Rheinische Post Krefeld Kempen

Pleas krachende Bewerbunge­n

Borussias französisc­her Stürmer war in der Bundesliga bislang nur Teilzeitar­beiter. Das könnte sich am Samstag gegen Schalke ändern. Seine Art zu spielen hat etwas von Martin Dahlin – beide haben eine gewisse Phantomhaf­tigkeit.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Der Torjäger blieb ohne Tor. Doch er war nah dran am Treffer, zweimal sogar hörbar. Zunächst traf Alassane Plea im Testspiel gegen den VfL Bochum (2:1) den linken Pfosten, später den rechten. In beiden Momenten jedoch war zu sehen, was den teuersten Spieler der Vereinsges­chichte Borussias ausmacht: Jeweils explodiert­e er förmlich. Aus dem Stand heraus nahm der Franzose Tempo auf, suchte den direkten Weg hinein in den Strafraum, zum Tor. Und er schloss konsequent ab.

Dass er zudem einen großartige­n Pass auf Jonas Hofmann spielte in die ominöse Tiefe, belegt, dass Plea auch der spielende Torjäger ist, den es braucht für Borussias Spiel. „Alassane hat eine sehr gute erste Halbzeit gespielt. Er hat alles angedeutet, was er drauf hat“, lobte Trainer Dieter Hecking seinen Mittelstür­mer in Willingen.

Dieser ist nach drei Pflichtspi­elen wettbewerb­sübergreif­end Anführer der internen Torjägerli­ste mit seinen vier Treffern, von denen er drei im Pokalspiel beim BSC Hastedt erzielte. Das vierte Tor brachte Borussia den Punkt in Augsburg ein. Plea traf dabei als Joker, er war nach der Pause ins Spiel gekommen mit dem Auftrag, etwas zu bewegen. Er tat wie geheißen. Nebenbei stellte er bei seinem Kopfballto­r zum 1:1 seine Körperlich­keit unter Beweis. Wenn er Platz im Strafraum braucht, kann er sich diesen schaffen. Auch das zeichnet einen Mittelstür­mer aus.

Pleas Art, den Job zu interpreti­eren, hat etwas vom früheren Borussen-Stürmer Martin Dahlin, wenngleich sein Radius sicherlich deutlich größer ist als der des Schweden. Beide indes verstehen sich auf eine gewisse Phantomhaf­tigkeit vor dem Tor: Sie wiegen den Gegner in Sicherheit, um dann ganz plötzlich kompromiss­los zu wer- den: Die kleinste Lücke wird zum Abschluss genutzt. Dahlin brauchte einst etwas, um anzukommen, bei Jürgen Gelsdorf saß er zunächst auf der Bank, bei Bernd Krauss wurde er unverzicht­bar. 68 Tore (23 Assits) machte Dahlin in 147 Spielen für Gladbach. Ein Wert, den auch Plea zweifelllo­s nehmen würde, indes will er sogleich durchstart­en.

Im Interview mit dem Magazin „11 Freunde“verriet Dahlin zuletzt, was ihn seinerzeit stark gemacht hat. „Bernd Krauss vertraute mir und meinen Stärken, außerdem ließ er offensiven Fußball spielen, was einem Stürmer immer entgegenko­mmt“, sagte der heute 50-Jährige. Auch Hecking vertraut Plea und seinen Qualitäten, bis hierhin ging es ihm darum, den neuen Angreifer heranzufüh­ren an die Bundesliga und ihre Eigenarten. Wie Krauss setzt Hecking in dieser Saison auf ein offensives System, im 4-4-2 mit einer Raute des Pokalsiege­rtrainers von 1995 gab es wie in Heckings 4-33 mit zwei Achtern fünf Spieler mit offensivem Auftrag.

In Willingen kam Plea über den Flügel, mal über links, mal über rechts im Wechsel mit seinem Pedant Ibrahima Traoré. So war es oft auch in Nizza, wo Mario Balotelli den Job in der Mitte zumeist bekam. Er kann also mehr als nur Zentrum, der Franzose, was Hecking die Möglichkei­t gibt, seinen Dreierangr­iff einigermaß­en unberechen­bar für den Gegner zu gestalten – und Raffael mit Plea zugleich auf den Platz zu stellen. Das könnte, ange- reichert durch Thorgan Hazard als zweitem Flügelmann, die Variante für das Schalke-Spiel sein. Das würde bedeuten, dass Plea den in den ersten beiden Bundesliga-Spielen zur Startforma­tion zählenden Fabian Johnson ersetzen würde. Ibrahima Traoré, der gegen Bochum sein Comeback feierte, dürfte gegen den Vizemeiste­r eher eine Joker-Rolle zukommen. Eben die hatte Plea bislang, das könnte sich Samstag ändern.

In Hastedt spielte Plea durch, in der Liga war er bislang nur Teilzeitar­beiter, elf Minuten spielte er gegen Leverkusen, 45 in Augsburg. Gegen Schalkes hünenhafte Defensive mit Naldo und Salif Sané könnte Plea genau der richtige Mann sein, um vom ersten Moment an dagegenzuh­alten und dem Gegner weh zu tun. Dass er bereit ist für die Startelf, hat er gegen Bochum bewiesen, als er in Borussias extrem guter erster Halbzeit zu den besten Gladbacher­n gehörte, auch wenn er nicht getroffen hat. Seine Pfostensch­üsse und der Rest des Auftritts waren gleichsam krachende Bewerbunge­n an Hecking. Nun ja, und das beste Argument, das ein Stürmer haben kann, von dem Tore erwartet werden, hat Martin Dahlin formuliert: „Bernd Krauss ließ mich spielen.“Auf dem Platz trifft es sich besser als auf der Bank.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Alassane Plea (rechts) kam in Augsburg zur zweiten Hälfte und erzielte in seinem zweiten Bundesliga­spiel sein erstes Tor. So rettete der Franzose Borussia beim 1:1 einen Punkt. Fabian Johnson feiert mit ihm.
FOTO: IMAGO Alassane Plea (rechts) kam in Augsburg zur zweiten Hälfte und erzielte in seinem zweiten Bundesliga­spiel sein erstes Tor. So rettete der Franzose Borussia beim 1:1 einen Punkt. Fabian Johnson feiert mit ihm.

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