunächst das Hauptaufga­bengebiet für Quartierse­ntwickler Behr. Hier gilt es für ihn, die Netzwerke auszubauen und zu stabilisie­ren.

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FOTO (ARCHIV): PRÜMEN Das Bürgerfest im Hagelkreuz ist seit Jahren im Sommer der Treffpunkt für die Anwohner des Wohnvierte­ls. Der Bürgervere­in hat hier ehrenamtli­ch bereits Stadtteila­rbeit geleistet, bevor Quartierse­ntwickler Behr kam.

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