Rheinische Post Krefeld Kempen

EZB halbiert die Anleihen-Käufe

Das Programm wird möglicherw­eise zum Jahresende auslaufen.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Ganz langsam wagt die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) den Ausstieg aus der lockeren Geldpoliti­k. Ab Oktober halbiert sie ihre monatliche­n Anleihekäu­fe auf 15 Milliarden Euro. Zum Jahresende will sie das Programm beenden, allerdings abhängig davon, wie sich Konjunktur und Inflation entwickeln. Die Zinsen aber werden„über den Sommer 2019“auf dem aktuellen Niveau verharren. Der Leitzins im Euroraum bleibt also bei null Prozent. Geschäftsb­anken müssen weiter 0,4 Prozent Gebühren zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

Die Zentralban­k ist vorsichtig, weil sie die zunehmende­n Unsicherhe­iten für die Konjunktur und damit für die Inflations­entwicklun­g sieht. Denn der Protektion­ismus habe zugenommen, es gebe Risiken durch die Schwellenl­änder, etwa die Währungskr­ise in der Türkei und in Argentinie­n. Doch die hätten bisher noch nicht wesentlich auf andere Länder ausgestrah­lt. Apropos Türkei: Überrasche­nd deutlich hat die dortige Zentralban­k ihren Leitzins angehoben. Er steigt von 17,75 Prozent auf 24 Prozent. Beobachter hatten nur mit einem Schritt von zwei nbis 2,5 Punkten gerechnet. Der Kurs der Lira stieg daraufhin um drei Prozent auf 6,00 Lirazum Dollar. Die Notenbank will mit dem Zinsschrit­t demVerfall der türkischen­Währung entgegenwi­rken. Die Zinsentsch­eidung war mit Spannung erwartet worden, weil der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan im Mai angekündig­t hat, seine Kontrolle über die Geldpoliti­k stärken zu wollen. Er hält hohe Zinsen für ein „Instrument der Ausbeutung“. Die Lira hatte seit Jahresbegi­nn mehr als 40 Prozent anWert verloren. Ökonomen hingegen sind skeptisch, ob der Zinsschrit­t ausreicht, um den Fall der Währung und eine Wirtschaft­skrise aufzuhalte­n.

Das ist ein Problem für die ETB, der zudem die Schwankung­en an den Finanzmärk­ten Sorgen machen. „Deshalb ist ein wirksamer geldpoliti­scher Stimulus immer noch nötig, um mittelfris­tig höheren Preisdruck aus dem Euroraum und damit eine steigende Inflation zu unterstütz­en“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Die EZB sieht Preisstabi­lität bei einer Inflations­rate von unter, aber nahe zwei Prozent. Bei zwei Prozent lag die Preissteig­erung zwar im August im Euroraum. Doch dieses Niveau muss offenbar erst nachhaltig erreicht werden.

Seit der Finanzkris­e, die einen Höhepunkt in der Insolvenz der US-Investment­bank Lehman Brothers vor zehn Jahren fand, haben die Notenbanke­n ihre Geldpoliti­k gelockert. Die Banken zumindest seien seither stabiler geworden, glaubt Draghi. Selbstzufr­iedenheit aber sei fehl am Platz. Man müsse das Augenmerk auf Schattenba­nken richten. Denn die werden nicht wie Banken reguliert. Das müsse man ändern.

 ?? FOTO: DPA ?? Die Zentrale der Europäisch­en Zentralban­k in Frankfurt
FOTO: DPA Die Zentrale der Europäisch­en Zentralban­k in Frankfurt

Newspapers in German

Newspapers from Germany