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Sammlung Gurlitt: Die Aufklärung geht weiter
BERLIN (dpa) Der spektakuläre Schwabinger Kunstfund hat Deutschland fast 70 Jahre nach Kriegsende nochmals an seine Verantwortung aus der Nazi-Zeit erinnert. Mehr als 1500 Kunstwerke, in der Wohnung des Münchner Eigenbrötlers Cornelius Gurlitt beschlagnahmt, standen im Verdacht, NS-Raubkunst zu sein. Fünf Jahre später gibt eine Ausstellung in Berlin erstmals einen kompletten Einblick in die jahrzehntelang geheim gehaltene Sammlung. Nach zwei Einzelschauen in Bern und Bonn bietet jetzt der Martin-Gropius-Bau von Freitag an sowohl einen Blick auf die Nazi-Aktion „Entartete Kunst“als auch auf die perfide Geschichte des NS-Kunstraubs.
Erneut sind wichtige Werke von Dürer bis Monet, von Cranach bis Kirchner, von Cézanne bis Rodin zu sehen. Sie machen die Bandbreite der Sammlung deutlich, die Gurlitts Vater Hildebrand als einer der wichtigsten Kunsthändler der Nazis zusammentragen konnte. Nur sechs der gut 1500 Werke konnten bisher klar als NS-Raubkunst identifiziert werden. Prominentes Beispiel der Schau:„Porträt der jungen Frau“(1850-1855) von Thomas Couture, das der Sammlung des französischen Staatsmannes Georges Mandel zugeordnet wurde. Ein kleines Loch in der Leinwand führte auf die Spur. Mandels Lebensgefährtin hatte nach dem Krieg zu Protokoll gegeben, dieses bei ihm gestohlene Gemälde habe einen kleinen Einriss gehabt.
Das meiste Kopfzerbrechen bereiten die 327 Bilder, die nach Angaben der Berner Museumsdirektorin Nina Zimmer noch raubkunstverdächtig sind. Alle Beteiligten sprachen sich deshalb dafür aus, die Aufklärungsarbeit weiterzuführen. Die „Bestandsaufnahme Gurlitt“, so der Titel der Ausstellung, dürfe kein Schlusspunkt sein, mahnte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). „Im Gegenteil, sie ist ein Ausgangspunkt, von dem aus mehr Forschende als bisher mit besserem Rüstzeug als bisher derWahrheit auf den Grund gehen können.“