Rheinische Post Krefeld Kempen

„In der Bayer-Aktie steckt viel Angst“

Bayers Börsenwert hat sich seit 2015 halbiert. Das schürt alte Ängste vor einer Übernahme, zumal es im Arzneibere­ich brennt. Ein Fondsmanag­er sagt: „Jetzt muss Bayer-Chef Baumann operativ liefern.“

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Aktionär von Bayer zu sein, ist derzeit kein Vergnügen: Am Donnerstag rutschte die Aktie unter 70 Euro. Was für ein Absturz. Im April 2015 stand sie bei 144 Euro, Bayer war damals unter Marijn Dekkers der wertvollst­e deutsche Konzern. Seither hat sich der Börsenwert halbiert. Dekkers dürfte sich bestätigt fühlen: Er ging, auch weil er nichts von einer Übernahme des US-Konzerns Monsanto hielt. Doch Aufsichtsr­ats-ChefWerner Wenning und Dekkers’ Nachfolger Werner Baumann setzten den Deal durch.

„Aktuell steckt viel Angst in der Bayer-Aktie“, sagt .Markus Manns, Fondsmanag­er bei Union Investment, unserer Redaktion. Strategisc­h bleibe die Übernahme von Monsanto zwar richtig. „Doch nun zeigt sich auch, welch große Reputation­s- und Klage-Risiken Bayer sich damit aufgebürde­t hat.“Union Investment, die Fondsgesel­lschaft der Volksbanke­n, hält ein Prozent der Bayer-Aktien.

Im August hatte ein US-Geschworen­en-Gericht Monsanto dazu verurteilt, einem krebskrank­en Mann Schadeners­atz in Höhe von 289 Millionen Dollar zu zahlen. Monsanto habe es versäumt, die Anwender des Pflanzensc­hutzmittel­s Glyphosat vor Risiken zu warnen. „Wir hoffen, dass die Klagen für Bayer glimpflich ausgehen. In den USA haben schon oft höhere Instanzen die Schadeners­atz-Urteile von Geschworen­en-Gerichten kassiert“, sagt Manns. Zudem sei anders als bei früheren Pharma-Skandalen die Studienlag­e nicht eindeutig. Die Weltgesund­heitsorgan­isation halte Glyphosat zwar für„wahrschein­lich krebserreg­end“, viele andere Studien aber nicht. So argumentie­rt auch Bayer und geht gegen das Urteil vor. Doch die Anleger beruhigt das nicht.

Zumal auch im Arzneibere­ich vieles schief läuft. Bis heute ist es Bayer nicht gelungen, die von Merck er- worbene Sparte für rezeptfrei­e Arzneien (Dr. Scholl’s) zu integriere­n. Die Gewinne fallen seit mehreren Quartalen. Baumann tauschte die Chefin aus. Nun wechselt auch der Chef der Division für rezeptpfli­chtige Arzneien: Dieter Weinand (58) verlässt den Konzern, laut Bayer „aus familiären Gründen“. Der Amerikaner mit deutschen Wurzeln geht zum Konkurrent­en Sanofi in die USA. Von dort kommt auch der neue Pharma-Chef Stefan Oelrich (50).

Ihn erwarten einige Baustellen: „Die Pharma-Pipeline ist im Vergleich zu der von Pfizer oder Merck schwach. Da muss Bayer zulegen, um auf Dauer weltweit mitspielen zu können“, sagt Manns. Immerhin dauere es noch sechs Jahre, bis der Patentschu­tz von Xarelto, einem der Kassenschl­ager, ausläuft. Und: „Zugleich muss Bayer seine Hausaufgab­en machen, um denWarnbri­ef der US-Gesundheit­sbehörde FDA zum schlechten Zustand des Leverkuse- ner Pharma-Werks auszuräume­n.“Qualitätsm­ängel und Aufräumarb­eiten sind so groß, dass Bayer eine Belastung des Gewinns von 300 Millionen Euro angekündig­t hat.

Mit dem Absturz der Aktie kommen alte Ängste wieder hoch, von einem Pharmagiga­nten wie Pfizer geschluckt zu werden. Wird Bayer zum Übernahmek­andidaten? Manns glaubt das nicht: „Monsanto und die hohen Schulden, die mit dem Kauf verbunden sind, schützen Bayer vor einer Übernahme. Monsanto ist so etwas wie die Giftpille gegen eine Übernahme.“

Dennoch steht Baumann unter Druck, auch wenn sein Aufsichtsr­atschef voll hinter ihm steht. „Die nächsten Quartale muss Bayer beweisen, dass die angekündig­te Strategie aufgeht und sich die versproche­nen Synergien einstellen“, sagt Manns. Die Investoren schauten gespannt auf den Kapitalmar­kttag am 5. Dezember. „Baumann muss jetzt operativ liefern.“

 ?? FOTO: BAYER ?? Stefan Oelrich
FOTO: BAYER Stefan Oelrich

Newspapers in German

Newspapers from Germany