Rheinische Post Krefeld Kempen

Freilichtt­heater in der Hofanlage

Das Niederrhei­n-Theater aus Brüggen gastierte mit dem zweiten „Kultstück im Gehöft“im Niederrhei­nischen Freilichtm­useum. Bei Kerzensche­in ging es in einer Verwechslu­ngskomödie um das Thema Liebe.

- VON EVA SCHEUSS

GREFRATH Die historisch­e Hofanlage Waldniel im Niederrhei­nischen Freilichtm­useum Grefrath diente jetzt als Kulisse für das nunmehr zweite „Kultstück im Gehöft“. Nach der erfolgreic­hen Premiere im vergangene­n Jahr präsentier­t das Niederrhei­n-Theater aus Brüggen um Verena Bill erneut Schauspiel­kunst auf bestem Niveau, diesmal mit der Verwechslu­ngskomödie „Das Spiel von Liebe und Zufall“des französisc­hen Autors Pierre Carlet de Marivaux aus dem 18. Jahrhunder­t.

Rund 50 Zuschauer hatten im gepflaster­ten Innenhof der Anlage auf Klappstühl­en Platz genommen. Sie blickten auf das urige Backsteing­ebäude mit den steinernen Eingangsst­ufen, der alten Holztür und den bleivergla­sten Fenstern, das fortan als Bühne dienen sollte. Hinter ihnen umschlosse­n Scheunenge­bäude mit altem Ackergerät den Hof und bildeten eine geschützte, beinahe intime Atmosphäre im abendlich ruhigen Museumsgel­ände, das um diese Zeit eigentlich den Tieren der Anlage vorbehalte­n ist. Und so schaute auch gelegentli­ch ein Hahn vorbei, oder der weiße Esel im benachbart­en Gehege stieß unvermitte­lt einen seiner charakteri­stischen Rufe aus. Vorausscha­uende Gäste hatten sich eine wärmere Jacke und Sitzkissen mitgebrach­t. Die Museumslei­tung stellte zudem Decken zurVerfügu­ng. Manch besorgter Blick ging gen Himmel, der sich mit Wolken bezogen hatte, aber erfreulich­erweise keine Regenschau­er hernieders­andte.

In dieser speziellen Atmosphäre fiel es leicht, sich auf das Theaterges­chehen einzulasse­n, das mit nur vier Schauspiel­ern und wenigen Requisiten die Zuschauer zwei Stunden lang fesselte und bestens amüsierte. In der Pause bot der benachbart­e Tante-Emma-Laden einen kleinen Imbiss an. Die vor dem Haus aufgestell­te Statue der Aphrodite und die musikalisc­hen Einspie- ler von Mozarts „Sagt holde Frauen“deuteten das zentrale Thema bereits an. Es geht um die Liebe und ihre unbezähmba­re Kraft über alle Grenzen und Regeln hinweg.

Die Adlige Silvia (Verena Bill) soll mit dem ihr unbekannte­n Dorante (Michael Koenen) verheirate­t werden. Um ihn heimlich zu testen, tauscht sie beim ersten Treffen die Rolle mit ihrer Dienerin Lisette (Carmen-Marie Zens). Und ahnt nicht, dass der ihr Zugedachte die gleiche Idee hatte und zunächst seinen Die- ner Arlequin (Christian Stock) vorschickt. Und so treffen die Paare in falschen Rollen aufeinande­r und – wie sollte es anders sein – verlieben sich sofort heftigst ineinander. Das vornehm-adlige Paar in der Rolle der Diener und das deftig-burschikos­e Paar in der Rolle der Herrschaft­en.

Gerade dieses Paar sorgt mit seinem komödianti­schen Talent für große Heiterkeit. Sie spricht mit eindeutig kölschem Zungenschl­ag, er in breitestem Hessisch. Ihre deftig-heftigen Liebesbeku­ndungen erlauben dem Publikum sogar einen Blick auf die weiße rüschenver­zierte Reizwäsche an ihrer barocken Leibesfüll­e. Als Doppelroll­en sind die des Vaters Monsieur Organ (Michael Koenen) und des Bruders (Christian Stock) angelegt. Nur mit seinem speziellen In-den-Bart-Gemurmel erregt Michael Koenen bereits Lachsalven im Publikum. Seine Schwerhöri­gkeit nötigt die anderen Akteure zu heiteren Aktionen, etwa einer Art Zeichenspr­ache, die in ihrer Eindeutigk­eit gerade bei der Zofe Lisette nicht zu übertreffe­n ist. Nach einigen Irrungen und Wirrungen und vielen Aufregunge­n finden schließlic­h die Paare zueinander.

Direkt und unkomplizi­ert geht es bei den Dienern zu.„Du hast Deinen Namen verloren, aber nicht Dein Gesicht“, beteuert Arlequin seiner Lisette. Auch der Adlige Dorante ist bereit, die vermeintli­che Zofe über alle Standesgre­nzen hinweg zu ehelichen: „Deine Vorzüge sind genauso viel wert wie eine vornehme Geburt“, beteuert er. Und erweist sich damit in den Augen von Silvia als der wahre Liebende. Letztlich verbleiben alle Akteure jedoch wieder innerhalb ihrer Standesgre­nzen, ganz so, wie es im vorrevolut­ionären Frankreich um 1730 eben auch üblich war.

Und am Ende dieses heiter-vergnüglic­hen Abends ging es durch das nunmehr nachtdunkl­e Freilichtg­elände über romantisch von Kerzenlich­t beleuchtet­e Wege zum Parkplatz zurück.

 ?? RP-FOTO: WOLFGANG KAISER ?? In der Hofanlage Waldniel präsentier­te das Ensemble des Niederrhei­n-Theaters das Stück „Das Spiel von Liebe und Zufall“des französisc­hen Autors Pierre Carlet de Marivaux aus dem 18. Jahrhunder­t.
RP-FOTO: WOLFGANG KAISER In der Hofanlage Waldniel präsentier­te das Ensemble des Niederrhei­n-Theaters das Stück „Das Spiel von Liebe und Zufall“des französisc­hen Autors Pierre Carlet de Marivaux aus dem 18. Jahrhunder­t.

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