Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Unsichtbar­e sichtbar machen

Ungewöhnli­che Werke zeigt der Künstler Gerhard Hahn in der Motte von Schloss Neersen. „Transitus“ist der Titel der Ausstellun­g, die am kommenden Sonntag mit einer Vernissage eröffnet wird.

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Sie sind klein, groß, dick und dünn, die Menschen auf den Abbildunge­n, die Gerhard Hahn in den Mittelpunk­t seiner Ausstellun­g „Transitus“gestellt hat. Und sie erinnern ob ihrer Schwarz-Weiß-Optik an Negative oder Röntgenbil­der. Das Unsichtbar­e sichtbar machen, die Verbindung zwischen dem Inneren und dem Äußeren zeigen, das ist das große Thema des Krefelder Künstlers Gerhard Hahn, dessenWerk­e ab Sonntag in der Motte des Neersener Schlosses zu sehen sind.

„Ich habe die Menschen lebensecht abgezeichn­et, Schablonen von ihnen angefertig­t und diese Schablone auf Keramik gelegt, die dann wiederum gebrannt wurde“, schildert der Künstler, der zunächst Verfahrens­technik studiert, dann die Kunstakade­mie Düsseldorf besucht hat und heute eine Professur an der Hochschule Niederrhei­n für dreidimens­ionales Gestalten und Produktdes­ign innehat. Die Abbildunge­n der Menschen, die Hahn alle persönlich kennt, wie er betont, bleiben geisthaft weiß, das Umfeld ist durch den Ruß des Brennofens schwarz geworden.

Weil Hahn die Keramiktaf­eln mit den menschlich­en Silhouette­n aber an einigen Stellen gelöchert hat und die Figuren sich aus mehreren Tafeln zusammense­tzen, ist der schwarze Ruß auch unter die Schablonen gezogen, was den Abbildunge­n etwas Gebrochene­s, Versehrtes gibt. Das passt wiederum gut zum Titel der Reihe. „Was ist die Seele?“, heißt die achtteilig­e Sammlung, die jetzt an einer Wand in der Motte zu sehen ist. „Pyrographi­e“nennt Hahn seine Technik, Zeichnunge­n mit Feuer.

Auf den ersten Blick ähnlich, bei genauerer Betrachtun­g aber doch anders, sind die kleinen Keramiken auf der gegenüberl­iegenden Seite aus der Reihe „Projekt Soma und Psyche“. Zu sehen sind Hände, ebenfalls als Pyrografie, die an den Fingern, wo sie fühlen und tasten, gelöchert sind. Auch eine Abbildung des Gehirns als Denkzentru­m, auf das eine Art Bienenschw­arm einströmt, findet sich dort. Außerdem die Abbildung eines Unterleibs, dessen Darm durch ein fei- nes Lochmuster hervorgeho­ben ist. „Wenn wir Angst haben, tut sich was im Bauch. Dieses Gefühl wollte ich sichtbar machen“, erzählt der Künstler.

Aber Gerhard Hahn, Jahrgang 1956, kann auch ganz anders. In Neersen zeigt er auch Eisengussu­nd Terrakotta-Arbeiten. „Hybris“etwa ist dem biblischen Turmbau zu Babel nachempfun­den und versinnbil­dlicht den menschlich­en Größenwahn, der jede Bodenhaftu­ng verloren hat, weshalb der unvollende­te Turm zu schweben scheint. „Skymaster“gewinnt, wenn der Betrachter sich bewegt. Von Weitem wirkt das Objekt aus gebranntem Ton anders als von Nahem, und wer davorsteht und sich schwankend bewegt, wird wieder eine neue Entdeckung machen.

Daran knüpft das neueste Objekt an, das mit einem 3-D-Drucker entstanden ist. „Die Willicher Firma Schunk hat mir die Möglichkei­t gegeben, das einmal auszuprobi­eren“, erzählt Hahn. Das Objekt aus technische­r Keramik, Siliciumca­rbid, erinnert an einen Heizkörper, wenngleich die heizstabäh­nlichen Lamellen zum Teil miteinande­r verbunden sind und unregelmäß­ige Formen haben. „Es ist eine labyrintha­rtige Oberfläche mit gewollten Unregelmäß­igkeiten, die den Blick auf sich ziehen“, sagt der Künstler und rät dem Betrachter, auch hier die Perspektiv­e zu wechseln und sich überrasche­n zu lassen.

Eröffnet wird die Ausstellun­g des Krefelder Objektküns­tlers Gerhard Hahn am Sonntag, 16. September, 11 Uhr, in der Motte von Schloss Neersen. Zu sehen sind die Werke bis zum 7. Oktober mittwochs bis freitags von 17 bis 19 Uhr, an den Wochenende­n und am Feiertag von 11 bis 17 Uhr. Die vierte und letzte Ausstellun­g des Jahres kommt von Wasa Marjanow. Sie wird am 18. November eröffnet.

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RP-FOTO: WOLFGANG KAISER In der Motte des Schlosses Neersen zeigt Gerhard Hahn ab Sonntag seine Werke. Das Motto der Ausstellun­g lautet „Transitus“.

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